- Bevölkerungsstruktur, Migration, Minderheiten
- Gesellschaftsvergleiche
- Das Jahr 1968 und die Folgen
- Einleitung
- Ehe als Sakrament
- Ehedebatten um 1800
- Ehe als Vertrag
- Romantische Liebe
- Gleichheit von Mann und Frau
- Ehegesetze um 1800
- Das Allgemeine Preußische Landrecht
- Zusammenfassung
- Bücher und Aufsätze zum Thema
- Grenzüberschreitende Eheschließungen zwischen Elsässern und Deutschen in Straßburg zwischen 1871 und 1914
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Code Civil
Napoleon Bonaparte verstand sich gleichermaßen als Be- und als Vollender der Französischen Revolution. Diese Ambivalenz zeigt sich auch in der unter seiner Regierung, federführend von Cambacérès, ausgearbeiteten Rechtskodifikation: dem Code Civil. Hier wird einerseits an dem in der Verfassung von 1791 festgelegten Grundsatz festgehalten, dass es sich bei der Ehe um einen bürgerlichen Vertrag handelt. Die Regeln dieses Vertrages sind jedoch kaum frei verhandelbar, sondern werden so genau festgelegt, wie nie zuvor in der Geschichte. Mehr als 170 Paragraphen beziehen sich auf die Ehe. Andererseits spiegelt sich das Freiheits- und Gleichheitsdenken der Revolution kaum in den Gesetzestexten wieder.
Voraussetzung für die Eheschließung war die Volljährigkeit, also 18 Jahre für Männer, 15 für Frauen (§ 144). Die beiderseitige Einwilligung der Eheleute wurde als unerlässlich angesehen, doch bei Bräuten unter 21 und Bräutigamen und 25 Jahren war das Einverständnis aller Elternteile vonnöten (§ 148).
Im Kapitel VI, das die gegenseitigen Verpflichtungen der verheirateten Paare festlegt, zeigt sich die napoleonische Vorstellung von der Geschlechterordnung: Der Mann schuldet seiner Frau Schutz, sie ihm Gehorsam (§ 213). Sie muss mit ihm zusammenwohnen und ihm überallhin folgen, wenn er entscheidet umzuziehen (§ 214). Sie kann ohne seine Zustimmung keine Geld- oder Rechtsgeschäfte machen (§ 217). Das in der Revolution verabschiedete frauenfreundliche Scheidungsrecht wurde zumindest stark eingeschränkt. Als Scheidungsgründe galten jetzt vor allem der Ehebruch, wobei der Ehebruch des Mannes als Grund nur dann ausreichte, wenn seine Konkubine mit im gemeinsamen Haus wohnte. (Hier war wohl vor allem an Dienstpersonal gedacht). Auch bei nachgewiesener körperlicher oder verbaler Gewalt, Kriminalität eines Ehepartners oder bei gemeinsamer Übereinstimmung darüber, dass das Eheleben unerträglich ist. (§ 233). Es reichte also nicht aus, dass ein Ehepartner das Eheleben unerträglich fand. Wer sich eingehender für die Ehegesetze des Code Civil interessiert, kann die §§ 144 ff. in einer online-Edition [1] dieses ersten französischen Rechtscodex nachlesen.
Im Vergleich zeigt sich, dass das revolutionäre Frankreich und das konservative Preußen, was die Ehe angeht, zu recht ähnlichen Regelungen gekommen sind. In einigen Details ist das Landrecht sogar liberaler als der Code Civil. So ist beispielsweise die Pflicht der Frau, mit ihrem Mann zusammenzuwohnen, in Preußen nicht festgeschrieben.