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'Die Sozialstruktur'
 
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Die Sozialstruktur

Die Staatstheoretiker, Philosophen und Ökonomen der Frühen Neuzeit sahen die soziale Wirklichkeit ihrer Zeit bis weit in das 18. Jahrhundert hinein von "Ständen" geprägt. So schildert z.B. der bekannte Jurist Charles Loyseau [1] (1564-1627) in seiner im Jahre 1613 erschienenen Schrift Traité des ordres et simples dignitez [2] (Traktat über die Stände und einfachen Würden) die französische Gesellschaft seiner Zeit als Teil eines Universums, das nach Gottes Willen geordnet und hierarchisch strukturiert ist. Die Menschen, so führt er aus, die von Gott mit freiem Willen ausgestattet sind, können nicht ohne die Zugehörigkeit zu Rängen und Ständen leben. Für Loyseau ist die Gesellschaft der zweiten Hälfte des 16. und des frühen 17. Jahrhunderts eine société d'ordre, eine Ständegesellschaft, in der die sozialen Gruppen in einer stratigrafischen Hierarchie gegliedert, geordnet sind. Ordre, "Stand", definiert der Jurist als "Würde verbunden mit der Befähigung zur Ausübung öffentlicher Macht". Stände waren also für ihn politische und soziale Gemeinschaften, "deren Mitglieder nicht lediglich auf der Basis von Besitz und Vermögen zusammenfanden und zusammenstanden, sondern aufgrund der Wertschätzung, der Achtung, der Würde, die (ihnen) die Gesellschaft oder Teile derselben beimaßen." [1 [3] ]

Die Ständeordnung der Gesellschaft
Kennzeichnend für die gesellschaftliche Ordnung seit dem hohen Mittelalters ist eine streng hierarchische Ständeordnung. Auf der obersten Stufe der "Lehnspyramide" steht der König, der über verschiedene Stufen abwärts Rechte ausleihen kann (Lehen). Die unterste Stufe dieser Pyramide stellen die unfreien Schichten dar, die der Verfügung von Herren über den von ihnen bearbeiteten Grund und Boden, aber auch über persönliche Rechte wie Freizügigkeit, Familien-gründung und Erbschaft unterliegen.
Quelle: http://www.ibl.uni-bremen.de/lui/user/ag26/lehnswesen.htm [4]

Die Historiker der Gegenwart folgen überwiegend diesem Sprachgebrauch. Sie charakterisieren die Gesellschaftsordnung Alteuropas, also auch diejenige Frankreichs in der Frühen Neuzeit, als "Ständegesellschaft". In einer ersten Annäherung kann "Stand" im Anschluss an Jürgen Kocka als "eine gesellschaftliche Großgruppe, die sich durch eigenes Recht, durch ein bestimmtes Maß der Teilhabe an der politischen Herrschaft, durch eine besondere Form materieller Subsistenzgründung und spezifisches Prestige (‚Ehre') von anderen Ständen unterscheidet" [2 [5] ],näher bestimmt werden. Die Analogie dieser Definition zu denjenigen frühneuzeitlicher Staatstheoretiker und Juristen, wie z. B. zu Loyseau, springt ins Auge.

Territorialgeschichte Frankreichs vom 15. bis zum 17. Jahrhundert
Quelle: www.utc.edu/Faculty/Bill-Wright/rev317.html (08.08.2003) (Maps of France, The growing ancien regime - Diese Karte ist nicht mehr verfügbar auf der gennanten Seite, 01.06.2004)

