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Europa im Plural

Neben dem geographischen Europa in seinen zahlreichen Varianten existieren weitere Abgrenzungen, die sich mit den bisher genannten nicht decken. Hierzu gehören die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE [1] ), der Europarat [2] , der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB [3] ), der Europäische Fußballbund (UEFA [4] ), die European Broadcasting Union (EBU oder UER [5] ) und nicht zuletzt die Europäische Union [6] . Manche dieser dynamischen, weil durch Beitritt oder Austritt bzw. Ausschluss veränderbaren „Europas“ (vgl. Fassmann 2002) bleiben in ihren derzeitigen Abgrenzungen hinter dem konventionellen Schulbuch-Europa zurück, andere gehen weit darüber hinaus. In der European Broadcasting Union sind z.B. auch Marokko [7] , Algerien [8] , Libyen [9] , Ägypten [10] , Jordanien [11] , Israel [12] , Libanon [13] und die Türkei aktive Mitglieder. Der Europäischen Union gehören aktuell 15 Staaten an, ab Mai 2004 mit der sog. „Osterweiterung“ weitere 10. Andere stehen „vor der Tür“. Der Euro wurde dagegen vorerst nur von 12 Mitgliedsstaaten eingeführt; das aktuelle „Euroland“ ist dagegen sehr viel größer, da zahlreiche Staaten sich vertraglich oder durch einseitige Erklärungen der europäischen Währung angeschlossen haben. Die Münzen ab 10 Cent zeigen auf der Vorderseite die 15 augenblicklichen Mitgliedsstaaten, auf den Scheinen ist dagegen (im Osten auf der Höhe von Moskau abgeschnitten) das konventionelle Europa zu sehen, das sich durch eine dunklere Tönung von den ebenfalls abgebildeten, aber heller gehaltenen Teilen Nordafrikas und Kleinasiens deutlich abhebt. Island kam erst nach Protest auf die Scheine (vgl. Müller 1998), das norwegische Spitzbergen fehlt, Madeira und die Azoren, beide portugiesisch, sind dagegen drauf. Am unteren Rand liegen, eingekastelt in der dunklen Europa-Schraffur, die  französischen Überseeterritorien [14] Guayana, Guadeloupe, Martinique und éunion sowie die spanischen Kanaren [15] , die alle mit dem geographischen Europa nichts zu tun haben.

Die Konturen Europas auf den Euro-Münzen und den Euro-Banknoten sind nicht identisch.

Damit wird die Frage nach den Grenzen Europas noch verwirrender. Unter der Überschrift „Vom kalten Grönland bis in die sonnige Karibik“ klärt die Frankfurter Rundschau auf: „Der westlichste Punkt der EU findet sich allerdings auf keiner Europakarte. Die französische Ge-meinde St. Martin [die andere Inselhälfte ist das niederländische St. Maarten] liegt in der Ka-ribik“ (Fischer: 1998). Verwaltungsmäßig gehört sie zu Guadeloupe, gilt mit diesem als Teil Frankreichs und damit zugleich der EU. Auch die anderen oben erwähnten „fremden“ Territorien sind integraler Bestandteil ihrer „Mutterländer“, was sie zur Teilnahme an den Wahlen zum Europäischen Parlament berechtigt. Hinzu kommen weitere überseeische Territorien von EU-Staaten, für die ein spezielles Assoziierungssystem gilt, wie z.B. Grönland, Antigua [16] oder St. Helena [17] . Die Bewohner dieser Territorien, kommentiert der Autor des Artikels, lebten „mit dem Widerspruch, zu Europa zu gehören und sich an europäischen Vorschriften orientieren zu müssen, obwohl sie alles andere als europäisch sind.“ Schließlich seien noch die 71 AKP-Staaten erwähnt, die als ehemalige europäische Kolonien besondere Beziehungen zur EU unterhalten. Wo also endet Europa? Kann der Bosporus eine Grenze sein, wenn z.B. karibische Territorien dazugehören und aus dem Strukturfonds der EU Gelder beziehen?