French
German
 
 
 
 
 
 

Sie sind hier: Deuframat > ... > Politisches Exil

Politisches Exil

Neben den wirtschaftlichen Auswanderern kamen im 19. Jahrhundert in mehreren Wellen auch deutsche politische Exilanten nach Paris, um der Restauration, den strengen Zensurbestimmungen in den deutschen Ländern oder der Verfolgung durch die Polizei zu entgehen. Paris galt als Ort revolutionärer Ideen und wurde ein Sammelbecken für politische Aktivisten aus ganz Europa. In Paris konnten die Exilierten fernab der Zensur ihre politischen Schriften verfassen, untereinander diskutieren und versuchen, auf das Geschehen in ihrer Heimat vom Ausland aus Einfluss zu nehmen. Persönliche Sicherheit und sogar materielle Hilfe waren gewährleistet, wenngleich die politischen Flüchtlinge von der französischen Polizei überwacht wurden.

Nach den "Karlsbader Beschlüssen [1] " von 1819 und der Errichtung eines polizeilichen Spitzelsystems durch Metternich kamen die ersten Deutschen, die nationalliberalen "Patrioten", aus politischen Gründen nach Paris. Der Burschenschaftler Carl Follen, der Schrifsteller Joseph Görres [2]  und der Lehrer Eduard Dürre gehörten dazu. Die nächste Welle setzte nach der Pariser Julirevolution von 1830 ein, die in Deutschland den Göttinger Putschversuch 1831, das Hambacher Fest [3]  1832, den Frankfurter Wachensturm 1833 und die Verschwörung der Gesellschaft der Menschenrechte in Oberhessen 1834 nach sich gezogen hatte. Zu den berühmtesten Vertretern der exilierten Schriftsteller zählen Heinrich Heine [4]  und Ludwig Börne [5]

In den 1840er Jahren waren die strengen Zensurbestimmungen der Hauptgrund für ein Exil in Frankreich, in der Schweiz oder in England. Zu den politisch aktiven Handwerkern gehörte Wilhelm Weitling, dazu kamen revolutionäre Denker wie Karl Marx [6] , Moses Hess [7] , Ludwig Bamberger, Jakob Venedey und Georg Herwegh [8]

Aus dem Zusammenschluss der politischen Exilanten, der Handwerkern und Kaufleuten entstanden in Paris die Anfänge der deutschen Arbeiterbewegung (7). Verschiedene politische Vereine, Bünde und Geheimbünde wurden gegründet, 1847 kam es zur Gründung des "Bundes der Kommunisten". Daneben entwickelten die politisch Exilierten ein lebendiges deutschsprachiges Publikationswesen, deren bekannteste Periodika der "Vorwärts! [9] ", die "Pariser Horen" und die "Deutsch-französischen Jahrbücher [10] " waren. 

Titelseite des Vorwärts aus dem Jahre 1844




 

Quelle: Deutsche Emigranten in Frankreich, Französische Emigranten in Deutschland 1685-1945. Eine Ausstellung des französischen Außenministeriums in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut, Paris 1983, S. 103.

Die soziale Kritik, die sich in den Vereinen sowie in der Emigrationspresse widerspiegelte, bildete die Verbindung zwischen politischem Exil und wirtschaftlicher Migration. Die politischen Verhältnisse wurden genauso angeklagt wie die wirtschaftliche Misere der Landsleute aus den untersten sozialen Schichten, in Paris wie auch anderswo. Insgesamt 26 deutschsprachige Exilperiodika gab es in Frankreich in dieser Zeit, die meisten davon erschienen in Paris und waren von eher kurzlebiger Dauer (8). 

Den ersten Einschnitt für die deutsche Einwanderung in Paris markierten die Revolutionen von 1848/49. Die deutschen Arbeiter und Handwerker beteiligten sich an der Pariser Februarrevolution 1848. Die Ausrufung der Republik zog viele politische Flüchtlinge aus anderen europäischen Ländern nach Paris. Viele Deutsche gingen dann in die Heimat zurück, um dort die Revolution voranzutreiben. Andere verließen Paris, weil zur politischen Krise eine wirtschaftliche kam und Arbeit nur noch schwer zu finden war (9). Die Gegenrevolution ab 1849 und eine starke ausländerfeindliche Stimmung taten ein übriges, um die Deutschen zur Rückkehr in ihre Heimat zu bewegen. Die politischen Flüchtlinge unterstanden jetzt einer strengen Überwachung durch die französische Polizei. Viele wurden verhaftet und ausgewiesen. Das Paris des Second Empire war kein Ort mehr für politisch Exilierte.