- Kulturelle und territoriale Vielfalt bis zum Zeitalter der Revolution
- Von den verachteten "Fröschefressern" zu den "besten Deutschen": Zur Geschichte der Hugenotten in Deutschland
- Migrationen und kultureller Austausch seit 1815
- "Tour de France" der Handwerker
- Ein Massenphänomen: ungelernte Arbeiter
- Politisches Exil
- Adressbuch der Deutschen von 1854
- Ein Phänomen für sich: hessische Straßenkehrer
- Zerstreut und zurückgezogen
- Bonnes à tout faire: deutsche Dienstmädchen
- Weiterführende Literatur und Internetadressen
- Minderheiten, Immigranten und Integration in Frankreich
- Einwanderung und Probleme der Integration in Deutschland seit 1960
- Laizität und Religionen im heutigen Frankreich
- Gesellschaftsvergleiche
- Das Jahr 1968 und die Folgen
- Begegnungen im Alltag
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Einleitung
Deutschsprachige Einwanderer stellten im 19. Jahrhundert jahrzehntelang die größte ausländische Gruppe in Paris: über 80.000 Deutsche sollen es um 1848 gewesen sein. Der überwältigende Teil dieser Einwanderer waren Handwerker, Tagelöhner, ungelernte Arbeiter und Dienstmädchen, die in Paris als frühe "Gastarbeiter" ein armseliges Leben am Rande des Existenzminimums führten. "Sie waren die Italiener ihrer Zeit", schrieb dazu die deutsche Feministin Käthe Schirmacher 1906, als sich die Proportionen der Einwanderer schon verschoben hatten (1). Armut und mangelnde Integration sind die beiden Hauptmerkmale dieser Migration, die heute so gut wie vergessen ist.
Daneben existierte die Auswanderung zahlreicher deutscher Intellektueller, Schriftsteller und Künstler, die zumeist aus politischen Gründen ihr Land verließen und sich in Paris ins politische Exil begaben. Obwohl ihr Anteil an der deutschen Kolonie nur etwa 2% ausmachte, sind Leben und Paris-Aufenthalt so berühmter Leute wie Heinrich Heine [1] , Ludwig Börne [2] , Arnold Ruge [3] und Karl Marx [4] uns auch heute noch im Gedächtnis.
Die Verbindung zwischen den wirtschaftlichen Migranten und den aus politischen Gründen Exilierten bildete die soziale Kritik, die von den deutschsprachigen Auswanderern in Paris in zahlreichen Vereinen und Clubs sowie in Zeitschriften, Pamphleten und Flugblättern geäußert wurde.
Geprägt von den politischen Ereignissen und den deutsch-französischen Beziehungen im 19. Jahrhundert verlief die deutsche Migration nach Paris nicht linear, sondern war von drei Zäsuren geprägt: den Revolutionen von 1848/49, dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914. Zu diesen Zeitpunkten erfuhr die deutsche Einwanderung in Paris jeweils einen quantitativen Einbruch, im ersten Fall durch die freiwillige Rückkehr vieler Deutschen in ihre Heimat, im zweiten und dritten Fall durch ihre Ausweisung (2).
Anzahl, Zusammensetzung, Leben, Arbeiten, Verteilung, Sichtbarkeit und Integration der Deutschen in Paris waren durch diese drei Brüche geprägt. Jede Phase hatte in dieser Hinsicht ihre besonderen Merkmale. Neuanfänge, fehlende Kontinuität und Veränderungen prägten das Bild der deutschen Migration, die sich aufgrund der besonderen Geschichte von der Auswanderung in andere Städte und Länder deutlich unterschied.
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Anmerkungen