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KZ-Häftlinge

Vor allem der Repression und der systematischen Vernichtung und erst in zweiter Linie der Ausbeutung als Zwangsarbeiter diente die Verschleppung von Juden, Kommunisten und Widerstandskämpfern aus den besetzten Ländern in Konzentrationslager. Bereits vor dem Krieg waren die Lager Oranienburg, Dachau, Buchenwald, Flossenburg, Papenburg und Esterwegen zur Internierung vorwiegend deutscher und österreichischer Regimegegner, Widerstandskämpfer, Juden und „Volksschädlingen“ wie „Asozialen“, „Berufsverbrechern“ [1] etc. eingerichtet worden.

Baracken im Konzentrationslager Horneburg.
Barackenunterkünfte dieser Art waren in vielen Konzentrations- und Arbeitserziehungslagern typisch.
    

 Quelle: www.postmoor.de/text/weltkriege_2a.htm

Rüstungsminister Albert Speer mit Häftlingen des KZ Mauthausen in den Reichswerken Hermann Göring bei Linz.

 


Quelle: www.dhm.de/lemo/html/wk2/holocaust/mauthausen/index.html

Während des Krieges kamen Neuengamme, Bergen-Belsen, Gross-Rosen, Mauthausen, Struthoff-Natzwiller, Stutthoff sowie das Hauptlager für Frauen: Ravensbrück hinzu und nach dem Beschluss über die „Endlösung“ der Judenfrage die Vernichtungslager im Osten: Chelmno, Belzec, Sobibor, Treblinka, Maidanek und vor allem Auschwitz. Bei Kriegsende waren es 22 deutsche KZ-Hauptlager [2] mit über 1.200 Außenlagern in der Nähe von Industriebetrieben und Rüstungsschmieden (z.B. im später selbständigen Lager Dora), deren Häftlinge insbesondere ab Mitte 1942 zunehmend zur Zwangsarbeit eingesetzt wurden. Die Gesamtzahl der Menschen, die in Konzentrationslager gesperrt wurden, wird auf ca. 2,5 – 3,5 Millionen geschätzt, davon über 90% Ausländer. Die unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen, die Seuchen in den Lagern und die seit 1942 völlig unzureichenden Versorgungsrationen führen zu durchschnittlichen Überlebenschancen von nur wenigen Wochen, so dass die Internierung auch in den nicht ausschließlich der sofortigen Vernichtung dienenden Arbeits-Lagern zutreffend als „Vernichtung durch Arbeit“ bezeichnet wird. Ca. 2 Millionen KZ-Häftlinge wurden gezielt ermordet oder kamen durch Krankheiten, Unfälle und Entkräftung in den Lagern zu Tode.

Bei Kriegsende gab es 22 deutsche KZ-Hauptlager mit über 1.200 Außenlagern in der Nähe von Industriebetrieben und Rüstungsschmieden.

Quelle: www.fndirp.asso.fr/campsdeconcentration.htm

Die Lagerhierarchie von den deutschen Kommandanten bis hinunter zum Kapo (häufig wurden dazu brutale Verbrecher unter den Häftlingen ausgewählt) erlaubte jede Art von Willkür und Schikanen: Prügel, Nahrungsentzug und Gewaltexzesse waren an der Tagesordnung, Fluchtversuche oder Sabotage wurden durch öffentliche Hinrichtung geahndet. Alte, kranke und arbeitsunfähige Häftlinge und Kinder wurden gleich bei ihrer Ankunft oder später, z.B. wenn sie stundenlangen Zählappelle nicht durchstanden, „selektiert“, d.h. an Ort und Stelle getötet, in Vernichtungslager überstellt oder in speziellen Baracken ihrem Schicksal, d.h. meist dem Hungertod überlassen. In einigen Lagern mussten Häftlinge für pseudomedizinische Versuche herhalten, die sie in den seltensten Fällen überlebten. Am Kriegsende bedeuteten die Evakuierungsmärsche, zu denen die SS die Häftlinge zwangen, um den Alliierten keine Lager mit Überlebenden zu überlassen, für viele der entkräfteten Gefangenen den sicheren Tod.