Für die Menschen Alteuropas war die ständische Ordnung der Gesellschaft [6] eine alltägliche Erfahrung, und es bestand weitgehend Einigkeit hinsichtlich einer groben Gliederung der Stände in Klerus, Adel, Bürgertum und Bauern. Loyseau ist aber bewusst, dass diese Gliederung bereits zu seiner Zeit ein rechtliches Konstrukt war, das zwar auf der Ebene der Versammlungen der Generalstände, der États généraux, und der Provinzialstände, der États provinciaux, noch seine Berechtigung hatte, jedoch nicht mehr ein ausreichend präzises soziologisches Instrument darstellte, mit dem die vielfältigen Untergliederungen erfasst werden konnten, die wiederum jeder einzelne Stand aufwies. Diese Untergliederungen der drei "Hauptstände" nennt er Ordres particuliers, rangs oder Ordres subalternes. Loyseau unterstreicht, dass es für den Einzelnen einen großen Unterschied darstellte, ob er dem Ersten Stand, dem Klerus, als Kardinal, Bischof, als Angehöriger eines höheren oder niederen geistlichen Ordens oder nur als niederer Weltgeistlicher angehörte. Natürlich hebt er auch gebührend hervor, dass es innerhalb des Adels ebenso eine Vielfalt von Rängen, eine breite Skala von unterschiedlichen rechtlichen und sozialen Bedingungen gab. Noch vielgestaltiger war das Statussystem innerhalb des "Dritten Standes", das Loyseau darstellt. Die Haupttrennungslinie innerhalb des tiers état zog er zwischen den Inhabern von öffentlichen Ämtern und Angehörigen von nicht durch Handarbeit bestimmten Berufen einerseits und der großen Mehrheit von Handwerkern und Bauern andererseits. Letztere, die er als "Personen niederen Standes" (personnes viles) bezeichnet, "erwerben ihren Lebensunterhalt mehr durch körperliche Arbeit als durch den Handel mit Waren oder durch geistige Bildung".

Neben der bei Loyseau und auch bei anderen Zeitgenossen deutlich sichtbaren Vielfalt der Statusebenen fällt besonders die Betonung der Trennungslinie auf, welche diejenigen, die Handarbeit ausübten, abhob von denjenigen, die mit ihrem Kopf arbeiteten, deren Tätigkeit geistige Bildung voraussetzte. Der Handarbeit wurde allgemein die Dimension des Niederen, das Attribut des Gemeinen zugewiesen. "Die Wirksamkeit dieser sozialen Schranke war universell, denn hier lag ein Kriterium vor, das von allen, die sich um die Einordnung und Einstufung eines Menschen Gedanken machten, leicht zu kontrollieren war. Wer, ob als Arbeiter, Handwerker, Landwirt oder Kleinhändler, auf seiner Hände Arbeit angewiesen war, blieb seinem Status verhaftet, hatte keine Möglichkeit, auf der sozialen Stufenleiter empor zu klettern. Soziale Mobilität war im Rahmen der ‚niederen' Stände möglich, nicht aber über diese Trennungslinie hinaus, es sei denn, man legte dieses dominierende Zeichen der unteren Statusgruppe ab und bereitete damit einen allmählichen Aufstieg seiner Familie in die höheren Ränge vor." [3 [7] ]

Charakteristisch für die Ständegesellschaft ist weiterhin die bei den Zeitgenossen verbreitete Vorstellung, dass die generell durch Geburt oder durch gesellschaftlich akzeptierte soziale Qualifikation erlangte Zugehörigkeit zu einem Stand zur Einhaltung und Wahrung standesspezifischer Regeln und Vorschriften verpflichtete. So hatten z. B. Standespersonen die ihrem Stand gemäße Lebensführung zu praktizieren und die standesspezifischen Erwerbsgrenzen zu beachten, wenn sie die für standeswidriges Verhalten vorgesehenen Sanktionen, die bis zum Verlust der Standeszugehörigkeit führen konnten, vermeiden wollten.

Das sich in derartigen Auffassungen und Verhaltensweisen manifestierende prinzipielle Statikgebot der Ständegesellschaft erweist sich bei genauerer Betrachtung aber nicht als das entscheidende Kriterium dieser Gesellschaftsformation, denn auch sie kannte ein erhebliches Ausmaß sozialer Mobilität. Soziale Mobilität im Sinne der "vielfachen Positionsveränderungen von Individuen in einer Gesellschaft" [4 [8] ] vollzog sich auch innerhalb der Ständegesellschaft als horizontale oder vertikale Mobilität, d. h. in der Form von Migrationsbewegungen vom Lande in die Stadt oder auf dem Wege des Standesgrenzen überschreitenden sozialen Auf- bzw. Abstiegs. So waren auch die französischen Städte auf die Zuwanderung vom Lande angewiesen, wenn die Zahl ihrer Einwohner wenigstens gehalten oder gar vergrößert werden sollte.

