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'Napoleonische Europavorstellungen'
 
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Napoleonische Europavorstellungen

Napoleon [1] hat Europa gründlich durcheinander gebracht. Seine Kriege beschleunigten den Weg Europas in Richtung der Nationalstaatlichkeit und in Richtung eines Europas der Nationen. Anfangs war seine Politik vielen Herrschern durchaus willkommen, weil sie sich endlich vom Kaiser (des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation) lösen konnten und durch die Säkularisation von Kirchengütern Land und materielle Ressourcen hinzugewannen (Reichsdeputationshauptschluss [2] von 1803 und Auflösung des Reiches 1806). Als aber klar wurde, dass es Napoleon offenbar um den Versuch ging, Europa zu beherrschen, wandelte sich die Zustimmung in Gegnerschaft. Propagandistisch wurde Napoleon als Universalmonarch, der auf einem Thron aus Totenköpfen saß, gebrandmarkt.

Napoleon in Österreich 1809

 

 

 
Internetquelle [3]

Napoleons Konzept einer Herrschaft über Europa war durchaus traditionell. Er versuchte, seine Familie als neue französische kaiserliche Dynastie zu etablieren, setzte Brüder auf (neu geschaffene) Throne und heiratete selber 1810 Marie Louise (1791-1847), die Tochter des österreichischen Kaisers Franz I. Doch es gelang ihm nicht, diese Verbindung von Krieg und dynastischer Heiratspolitik in einen dauerhaften Erfolg umzumünzen. Was Frankreich betraf, knüpfte er an das Reich Karls d.Gr. an und vergrößerte teils das Staatsterritorium durch Annexionen, teils schuf er Satellitenstaaten, wie das Königreich Westphalen, das er einem seiner Brüder (Jérome) unterstellte. Auch diese durch historische Reminiszenzen an ein karolingisches Europa aufgeladene Politik war nicht von Dauer. Gemäß den Gesprächsaufzeichnungen der Begleiter Napoleons während des Exils auf der Insel St. Helena hatte sich dieser die - ebenfalls traditionelle - Maxime des Gleichgewichts der Kräfte zu eigen gemacht. In diesem Sinne sollte Polen wieder als eigenes Königreich erstehen, Konstantinopel vor dem russischen Zugriff bewahrt und die englische Vorherrschaft auf See gebrochen werden.

Was von Napoleon blieb, waren gewisse Vereinheitlichungen innerhalb Europas. An erster Stelle ist das Zivilgesetzbuch, der Code Napoléon, zu nennen, der in Deutschland und anderen Staaten oftmals als Vorbild für entsprechende Zivilgesetzbücher genommen wurde oder der in Gebieten, die Napoleon besetzt bzw. annektiert hatte und wo der Code eingeführt worden war, zunächst weiter galt. In Deutschland gehen die meisten Zivilstandsregister auf den Code Napoleon zurück. Napoleon zentralisierte und straffte die innere Staatsverwaltung in Frankreich und in besetzten Territorien und schuf damit ebenfalls ein oft nachgeahmtes Modell. Wenn das 19. Jahrhundert überall in Europa zum Jahrhundert des Bürgertums wurde und dieses sich die neuen Kunststile (Empire, Klassizismus etc.) als Signet aneignete, so war auch dies insoweit Napoleon zu verdanken, als er das Bürgertum als tragende Schicht in Staat und Wirtschaft neben dem Neuadel (ebenfalls ein europaweites Phänomen) förderte. Schließlich profitierte der Ausbau der Straßeninfrastruktur in Europa von den Kriegen, da große Massen an Soldaten schnell bewegt werden mussten.