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'Neuordnung der Verwaltungsstrukturen als Folge der Revolution'
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Neuordnung der Verwaltungsstrukturen als Folge der Revolution
Auch der Revolution kamen diese Strukturen letztendlich zu Gute, was nachvollziehbar macht, wieso sie innerhalb so kurzer Zeit das ganze Land überrollen konnte. Allerdings reichten die alten Strukturen nicht aus, um die Durchsetzung der revolutionären Neuerungen im ganzen Lande sicherzustellen. Von daher war die Schaffung einer noch stärker von Paris aus gesteuerten, in sich hierarchisierten Struktur der Verwaltungseinheiten eines der vordringlichsten Anliegen der Revolutionsregierung.
Die neue Verwaltungsstruktur war auf der unteren Ebene vierstufig aufgebaut. Die Basis bildeten die Kommunen (la commune), die in den meisten Fällen alten Kirchengemeinden entsprachen. Ihre Befugnisse waren jedoch sehr eingeschränkt. Ein Gesetz aus dem Jahre 1791 untersagte ihnen sogar jede Veränderung ihrer wirtschaftlichen Betätigung. Mehrere Kommunen bildeten einen Kanton (le canton), mehrere Kantone ein Arrondissement. Diese waren wiederum Unterabteilungen der Departements, die fortan die wichtigsten politischen Einheiten darstellten und die bis heute die Grundstruktur der unteren Verwaltungsebene des Landes bilden.
Die eher föderal gesinnten Girondisten [1] verbanden mit dieser neuen Struktur die Absicht, das Übergewicht der Hauptstadt im Lande zu brechen und überall gleiche Lebensbedingungen zu schaffen. Diese Intention spiegelt sich auch im ersten Entwurf einer Departementsgliederung wider, der ein Gitternetz mit 80 identischen Planquadraten von je 70 km Seitenlänge vorsah. Tatsächlich wurden bei der Einrichtung der Departements im Jahre 1790 dann aber geographische und historische Gegebenheiten berücksichtigt (Moreau 1987). Auf diese Weise ging zwar die Geometrie des Idealplanes verloren, der Grundgedanke zur Schaffung gleichgroßer räumlicher Einheiten wurde jedoch weitgehend verwirklicht. Ausnahmen bildeten lediglich die beiden Departements Seine (Nr. 75, Paris) und Rhône (Nr. 69, Lyon), die bewusst kleiner gehalten wurden, um ihr Machtpotenzial einzuschränken (Brücher 1992, S. 40). Die ursprüngliche Zahl von 83 Departements hat sich aufgrund von Ergänzungen, Teilungen etc. auf heute 96 erhöht. Dadurch ist auch das ursprünglich fortlaufende Nummerierungsprinzip in alphabetischer Reihenfolge durcheinander geraten.
Der Sturz der Girondisten durch die Jakobiner [4] brachte dann jedoch eine andere Zweckbestimmung der Departements mit sich. Nicht mehr eigenständige Entwicklung, sondern noch stärkere Kontrolle von Paris aus war ihre Devise. Entscheidungen wurden nunmehr prinzipiell nur noch in Paris gefällt. Die Verwaltung in den Departements diente dazu, die Befehle auszuführen. Damit erreichte das Prinzip der Zentralstaatlichkeit eine bis dahin noch nicht erreichte Perfektion.
Sie wurde unter Napoleon I. [5] noch weiter entwickelt. Auf ihn geht die Einsetzung von Präfekten als direkte und alleinige Vertreter des Zentralstaats in den Departements zurück (1801). Die Präfekten wurden nicht gewählt, sondern in Paris ernannt. Damit sie sich nicht zu sehr mit den lokalen Interessen identifizieren, wurden sie nach einigen Amtsjahren in ein anderes Departement versetzt. Sie hatten und haben die Ausführung der Gesetze zu überwachen, die Beschlüsse des Generalrates, der gewählten Vertreterversammlung des Departements und der Gemeinderäte zu genehmigen, die Regierung regelmäßig zu informieren, die Subpräfekten und Bürgermeister bei ihrer Amtsausübung zu unterstützen und die staatlichen Einrichtungen zu überwachen und zu schützen. Traditionell waren sie oberste Instanz in allen öffentlichen Belangen der Departements.
