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'Kulturelle Kooperation: einige Beispiele '
 
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Kulturelle Kooperation: einige Beispiele

Die grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Kooperationsformen im Oberrheingebiet scheinen insgesamt nur bedingt aus dem gemeinsamen "kulturellen Erbe" der Oberrheinregion Nutzen gezogen zu haben. Hier scheinen vielmehr die allgemein gültigen Steuerungsfaktoren wirksam zu sein, die heute die Standortentscheidungen bestimmen und die Teil einer Makrointegration sind, die auch in anderen Grenzregionen Europas zu beobachten ist.

Grenzüberschreitende Kooperationen können sich aber auch auf der Ebene einer Mikrointegration vollziehen, womit die vielfältigen Kooperationsformen z. B. im gesellschaftlichen, schulischen oder kulturellen Bereich gemeint sind, die sich aufgrund von historischen, gesellschaftlichen, verwandtschaftlichen u.a. Gründen oft auf der unteren geographischen Raumebenen (Nachbarschaften, Kommunen, Kreise etc.) vollziehen.
Im Falle des Oberrheingebiets mit seinem gemeinsamen historischen Erbe liegt es nahe, im Rahmen der Fragestellung gerade

den kulturellen Beziehungen einige Aufmerksamkeit zu schenken. Dabei mag die Einschätzung von Rausch (2000, S. 288) überraschen, dass in der Oberrheinregion zwar ein gewisses Bewusstsein für den kulturellen Hintergrund der Region bestehe, dass sich dies aber keineswegs in einer Art "oberrheinischer Identität" niedergeschlagen habe. Vielmehr seien die Kulturbeziehungen gekennzeichnet von einer eher lokalen Orientierung und die nicht unerheblichen Subventionen in diesem Bereich von daher eine Art Luxus, der durchaus zu hinterfragen sei.

Richtig ist, dass eine Bestandsaufnahme oder gar Koordination der Kulturbeziehungen in der Oberrheinregion bis zu Beginn der 1980er Jahre nicht existierte. Erst dann wurde auf Initiative der Oberrheinkonferenz eine Erhebung durchgeführt, die zwar in erster Linie auf die Existenz kommunaler Partnerschaften ausgerichtet war, in der aber auch die kulturellen Beziehungen zumindest teilweise miterfasst wurden. Das Ergebnis zeigte, dass es zwar eine ganze Reihe von kommunalen Partnerschaften gab, dass sich die damit verbundenen kulturellen Aktivitäten jedoch noch in engen Grenzen hielten.

Die End-1970er und vor allem die 1980er Jahre waren jedoch insgesamt gekennzeichnet von dem Bemühen, die Kooperation auf kulturellem Gebiet voranzutreiben. Wichtig waren dabei systematisch angelegte Kompendien wie etwa die bereits 1979 erschienene Übersicht über "Die Museen im deutsch-französisch-schweizerischen Grenzraum" oder das 1984 erschienene Oberrheinische Kulturhandbuch (Annuaire culturel). Am Beispiel des Kulturhandbuchs wird jedoch auch deutlich, dass die entsprechende Kooperation nicht problemlos war, denn eine Neubearbeitung bzw. Aktualisierung scheiterte bisher an den unterschiedlichsten Hürden (Zuständigkeiten, Finanzierung u.a.). Auch Initiativen im Museumsbereich waren nicht durchweg erfolgreich. So musste z. B. das Erscheinen des (oberrheinischen) Museumskuriers (zwischen 1981 und 1986 erschienen 18 Hefte) oder des Museumsbulletins jeweils bereits nach wenigen Jahren wieder eingestellt werden.

Eine deutliche Belebung der kulturellen Beziehungen erfolgte in den 1990er Jahren, wobei die INTERREG-Förderung von instrumentaler Bedeutung wurde. Dies lässt sich am Beispiel des Oberrheinischen Museumspass [1] ' aufzeigen, für den bereits 1981 ein spezieller "Expertenausschuss Museumspass" eingerichtet wurde. Nach umfangreichen Vorsondierungen und Befragungen der regionalen Museen und Verkehrsämter wurde schließlich eine Förderung im INTERREG-II Programm beantragt und bewilligt.

Ein Beispiel der grenzüberschreitenden Mikrointegration: Der oberrheinische Museumspass

Die Übersichtskarte zeigt die Standorte der Museen, die mit dem Oberrheinischen Museumspass besucht werden können. Das Ziel des Museumspasses besteht u.a. in:

  • Der Schaffung eines attraktiven grenzüberschreitenden Angebots für Museumsbesucher
  • Der Gestaltung eines gemeinsamen Auftritts der Museen mit neuen Werbe- und Kommunikationsmitteln
  • Dem Aufbau der kulturpolitischen Zusammenarbeit der Partner im trinationalen Raum

Abbildung 59:

Ein Beispiel der grenzüberschreitenden Mikrointegration: Der oberrheinische Museumspass

 

 

 

 

 

 

 

Internet-Quelle

Von Beginn ihrer Existenz an hat die Oberrheinkonferenz eine Reihe von Initiativen im Bereich Erziehung und Bildung entwickelt und hierfür, wie für zahlreiche andere Bereiche auch, eine eigene Arbeitsgruppe eingerichtet. Gemeinsam mit der AG Wirtschaftspolitik hat sich diese Gruppe u.a. der Frage der grenzüberschreitenden beruflichen Ausbildung gewidmet. Dies betraf sowohl die Ebene der Lehrenden als die der Auszubildenden. Bereits Mitte der 1990er Jahre wurde das Konzept des "Euregio-Lehrers" umgesetzt, ein trinationales oberrheinisches Zusatzzertifikat, das Lehrer durch eine integrierte bzw. ergänzende Ausbildung in die Lage versetzt, auf der Grundlage ihrer Kenntnis der Sprache, Kultur und des Ausbildungssystems des Nachbarlandes auch dort zu unterrichten. Die Idee aufgreifend schlossen sich im Juni 1998 mehrere Pädagogische Hochschulen und Ausbildungsstätten für Lehrer an Grund-, Real-, Haupt- und Berufsschulen zu einem Kooperationsverbund zusammen, um damit einen institutionellen Rahmen für die Ausbildung des Euregio-Lehrers zu schaffen.