Häftlingszeichen des Konzentrationslagers Sachsenhausen.
Die Häftlinge wurden von der SS nach Häftlingskategorien und Nationalitäten in verschiedene Gruppen eingeteilt, die unterschiedliche Rechte hatten, unterschiedlich behandelt wurden und damit auch unterschiedliche Überlebenschancen hatten. Jeder Häftling musste sein Zeichen auf die linke Brustseite seiner Jacke und an das rechte Hosenbein nähen.

Quelle: camp.pixelpark.com/thema/haft/index_unten.html

Aus Frankreich wurden zwischen 141 000 und 166 000 Menschen in KZ-Lager deportiert, davon ca. 76 000 Juden. Die Verschleppung war dabei Teil einer umfassenden Repression, die sowohl dem Kampf gegen die Widerstandsbewegung wie der systematischen Verfolgung von Juden und Kommunisten galt, wobei in der Propaganda wie in den Befehlen diese Gruppen in einem Atemzug genannt und zu „jüdisch-bolschewistischen Terroristen“ zusammengefasst wurden. Gaullisten galten als ihre Verbündeten im Solde der „angelsächsischen Plutokraten“.

Die Mitwirkung der Vichy-Regierung an der Verfolgung und Deportation im Rahmen der Staatskollaboration ist komplex. Unbestritten waren die Deutschen die treibende Kraft und die Hauptverantwortlichen insbesondere bei der Deportation in die deutschen Konzentrationslager. Auch wenn der Antisemitismus im Frankreich der 30er und 40er Jahre weit verbreitet war und ein wesentliches Element der Révolution Nationale darstellt, so hätte man sich ohne deutschen Druck wohl mit Unterdrückungsmaßnahmen begnügt, Massenmord gehörte nicht zu den Zielen Petains und Lavals. Sie übernahmen auch z.B. nicht die im Juni 1942 in der besetzten Zone eingeführte Pflicht zum Tragen des Judensterns und bemühten sich, die französischen Juden zu schützen – allerdings um den Preis der Auslieferung der Ausländer und nur bedingt erfolgreich.

Der Judenstern musste ab Juni 1942 in der besetzten Zone Frankreichs getragen werden
    
Quelle GUÉRIN, Alain (éd.) : La Résistance. Chronique illustrée. 5 tomes Paris : Livre Club Diderot 1972, t.5, p. 94

Aber unübersehbar ist, dass die Politik Vichys die deutschen Maßnahmen erleichterte. So erließ Vichy ohne deutschen Druck ein erstes Judenstatut schon im Oktober 1940, das den Ausschluss aus einer Reihe von Berufen vorsah (und im Juni 1941 noch verschärft wurde) und ermöglichte die Internierung ausländischer Juden. Seit Juli 1940 wurden die Einbürgerungen überprüft und Zehntausenden Juden die französische Staatsangehörigkeit wieder aberkannt, „unerwünschte“ Juden wurden aus der besetzten in die unbesetzte Zone abgeschoben. Seit September 1940 machte die französische Polizei Jagd auf Kommunisten und im Mai 1941 befanden sich ca. 30.000 Kommunisten in Internierungslagern, davon 12.000 in der unbesetzten Zone.

Internierungslager in Frankreich
    
Quelle; KLARSFELD, Serge: 1941: Les Juifs en France. Préludes à la solution finale, New York : Beate Klarsfeld Edition 1991p.7

Im Waffenstillstandsvertrag hatte sich Pétain zur Auslieferung der deutschen Flüchtlinge verpflichtet, und für die seit Kriegsbeginn in französischen Lagern internierten Regimegegner wurde das französische Exil so oft zur tödlichen Falle. Vichy betrieb seine eigene antisemitische und antikommunistische Propaganda und richtete ein comité d’action antibolchevique und ein commissariat général aux questions juives ein, das zunächst von Vallat, dann 1942 von Darquier de Pellepoix geleitet wurde, der mit Dannecker, dem Leiter des Judenreferats der Gestapo in Frankreich z.B. bei den ersten Großrazzien gegen ausländische Juden im Mai, August und Dezember 1941 zusammenarbeitete. Die Festgenommenen wurden in den Lagern Drancy, Beaune-la-Rolande, Pithiviers, Compiègne (nur dieses unter deutscher Leitung) interniert.

