- Deutsch-französische Kulturbeziehungen
- Die deutsch-französischen Kulturbeziehungen seit 1945
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- Der Kern des Wertewandels: Ausbreitung individualistischer Selbstentfaltungswerte
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- Mehr Ähnlichkeit und Nähe infolge des Wertewandels?
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Wandel der politischen Kultur
In der besonderen historischen Belastung der Deutschen ist auch die Ursache für die Eigenheiten ihrer Werteentwicklung nach 1945 im Vergleich zu den gefestigten Demokratien des Westens, also auch zu Frankreich, zu suchen, etwa im Bereich ihrer politischen Kultur. Eine zunehmende Verankerung der demokratischen Verfassung, ihrer Grundwerte und Institutionen im Bewusstsein der Bürger ließ sich schon in den fünfziger Jahren beobachten. Damit reihte sich die Bundesrepublik in den Mainstream der westlichen Demokratien ein. Die "Untertanenkultur" hat immer mehr an Bedeutung verloren. Seit Mitte der sechziger Jahre lassen sich in Frankreich und der Bundesrepublik zunehmend Ähnlichkeiten in der Entwicklung der politischen Kultur ausmachen. Die Unterstützung für die Normen und Institutionen des politischen Systems lag seither in beiden Ländern auf einem hohen Niveau, wobei sich die Franzosen mit dem Funktionieren ihrer Demokratie unzufriedener zeigten als die Bundesbürger.
Abbildung 2:
Das Politikinteresse der Deutschen hat in den letzten Jahren zugenommen. Die Graphik einer Wählerbefragung in Bremen belegt allerdings ein eher durchschnittliches Interesse. (Ergebnisse einer Befragung im Wahlkreis 54 der Hansestadt Bremen)
Internet-Quelle [1]
Das politische Interesse beiderseits des Rheins hat - nicht zuletzt infolge der Bildungsrevolution - deutlich zugenommen und lag in Deutschland in den vergangenen zwei Jahrzehnten über dem französischen Niveau. Das Klischee des unpolitischen Deutschen verfehlt damit heute ebenso die Realität wie dasjenige der hochpolitisierten Franzosen.
Teilnehmer an Protestereignissen in Frankreich und Deutschland (West) 1979-1989 (pro Mio. Einwohner)
"Das politische Interesse beiderseits des Rheins hat deutlich zugenommen und lag in Deutschland in den vergangenen zwei Jahrzehnten über dem französischen Niveau. Das Klischee des unpolitischen Deutschen verfehlt damit heute ebenso die Realität wie dasjenige der hochpolitisierten Franzosen." (Vgl. Text)
Quelle: Duyvendak 1994, zit. Nach J. Schild: Wertewandel und politischer Protest: Die wachsende Bedeutung direkter Partizipationsformen. In: R. Köcher & J. Schild (Hg.): Wertewandel in Deutschland und Frankreich, Opladen 1998, S. 252.
Auch ist in beiden Ländern eine gestiegene Bereitschaft zum politischen Engagement zu beobachten. Hiervon profitieren vor allem nicht-institutionalisierte und wenig verpflichtende Formen der politischen Beteiligung, etwa im Rahmen sozialer Bewegungen und kurzfristiger Proteste, nicht jedoch die politischen Parteien, die seit Mitte der achtziger Jahre Mitglieder verlieren. Politischer Protest ist nicht länger allein eine Domäne der Franzosen, sondern hat auch in Deutschland ein fast vergleichbares Niveau erreicht. Die Institutionen der politischen Willensbildung und Interessenvermittlung geraten aufgrund gestiegener Beteiligungs- und Protestbereitschaft unter Anpassungsdruck.
Abbildung 3:
Demonstration von Atomkraftgegnern am 20. Oktober 2002 in Straßburg und am 11. November 2001 in Gorleben. "Politischer Protest ist nicht länger allein eine Domäne der Franzosen, sondern hat auch in Deutschland ein fast vergleichbares Niveau erreicht."
Internet-Quelle [2]