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'Grundzüge des bundesdeutschen Föderalismus'
 
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Grundzüge des bundesdeutschen Föderalismus

Das Grundgesetz [1] der Bundesrepublik Deutschland legt die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern fest. Für die meisten Bereiche wie Außen-, Verteidigungs-, Währungs- und Steuerpolitik ist der Bund ebenso zuständig wie für Ausländerrecht, Postwesen und Telekommunikation sowie Zoll (Auswahl). In der „ausschließlichen Gesetzgebung“ sind diese Bereiche benannt (Artikel 73 GG). Artikel 74 GG zählt die Bereiche auf, in denen die Länder im Rahmen der „konkurrierenden Gesetzgebung“ tätig werden können, sofern der Bund keine Regelungen trifft. Seit Verabschiedung des Grundgesetzes hat sich aber gezeigt, dass der Bund zunehmend von seinem Gesetzgebungsrecht Gebrauch gemacht hat, um – wie es in der Verfassung in Artikel 72, Absatz 2 heißt – „die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit“ zu ermöglichen. Bei der Rahmengesetzgebung wie beispielsweise die Rechtsverhältnisse des Öffentlichen Dienstes oder das Jagdwesen gibt der Bund „den Rahmen“ vor, der von den Ländern ausgefüllt werden kann (Artikel 75 GG).

Wesentliches Merkmal der bundesstaatlichen Regelung ist, dass die Bundesländer über eigene Gesetzgebungskompetenzen verfügen. Dazu zählen unter anderem das Landesstaatsrecht, das Kommunalrecht, das Erziehungswesen, die Bildung und Kultur sowie das Polizeirecht. Kultus, Rundfunk und Fernsehen sowie die Polizei sind also ausschließliche Ländersache. Verallgemeinernd kann man sagen, dass der Bund auf den meisten Gebieten die Gesetzgebungskompetenz besitzt, die Länder aber für die Verwaltung zuständig sind, also die Verwaltungsbehörden der Länder führen die meisten Bundesgesetze "im Auftrag des Bundes" durch (Artikel 83 GG).

Grundsätzlich ist in einem föderalen Staat der Bund den Ländern politisch und rechtlich übergeordnet. D.h., Gesetze des Bundes gehen denen der Länder vor: Bundesrecht "bricht" Landesrecht. Im äußersten Fall könnte ein Land im Rahmen des Bundeszwangs vom Bund zu einem bundesfreundlichen Verhalten gezwungen werden, sollte es "die ihm nach dem Grundgesetz oder einem anderen Bundesgesetz obliegenden Bundespflichten nicht erfüllen" (Artikel 37 GG). Geschützt wird die Gliederung der Bundesrepublik Deutschland in Länder durch die "Ewigkeitsklausel" des Artikels 79, Absatz 3 GG, der eine diesbezügliche Änderung für unzulässig erklärt. Zusammenfassend zeigen "vier Merkmale die Staatsqualität sowohl des Bundes als auch der Länder" (Ursula Münch/Kerstin Meerwaldt): jeweils eine eigene Verfassung, eigene Verfassungsorgane, eine eigene Verfassungsgesetzgebung und eigene Zuständigkeitsbereiche.

Abbildung 3:

Der Bundesrat ist eines der fünf ständigen Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland. Neben Bundespräsident [2] , Bundestag [3] , Bundesregierung [4] und Bundesverfassungsgericht [5] ist der Bundesrat als Vertretung der Länder das föderative Bundesorgan.

Internet-Quelle [6]

Anders als in den USA und der Schweiz, die jeweils eine klare Aufgabentrennung zwischen dem Zentral- und den Gliedstaaten kennen, ist nach dem erwähnten Artikel 79 GG die Mitwirkung der 16 Bundesländer bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes durch ein besonderes Verfassungsorgan, den Bundesrat [7] , garantiert. Dieses Organ ist aufgrund seiner Zusammensetzung nicht mit den Zweiten Kammern in anderen Ländern (wie dem Senat in den USA und dem Ständerat in der Schweiz) vergleichbar: Der Bundesrat ist eine Versammlung von Mitgliedern der Länderregierungen, d.h., seine Mitglieder werden nicht gewählt, sondern sind Vertreter der jeweiligen Landesregierungen. Kommt es in einem Bundesland zu einem Regierungswechsel, geht automatisch das Mandat des Bundeslandes im Bundesrat auf die neue Landesregierung über.

Das politische Gewicht der einzelnen Länder ist durch eine abgestufte Stimmenverteilung verfassungsrechtlich geregelt: Jedes Bundesland hat unabhängig von seiner Bevölkerungszahl mindestens drei Stimmen; maximal verfügt ein Bundesland (bei mehr als sieben Millionen Einwohnern) über sechs Stimmen im Bundesrat. Die Gesamtzahl der Bundesratsstimmen beträgt 69 Stimmen; die Zweidrittelmehrheit beträgt 46 Stimmen.

Die einem Land zustehenden Stimmen können nur einheitlich abgegeben werden, d.h., im Bundesrat stimmen keine Personen ab, sondern Landesregierungen, die sich im Regelfall auf einer Kabinettsitzung über das Abstimmungsverhalten geeinigt haben. Ist eine Landesregierung aus mehreren Fraktionen zusammengesetzt, müssen sich diese auf eine gemeinsame Position verständigen. Daraus können erhebliche Schwierigkeiten entstehen, wenn z.B. eine Partei Mitglied der Bundesregierung ist und gleichzeitig in einem Bundesland mit Parteien koaliert, die im Bundestag zur Opposition gehören. In solchen Fällen schließen die jeweiligen Landesregierungen einen Vertrag über das Abstimmungsverhalten bei politisch wichtigen Fragen ab: In der Regel verzichten sie auf eine Stimmvergabe, was einem "Nein" entspricht, denn nur die positiven Stimmen werden gezählt. Im Allgemeinen geben die Ministerpräsidenten oder die Bevollmächtigten der Länder die Stimmen ihres Landes in den alle drei Wochen stattfindenden Plenarsitzungen des Bundesrates ab, wobei sie - von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen - an die Weisungen und Aufträge ihrer Landesregierungen gebunden sind. Insofern handelt es sich um ein imperatives Mandat.

Abbildung 4:

Das Stimmengewicht der deutschen Bundesländer im Bundestag

 

 

 

 

 

 


Internet-Quelle [8]

Der Bundesrat als eine Institution der gesamtstaatlichen Repräsentanz der Landesregierungen übt "als strukturelles Exekutivorgan auf Bundesebene die Kompetenzen eines gesetzgebenden Organs" (Konrad Reuter) aus. Als föderatives Bundesorgan bildet der Bundesrat zum einen ein Gegengewicht zu den Zentralorganen Bundestag [9] und Bundesregierung [10] , zum anderen dient er als Bindeglied zwischen dem Bund und den 16 Ländern. Der kollegiale Charakter innerhalb der Zweiten Kammer kommt nicht nur durch eine sachliche, die Heftigkeit der politischen Auseinandersetzung im Bundestag nicht widerspiegelnde Atmosphäre zum Ausdruck, sondern auch in der Bestellung des Präsidenten. Dieser wird jedes Jahr nach einem Rotationsprinzip neu gewählt.