- Deutsch-französische Kulturbeziehungen
- Die deutsch-französischen Kulturbeziehungen seit 1945
- Vorüberlegung
- Wandel der politischen Kultur
- Säkularisierungstendenzen und ihre Folgen
- Arbeit und Freizeit - zwei Welten?
- Der Kern des Wertewandels: Ausbreitung individualistischer Selbstentfaltungswerte
- Verhältnis zur Autorität: deutsch- französische Kontraste
- Das Verhältnis der Generationen: Differenzen in Frankreich, Brüche in Deutschland
- Kulturpolitik in Frankreich und Deutschland
- Ein Ziel - mehrere Wege? Kultur als Dimension der europäischen Integration
- Frankreich - Deutschland: Übersetzen - Inszenieren
- Kulturelle Ausdrucksformen in europäischen Kontexten politisch neu deuten
- Medien und Kommunikation
'Mehr Ähnlichkeit und Nähe infolge des Wertewandels?'
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Mehr Ähnlichkeit und Nähe infolge des Wertewandels?
Die französische und deutsche - zumindest die bundesdeutsche Gesellschaft haben in den vergangenen Jahrzehnten also ähnliche Wertewandlungstrends durchlaufen: Säkularisierung, Ausbreitung individualistischer Selbstverwirklichungswerte, Zunahme moralischer Permissivität sowie ein kritischeres Verhältnis zu Autoritäten und Überlieferungen sind die zentralen Merkmale. Beide Gesellschaften sehen sich durch einen wachsenden Wertepluralismus (auch als Folge von Einwanderung) vor ähnliche Probleme ihrer kulturellen Integrationsfähigkeit gestellt. Verunsicherungen, identitäre Rückzugs- und Abschottungstendenzen, aber auch offene kulturelle und Wertekonflikte bis hin zu rassistischen Gewalttaten können die Konsequenz raschen kulturellen Wandels sein. Kommen sich Franzosen und Deutsche durch diese ihnen gemeinsamen Wandlungstrends und Herausforderungen auch näher?
Abbildung 11:
Zufriedenheit mit dem Leben und mit der Gesellschaft im europäischen Vergleich.
Internet-Quelle [1]
Der gesellschaftliche Wertewandel stellt einen länderübergreifenden Trend in postindustriellen Gesellschaften dar. Allerdings werden Werte, auch neue Wertentwicklungen, immer im Lichte spezifischer historischer Traditionen interpretiert und durch die jeweiligen sozialen Institutionen, die ja Werte verkörpern, geformt, dem nationalen Kontext anverwandelt und in einer spezifischen Form weitervermittelt. Eine Konvergenz der Werteentwicklung als Ergebnis ähnlicher "Megatrends" zu erwarten wäre demnach unrealistisch. Allerdings lassen sich aus zwei Gründen weitere deutsch-französische Annäherungen erwarten: Erstens wird die deutsche Besonderheit des Generationsbruches mit dem Ableben der Kriegs- und Vorkriegsgenerationen der Geschichte angehören. Und zweitens kann man sich fragen, ob nicht eine Konsequenz des Wertewandels in der "individualizing society" gerade darin besteht, die (werte-)prägende Kraft zentraler gesellschaftlicher Institutionen und Sozialisationsagenten - von der Familie und Schule über die Kirchen bis hin zu Parteien und Verbänden - zu reduzieren. Und genau in und durch diese Institutionen werden Franzosen zu Franzosen und Deutsche zu Deutschen gemacht.