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Zentralstaat

Hervorstechendes Merkmal [1]  des Zentral- bzw. Einheitsstaates ist die einheitliche und ungeteilt ausgeübte Staatsgewalt. Seine Untergliederungen sind keine Gliedstaaten, sondern reine Verwaltungsstellen, die sogenannten Gebietskörperschaften. Im Gegensatz zu Deutschland, wo sich nie eine Zentralgewalt über die partikularen politischen Interessen dauerhaft durchsetzen konnte, gelang es dem Königtum in Frankreich seit dem hohen Mittelalter, seine Macht kontinuierlich über die verschiedenen Fürstentümer auszuweiten. Höhepunkt dieser Entwicklung war die absolute Monarchie [2]  Ludwigs XIV., der die regionalen Feudalherren zu reinen Höflingen am Königshof in Versailles degradierte. 

Abbildung 11:

 
Freiheit - Gleichheit - Brüderlichkeit, seit der Französischen Revolution die Leitbegriffe der französischen Republik

 

 

Die Befürworter einer starken Zentralmacht [3]  sahen in dem auf den uneingeschränkt herrschenden König ausgerichteten Staat ein Gegengewicht gegen die zentrifugalen Kräfte Frankreichs, wie sie sich beispielsweise in den zahlreichen anderen Sprachen des Landes widerspiegelten. Auch die Französische Revolution verankerte diese Grundhaltung in dem am 25. September 1792 verkündeten Beschluss, Frankreich sei eine unteilbare Republik [4]  - eine Festlegung, die bis heute Gültigkeit hat (Artikel 1 der Verfassung von 1958). Die Zerschlagung der alten Provinzen und die Ersetzung durch die Departements im Januar 1790 bildeten die umwälzende administrative Neugliederung des Landes, die im Februar 1800 von Napoleon Bonaparte durch die Einführung der von der Zentralgewalt ernannten und ihr direkt unterstehenden Präfekten [5]  zum Abschluss gebracht wurde. 

Abbildung 12:

Die Idee der unteilbaren Einheit der Republik und die Ideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit wurden von den Revolutionären über den Tod gestellt.
(Farbgravur von Paul André Basset, 1796)

 

 

 

 

 

Internetquelle

Nahezu 200 Jahre lang, bis zur Verabschiedung der Dezentralisierungsgesetze [6] im Jahre 1982, besaßen die verschiedenen Gebietskörperschaften als nachgeordnete Verwaltungseinheiten keine echten Entscheidungsbefugnisse. In nahezu allen Fällen hatten die Bürgermeister und/oder die - eher als machtlos zu bezeichnenden - Mitglieder der Conseils généraux (die von den Bürgern gewählte Vertreterversammlung in einem Departement) über die Präfekten die Zustimmung der Pariser Zentralbehörden einzuholen. Ohne eine enge Kooperation mit dem jeweiligen Präfekten, der in den Ministerien zu Gunsten "seines" Departements intervenieren sollte, "lief" praktisch "nichts" auf örtlicher oder regionaler Ebene.

Abbildung 13:

Die Untergliederung des Premier Empire (Erstes Kaiserreich) erfolgte zunächst in 130 Departements. Die Zahl hat sich aufgrund territorialer und administrativer Veränderungen heute auf 96 Departements reduziert.
(Farbgravur von Paul André Basset, 1796)

Internet-Quelle [7]

Gegenüber Forderungen nach regionaler Autonomie wurde immer wieder die Gefahr zentrifugaler Entwicklungen beschworen, die es geboten erscheinen ließ, von der Einführung föderalistischer Strukturen möglichst Abstand zu nehmen. Vor diesem Hintergrund besitzt das Gesetz über die "Rechte der Gemeinden, der Departements und Regionen" (= Dezentralisierungsgesetz), das die Nationalversammlung [8] im Jahre 1982 beschloss und dem inzwischen etwa 30 Gesetze sowie 300 Verordnungen gefolgt sind, eine geradezu revolutionäre Qualität. Ziel des Gesetzes war die Stärkung der institutionellen Autonomie durch die Abschwächung der Staatsaufsicht und die Ausweitung der Kompetenzen der Gebietskörperschaften. Ihre jahrhundertelange Überwachung und Gängelung durch die zentralstaatlichen Instanzen sollte aufhören, eine freiheitliche dezentralisierte Ordnung diese ersetzen. Mittlerweile rechtfertigt eine zwanzigjährige Praxis den Schluss, dass im Kompetenzgefüge zwischen Zentralstaat und Gebietskörperschaften grundlegende Veränderungen zugunsten der letzteren erreicht wurden.

Abbildung 14:

Marianne, Marseillaise und gallischer Hahn - drei Symbole Frankreichs

Internet-Quelle [9]

Die Grundstrukturen der französischen Verwaltungsorganisation [10] , gegenwärtig 36.581 Gemeinden in 96 Departements des Mutterlandes, haben sich seit der Großen Revolution und Napoleons I. kaum verändert. Eine Ergänzung erfuhr dieselbe im Jahre 1982, als 22 Regionen in der Nachfolge früherer, allerdings weitgehend einflussloser Vorläufer den Status eigenständiger Gebietskörperschaften erhielten. Seitdem stehen drei Gebietskörperschaften [11] gleichberechtigt nebeneinander; d.h., die Region ist weder gegenüber den Departements noch den Gemeinden weisungsberechtigt. Auch heute noch ist der französische Staat von oben nach unten organisiert, d.h., der Staat delegiert Macht, Ressourcen und Kompetenzen an die nachgeordneten Gebietskörperschaften. Die zentralstaatliche Verwaltung bleibt weiterhin der Garant des "Etat unitaire", in dessen einheitlichem und engem Rahmen die Gebietskörperschaften sich bewegen müssen (http://www.interieur.gouv.fr [12] ).