- Deutsch-französische Kulturbeziehungen
- Die deutsch-französischen Kulturbeziehungen seit 1945
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'Verhältnis zur Autorität: deutsch- französische Kontraste'
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Verhältnis zur Autorität: deutsch- französische Kontraste
Der Vormarsch libertärer Selbstentfaltungswerte, vor allem bei formal hoch qualifizierten Personen, geht in beiden Ländern einher mit zunehmend kritischen Haltungen zur Autorität. Diese lässt sich in sozialen Beziehungen - im Eltern-Kind-Verhältnis, in Lehrer-Schüler-Beziehungen, im Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Untergebenen in der Arbeitswelt - immer weniger unhinterfragt geltend machen. Allerdings lassen sich gerade hier bemerkenswerte deutsch-französische - genauer: westdeutschfranzösische - Unterschiede feststellen. Diese laufen den gängigen wechselseitigen Klischees vom autoritätsgläubigen Deutschen und rebellischen Franzosen zuwider. Es gehört zu den ganz typischen Erfahrungen westdeutscher Austauschschüler und -studenten in Frankreich und umgekehrt, dass das Lehrer-Schüler-/Studenten-Verhältnis in Frankreich durch traditionellere Autoritätsmuster und einen "frontaleren" Stil geprägt ist als in Westdeutschland.
Abbildung 9:
Es gehört zu den ganz typischen Erfahrungen westdeutscher Austauschschüler und -studenten in Frankreich und umgekehrt, dass das Lehrer-Schüler-/Studenten-Verhältnis in Frankreich durch traditionellere Autoritätsmuster und einen 'frontaleren' Stil geprägt ist als in Westdeutschland
Internet-Quelle [1]
Ähnliche Erfahrungen machten deutsche und französische Rekruten im Rahmen der deutsch-französischen Brigade sowie deutsche Arbeitnehmer in französischen Unternehmen und umgekehrt: das hierarchische Gefälle zwischen Vorgesetzten und Untergebenen ist in beiden Fällen auf französischer Seite größer. Dieses Phänomen lässt sich auch am Beispiel der respektheischenden Autorität von politischen Amtsträgern beobachten: sie ist in Frankreich vom Bürgermeister bis hinauf zum Staatspräsidenten ungebrochener als in der Bundesrepublik. Franzosen betrachteten laut Umfragen "mehr Achtung vor Autorität" zu Beginn der neunziger Jahre ungleich häufiger als wünschenswertes Ziel als die Westdeutschen. Diese Unterschiede fallen im ostdeutsch-französischen Vergleich deutlich geringer aus. Die Vermutung liegt nahe, dass die autoritätskritischeren Haltungen der Westdeutschen, die sich vor allem in den Nachkriegsgenerationen finden, als Folge der antiautoritären 68er-Revolte betrachtet werden können. Die bewusst gesuchte, für die Beteiligten häufig schmerzvolle Auseinandersetzung der 68er mit ihrer Elterngeneration, mit der nationalsozialistischen Diktatur und der deutschen Untertanenkultur hat tiefe Spuren im Wertehaushalt der Westdeutschen hinterlassen. Sie hat entscheidend mit dazu beigetragen, die bundesdeutsche Demokratie gegen autoritäre Rückfälle zu wappnen. Betrachtet man den gesellschaftlichen Wertewandel in (Westdeutschland) über einen längeren Zeitraum, etwa seit dem wilhelminischen Kaiserreich, so spricht viel für die Annahme, dass gerade im Verhältnis zur Autorität der Traditionsbruch mit der Vergangenheit am größten ausfällt.