Von der gleichen Idee geleitet wurde das Euregio-Zertifikat [2] für Berufsschüler und Berufsschülerinnen eingeführt. Dieses Projekt wird im Rahmen der Programme INTERREG II/Oberrhein Mitte-Süd und INTERREGII/Pamina durch die Europäische Union, das Land Baden-Württemberg und die regionalen Stellen in Deutschland, Frankreich und der Schweiz gefördert und vom Expertenausschuss "Berufsbildung" der Oberrheinkonferenz betreut.

Zum Erwerb des Euregio-Zertifikats absolvieren die Lehrlinge bzw. Schüler-/innen im Rahmen ihrer Berufsausbildung in Lehrbetrieben einen Aufenthalt im grenznahen Ausland am Oberrhein.

Das seit 1993 verliehene Euregio-Zertifikat bescheinigt den Inhabern internationale Firmenerfahrung, grenzüberschreitende Mobilität und Sprachkenntnisse (Deutsch und Französisch), die ihnen für ihr späteres Berufsleben innerhalb der Region eine solide Basis bieten. Grundsätzlich steht das Euregio-Angebot allen Jugendlichen in der Berufsausbildung offen, unabhängig von der Branche, in der sie ausgebildet werden wollen. Die Industrie- und Handelskammern sowie eine Reihe weiterer Berufsbildungsinstitutionen stehen bei der Vermittlung von Ausbildungsplätzen bzw. auch von Gastfamilien zur Verfügung. Zurückhaltung gibt es gleichwohl auch hier, z. B. bei Unternehmen im Elsass, die befürchten, dass ihre Lehrlinge durch den Austausch auf den Geschmack kommen und nach der Lehre als Grenzgänger ins Nachbarland abwandern könnten (Lezzi, 2000, S.26).

Die Kooperation in der Berufsausbildung erstreckt sich inzwischen auch auf die höheren Ausbildungsebenen. So gibt es seit dem Wintersemester 1997/98 an der Berufsakademie in Lörrach in Verbindung mit der Fachhochschule Basel und der Université du Haut-Alsace in Mülhausen einen trinationalen Ausbildungsgang, der die Kombination von Studium und Berufspraktika in den drei beteiligten Ländern vorsieht. In diesem Zusammenhang sei auch das europaweit bisher einzigartige deutsch-französische Euro-Institut in Kehl erwähnt, ein Fortbildungsinstitut des öffentlichen Dienstes für die grenzüberschreitende Behördenpraxis. Seit Beginn der 1990er Jahre kooperieren die sieben Universitäten der Oberrheinregion unter dem Akronym EUCOR [3] miteinander, was das "grenzüberschreitende Studieren" gefördert hat.

Abbildung 60:

Das Logo des Euregio Zertifikats

 

 

 

 

 

 

Internet-Quelle [4]

Zu den besonders bemerkenswerten Initiativen der Oberrheinkonferenz zählt in diesem Zusammenhang auch die Entwicklung eines "Oberrheinischen Schulbuches", das mit Hilfe des INTERREGII-Programms realisiert werden konnte. Das Buch soll sowohl der Zweisprachigkeit dienen als auch die grenzüberschreitenden Begegnungen erleichtern. Anhand verschiedener Themen soll es dazu beitragen, die Nachbarn, insbesondere deren Sprache, besser kennen und verstehen zu lernen. Es soll ebenfalls zu Begegnungen zwischen Lernenden und Lehrkräften der drei Länder anregen und damit Grundlagen für einen vorurteilsfreien Umgang miteinander schaffen.

Leben am Oberrhein Dies ist der Titel des "Oberrheinischen Schulbuches", das im Untertitel als ein Lehrwerk für ein Europa ohne Grenzen bezeichnet wird. Es wurde durch die Oberrheinkonferenz konzipiert und mit Mitteln des INTERREGII-Programms im Jahre 1999 verwirklicht.

Inhaltlich behandelt das Oberrheinschulbuch Kapitel über den Naturraum, die Geschichte, die Arbeitswelt, die Wohnsituation, Freizeit und Bräuche aus den drei Teilregionen usw. Einzelne Textpassagen sind in Deutsch, andere in Französisch abgefasst, so dass neben der Vermittlung von Sachinhalten auch die Zweisprachigkeit gefördert wird. Das für die Jahrgangsstufen 3 bis 10 konzipierte Buch stellt eine umfangreiche Materialsammlung dar, die sich vor allem an Lehrer richtet. Es enthält eine Reihe von Modell-Lektionen, die von der Anlage her auf eine Kooperation mit einer Partnerklasse/-schule jenseits der Grenze konzipiert sind. Dies soll dazu beitragen, bereits in einem frühen Stadium ihrer Ausbildung bei den Jugendlichen ein gemeinsames Problembewusstsein für ihre Region zu erzeugen und vor allem helfen, die Grenzen in den Köpfen gar nicht erst entstehen zu lassen.

Abbildung 61:

 

 

 

 

 

 

 

 

Internet-Quelle