Die Bedeutung der nachgeordneten Verwaltungseinheiten, der Arrondissements und der Kantone (canton), ist im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts ständig geschwunden, nicht zuletzt auch als Folge verbesserter Kommunikationsstrukturen. Die Aufgabe der Subpräfekten der Arrondissements besteht darin, den Präfekten bei der Ausübung seiner Tätigkeit zu unterstützen, gleichzeitig aber auch die Bürgermeister der Kommunen zu kontrollieren. Das Canton überlebte lediglich als Wahlbezirk, dessen Wahlberechtigte seit 1838 einen Vertreter in den Generalrat des Departements entsenden.
Auf der untersten Stufe der Territorialstruktur waren den Gemeinden (communes) schon seit dem Zeitalter der absoluten Monarchie immer mehr Entscheidungsbefugnisse entzogen worden. Brücher (1992, S. 41) schreibt hierzu: "Ab 1635 wurden die Stadtratssitzungen von einem königlichen procureur überwacht, 1659 die Landgemeinden für "unmündig" erklärt, 1683 eine strenge Aufsicht eingeführt. 1692 schaffte der König die Stadtratswahlen ab, Mandate konnten nun käuflich (!) bei der Krone erworben werden. Mit der Einführung der Intendanten (1683) und der lieutenants généraux de police (1699) wurden die Befugnisse der Bürgermeister drastisch eingeschränkt. Nach der Revolution setzte man die Strategie der Entmachtung fort. Ein Gesetz von 1791, das den Gemeinden jede wirtschaftliche Betätigung untersagte, wurde erst 1955 wieder aufgehoben. Napoleon brachte das Eigenleben der Kommunen ab 1800 fast zum Erliegen; selbst der Bürgermeister wurde (bis 1882) von der Regierung ernannt und unterstand dieser über Präfekt und Subpräfekt. Damit war der flächendeckende Befehlsfluß erreicht. Seit 1831 wählt die Einwohnerschaft den Gemeinderat (conseil municipal) und dieser - allerdings erst seit 1882 - aus seinen Reihen den Bürgermeister (maire). Er kann nicht abgewählt werden, untersteht aber gleichzeitig als Staatsbeamter der Aufsicht der Zentralinstanz, die ihn wegen unkorrekter Amtsführung absetzen kann. Nicht zufällig trägt er bei offiziellen Anlässen die trikolore Schärpe."
Zu den auffälligen Merkmalen zählt auch, dass die politischen Verwaltungsstrukturen Frankreichs nur selten mit denen anderer Körperschaften übereinstimmen. Dies wird z. B. deutlich, wenn man die aktuellen Karten der Departements oder Regionen mit der anderer Institutionen vergleicht. Als Beispiele sei auf die historischen Zuständigkeitsbereiche der Akademien [7] im Bildungsbereich, auf die Kirchenbezirke [8] oder auf die Gerichtsbezirke hingewiesen.
Trotz gewisser Veränderungen verkörpert gerade diese Zersplitterung der kommunalen und institutionellen Gebietskörperschaften [9] bis heute ein Prinzip des Zentralstaates, das auch die reformistischen Ansätze der 1960er Jahre und selbst die Dezentralisierungsgesetze von 1982 überlebt hat. Die Zahl der Kommunen [10] beträgt heute noch über 36000, darunter viele mit wenigen Hundert, manche mit noch weniger Einwohnern. Im Durchschnitt kommt auf rd. 100 Franzosen ein Gemeinderatsmitglied, ein Wert, der in keinem anderen europäischen Land erreicht wird. Auch wenn es den Gemeinden seit 1992 durch das Loi d'orientation sur l'administration territoriale de la République [11] möglich gemacht wurde, in beschränktem Maße auf interkommunaler Ebene zusammenzuarbeiten, so könnte doch nur eine längst überfällige umfassende Gemeindereform die Verhältnisse ‚an der Basis' entscheidend verbessern.
Links:
- [1]http://www.fh-niederrhein.de/~gymoden/ge/schueler/girondisten.htm
- [2]Departements 1793-1815
- [3]http://www.es-conseil.fr/pramona/outils/cartes.htm
- [4]http://de.wikipedia.org/wiki/Jakobiner
- [5]http://perso.club-internet.fr/ameliefr/
- [6]http://www.bartleby.com/67/napole02.html
- [7]Frankreichs Akademien
- [8]Frankreichs Kirchenbezirke
- [9]http://www.archives.premier-ministre.gouv.fr/jospin_version2/ALL/INSTIT/COLL_TERR.HTM
- [10]http://www.quid.fr/communes.html
- [11]http://www.jura.uni-sb.de/france/adminet/jo/INTX9000102L.html