"Le Noble et le paysan"
Gravur aus dem 17. Jh. von Lagniet-Guérard
Quelle: mkassmi.free.fr/quatrieme/hist/absolutism/5paysan_noble.htm

Das 16. Jahrhundert, insbesondere die zehn Dekaden von 1470 bis 1570/80, war nicht nur für Frankreich eine Phase beschleunigten sozialen Aufstiegs. Denjenigen, die auf Grund ihrer sozialen Voraussetzungen und ihrer Vermögensverhältnisse entsprechende Ambitionen entwickelten, stand der Zugang zum Adel offen. So ist für die Provence nachgewiesen worden, dass während des 16., ja sogar bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts, der soziale Aufstieg in den Adel auf dem Wege der Usurpation, sozusagen im Zuge einer stillschweigenden Nobilitierung, relativ leicht möglich war und dass von dieser Möglichkeit auch in beträchtlichem Ausmaß Gebrauch gemacht wurde. Dominierte in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Praxis, über den Erwerb einer adligen Seigneurie (Grundherrschaft) und über das "adelsgemäße Leben" (vivre noblement) im Verlauf einiger Generationen den Zugang zur Nobilität zu vollziehen, so gewannen für diesen Prozess seit 1560 der Kauf und die Ausübung nobilitierender königlicher Ämter in zunehmendem Maße an Gewicht. Zwischen 1560 und 1600 vollzog sich also ein Wandel bei den Praktiken des Aufstiegs in den Adel. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts stellen die nobilitierenden Ämter bereits das wichtigste und am häufigsten genutzte Mittel zur Nobilitierung und damit des sozialen Aufstiegs dar. Weil die Krone im weiteren Verlauf des 17.Jahrhunderts - wenn auch mit kurzen Unterbrechungen - im Zuge des Ausbaus der absoluten Monarchie und ihrer Organe, aber auch aus dringenden finanziellen Gründen die Zahl der käuflichen Ämter ständig vermehrte, nahmen auch die Chancen für den sozialen Aufstieg zu.

"A faut espérer q'eu jeu là finira ben tôt."
Gravur (anonym), Ende des 18. Jh., Paris, Bibliothèque Nationale
Quelle: www.historyguide.org/intellect/lecture11a.html

Auch für die ländlich-bäuerliche Bevölkerung setzten mit dem 16. Jahrhundert Veränderungen ein, die sich letztlich im Verlauf der folgenden Jahrhunderte bis zum Ende des Ancien Régime als irreversibel erwiesen. Im Gefolge der Bevölkerungs- und Preiswellen des 16. Jahrhunderts wuchs der Druck auf die ländliche Bevölkerung in einem bis dahin kaum gekannten Ausmaß. Die Folge war, dass sich die ländliche Sozialstruktur auf vielfältige Weise differenzierte. Insbesondere das Verhältnis der bäuerlichen Schichten zueinander änderte sich in signifikantem Maße. "War im späten Mittelalter der mittlere und kleinere Bauer allenthalben noch der vorherrschende Typ, so wurde das Wachstum der klein- und unterbäuerlichen Schichten nun zu einer allgemeinen Erscheinung." [5 [9] ] In seiner berühmten Untersuchung über die Bauern des Languedoc hat Emile Le Roy Ladurie nachgewiesen, wie dort schon während des 16. Jahrhunderts das bis dahin deutlich überwiegende Mittelbauerntum zerrieben wurde. An seine Stelle rückten nun die an Zahl ständig zunehmenden bäuerlichen Kleinstellen einerseits und die Großbetriebe andererseits. [6 [10] ] Dieser Prozess ist auch in anderen Teilen Frankreichs, wenn auch in zeitlicher Phasenverschiebung, zu beobachten. Im 17. Jahrhundert stand in den französischen Dörfern allgemein eine große Zahl von Klein- und Kleinstbauern einer weitaus kleineren Schicht mittelbäuerlicher Existenzen sowie einer noch geringeren Anzahl von Großbauern bzw. Großpächtern gegenüber. "Das bäuerliche Leben bestand [...], in Abhängigkeit von der Tyrannei des Klimas, aus unvorhersehbaren Höhen und Tiefen, wobei die Unterschiede im Lebensniveau je nach Lage der Dinge gewaltig waren. Daraus entsprang eine Haltung der Apathie, der Resignation, die hin und wieder unterbrochen wurde von Ausbrüchen gegen die ‚Verantwortlichen', die man beim Namen nennen konnte, angefangen beim Steuereinnehmer." [7 [11] ]

Gegenüber der auch im 17. Jahrhundert ständig wachsenden Zahl bürgerlicher Aufsteiger in den Adel formierte sich bereits während der beiden ersten Jahrzehnte die zunehmende Kritik der Angehörigen des alten Geburts- oder Schwertadels, der sog. noblesse d'épée [12] , die ihre soziale Position gefährdet sahen. Der alte Adel erkannte sehr bald die eigentliche Ursache: er sah sie in der Überlassung königlicher Ämter an Angehörige bürgerlicher Schichten, bedingt durch die Käuflichkeit dieser Ämter. Der Adel setzte sich gegen die neue Elite zur Wehr, indem er eine eigene Ideologie entwickelte, mit der er auf die feudalen Werte und Tugenden abhob und sich auf Theorien wie die idée de race oder den mythe de la conquête stützte. Konkret forderte er aber immer wieder die Abschaffung der Ämterkäuflichkeit und die Besetzung königlicher Ämter nach den Kriterien der Ehre, des Verdienstes und der Tugend und nicht wie bisher nach den Gesichtspunkten des Reichtums und der Ausbildung der Bewerber. Generell verlangte er, dass mindestens ein Drittel der Chargen an den obersten Gerichtshöfen den Angehörigen der noblesse d'épée vorbehalten bleiben sollte.

Von zentraler Bedeutung für die französische Gesellschaft des 16. und 17. Jahrhunderts war - ebenso wie für andere altständische europäische Gesellschaften - die Vielfalt horizontaler sozialer Verflechtungen, das weitgefächerte Netz von Patronage- und Klientelverbindungen. Kennzeichnend für jene Sozialbeziehungen, die wiederum von den gegebenen rechtlichen, sozialen und politischen Normen reguliert wurden, waren folgende Elemente: "die Ungleichheit der Macht- und Mittelausstattung von Patron und Klient und ein relativ dauerhaftes, zunächst persönliches Verhältnis dieser Partner auf Gegenseitigkeit, wobei Schutz und Chancen Dienste und Ergebenheit gegenüber standen." [8 [13] ] Die einschlägige Forschung hat verdeutlicht, dass nicht jeder Beliebige Klient werden konnte. Voraussetzung für die Begründung eines Klientelverhältnisses war ein Minimalkonsens zwischen den Partnern. Wesentlich war weiterhin, dass die ausschließliche Rolle eines Patrons nur von Personen der oberen Skala der Gesellschaftshierarchie, dagegen der ausschließliche Status eines Klienten nur von Personen bekleidet wurde, die am unteren Ende der sozialen Hierarchie rangierten. Am weitesten verbreitet dürfte jedoch der Fall gewesen sein, dass man gleichzeitig Patron als auch Klient war. Außerdem ist zu konstatieren, dass das Patron-Klient-Verhältnis enge Zusammenhänge mit den übrigen Hauptformen von Personenbeziehungen aufwies: mit Verwandtschaft, Freundschaft und Landsmannschaft. Für den sozialen Aufstieg über den Ämterkauf, aber auch für die Geldgeschäfte der Finanziers sowie für den Aufbau politisch einflussreicher Positionen in Staat und Gesellschaft hatten jedenfalls die Klientelbeziehungen eine zentrale Bedeutung.

Für den Zeitraum von der Mitte des 17. Jahrhunderts bis zur Krise des Ancien Régime gegen Ende des 18. Jahrhunderts, also für jene Epoche, die nach Ansicht vieler Historiker als der Höhepunkt der absoluten Monarchie gelten kann, lässt sich feststellen, dass Frankreich eine bemerkenswerte gesellschaftliche Stabilität aufwies. "Trotz ständiger Belastung im Rahmen der internationalen Beziehungen des Landes - zunächst durch den habsburgisch-französischen Gegensatz, dann durch den Prozess der Machtsicherung und Machtbehauptung im Sinne einer europäischen Hegemonie Frankreichs, schließlich im Zusammenhang mit der Neubestimmung der europäischen Beziehungskonstellation im Rahmen der ‚großen Mächte' des 18. Jahrhunderts - hat sich dieses System nach innen einer ungewöhnlichen Stabilität erfreut, wie sie in der frühen Neuzeit kein anderer Staat gekannt hat, der sich von vergleichbaren machtpolitischen Ambitionen leiten ließ." [9 [14] ] Die Gründe für diese Stabilität sind jedoch nicht so sehr in der spezifischen personalen und institutionellen Ausprägung zu suchen, die das System der absoluten Monarchie in Frankreich erfahren hat. Sie liegen vielmehr zum großen Teil in der aktiven und massiven Beteiligung aller Schichten des Adels sowie der Angehörigen reicher bürgerlicher Schichten an dem französischen Steuer- und Finanzsystem des Ancien Régime, das durch neuere Forschungen in seinen zahlreichen Verästelungen, in seinen Geld- und Finanzpraktiken, in seinen positiven und negativen Seiten sowie in seinen sozialen Verflechtungen umfassend analysiert worden ist. [10 [15] ] Festzustellen ist, dass nicht nur reiche Bürgerliche und der Klerus, sondern auch Adlige bis hin zum Hochadel im 17. Jahrhundert an den Geschäften der Finanziers, die das Steuer- und Finanzsystem der Krone durch die Bereitstellung ständig steigender finanzieller Mittel in Gang hielten, in großem Umfang beteiligt waren. "Nach einem Jahrhundert intensiver Konflikte zwischen Krone und Hochadel zwischen 1560 und 1660 kam es damit offensichtlich zu einem Interessenausgleich zwischen beiden, den man angesichts der neuen Erkenntnisse über die sozialen Grundlagen der ‚finance' nicht mehr allein als ‚Entpolitisierung' oder ‚Domestizierung', sondern auch als eine Art von ‚Commanditisierung' des Adels bezeichnen könnte. Der Adel und alle, die auf den von der Monarchie bereitwillig angebotenen Wegen der sozialen Mobilität in den Adel aufstiegen, wurden zu Geschäftspartnern des Königs und trugen so zur Finanzierung der Monarchie, vor allem ihrer Heeresausgaben bei." [11 [16] ] Daraus ergibt sich einerseits, dass die Titel und Privilegien des Adels, ja der Adel selbst in kaum zu überschätzendem Maße durch die absolute Monarchie instrumentalisiert wurden. Der Stand des Adels war in einem solchen Ausmaß dem Geld aufgeschlossen und durch Geld erreichbar, dass das Prinzip der ständischen Zuordnung der Individuen durch Geburt zwar nicht völlig aufgehoben, so doch zumindest weitestgehend ausgehöhlt erscheint.

Die absolute Monarchie andererseits, deren Intention es war, die klassischen intermediären Gewalten zurückzudrängen und aus der Sphäre gesamtstaatlicher Lenkung im Innern und der gesamtstaatlichen Vertretung nach außen zu eliminieren, geriet im 17. und 18. Jahrhundert wegen ihres ständig steigenden Finanzbedarfs "in zunehmende Abhängigkeit von den Korporationen dieser Elitengesellschaft". Diese Elitengesellschaft existierte zum Teil schon seit langem, zum Teil wurde sie erst in dieser Phase der Entwicklung etabliert. Ihr Schöpfer war aber letztlich die absolute Monarchie. Diese erhielt sich Handlungsfreiheit gegenüber den Korporationen dieser Elitengesellschaft nur insofern, als sie "die Bedingungen der sozialen Mobilität" regulierte. [12 [17] ] Letztlich waren aber beide, die französische absolute Monarchie und die Korporationen der Elitengesellschaft, aufeinander angewiesen. Darin liegt wohl einer der Hauptgründe für die soziale Stabilität in Frankreich zwischen dem Bürgerkrieg der sog. Fronde [18] um die Mitte des 17. Jahrhunderts und der Krise des Ancien Régime am Ende des 18. Jahrhunderts.