Im August 1941 stellte ein deutscher Erlass kommunistische Aktivitäten unter Todesstrafe, dennoch verstärkte und radikalisierte sich der kommunistische Widerstand im Herbst 1941 und verübte u.a. Attentate auf deutsche Vertreter der Besatzungsmacht. Zur Vergeltung ließen die Deutschen pro Opfer 50-100 Geiseln öffentlich erschießen, die Vichy aus den Internierungslagern mithilfe von Sondergerichten (sections spéciales) vornehmlich unter Juden und Kommunisten auswählte. Im Oktober 1941 wurden je 50 Geiseln in Nantes und Bordeaux hingerichtet, 70 weitere im Dezember 1941 auf dem Mont Valérien [3] bei Paris. 1942 drohte ein Erlass Obergs die Erschießung der männlichen Familienmitglieder, Zwangsarbeit für die Frauen und Internierung der Kinder mutmaßlicher Widerstandskämpfer an, wenn diese sich nicht stellten. Die Bedenken gegen wahllose Massenerschießungen, die Ende 1941/Anfang 1942 laut wurden, weil öffentliche Hinrichtungen in der Bevölkerung feindselige Emotionen schafften, führten nicht zu einem Verzicht darauf, aber gleichzeitig wurden zur Vergeltung nun Deportationen in Konzentrationslager geplant.

Französischer Polizist und deutscher Besatzer am Arc de Triomphe in Paris
    
Quelle KLARSFELD, Serge: 1941: Les Juifs en France. Préludes à la solution finale, New York : Beate Klarsfeld Edition 1991, Titel

Die Transporte begannen im März 42, mit 1112 überwiegend ausländischen männlichen Juden nach Auschwitz. Bis November sollten es insgesamt 43 Deportationszüge, mit ca. 41.000 Menschen werden, bis Kriegsende stieg die Zahl auf insgesamt 76 Transporte mit 76.000 Juden, und ca. 85.000 –90.000„Politische“, darunter ca. 42 000 Widerstandskämpfer. 24% der jüdischen Bevölkerung Frankreichs wurde so ermordet: 16% der französischen Juden und 30% der ausländischen. Besonders die Großrazzia am 16. und 17. Juli 1942, bei der unter den Augen der Öffentlichkeit ca. 15.000 Juden, diesmal ganze Familien, aus Paris verhaftet und in das Stadion „Vél d’Hiv zusammengetrieben, von dort über die Internierungslager in die Vernichtungslager im Osten verschleppt wurden, und die Auslieferung der in der Südzone internierten Juden führte nun zu Protesten auch seitens des Vichy bisher gewogenen hohen Klerus der katholischen Kirche. Vichy sah sich genötigt, die eigene aktive Mitwirkung an der Deportation einzuschränken.

Im Juli 1942 hatte der französische Polizeichef Bousquet noch den Deutschen 10.000 nicht-französische Juden aus der unbesetzten Zone für die Deportationszüge zur Verfügung gestellt, um im Rahmen eines Kooperationsabkommens mit dem Chef der deutschen Polizeikräfte Oberg –mit seinen Mitarbeitern Knochen und Hagen eine zentrale Figur der Staatskollaboration – ein Stück „Souveränität“ für die französische Polizei unter seinem Kommando zu erhalten. Dieses Abkommen wurde im August 1942 geschlossen und die deutsche Seit konnte auch weiterhin auf die effektive und loyale Zuarbeit der französischen Polizei rechnen, auf die sie angewiesen war.

Mitverantwortung trägt Vichy durch eine weitere folgenschwere Entscheidung im Sommer 1942: Laval sprach sich im Juli für die Deportation der Kinder unter 16 Jahren [4] aus, die die Deutschen nicht gefordert hatten. Über die Motive kann man nur spekulieren; es ging jedenfalls nicht darum, ihnen aus humanitären Gründen die Trennung von ihren Müttern zu ersparen, hatte man doch zuvor durchaus 3.500 Kinder in den Lagern Beaune-la-Rolande und Pithiviers von ihren Müttern getrennt und sich selbst überlassen, und sie dann einige Woche später in geschlossenen Viehwaggons doch nach Auschwitz deportiert. Von den 11.000 Kindern überlebte keines. Ab 1943 führten die Gestapo und SS Razzien auch auf jüdische Kinder durch, die in Kinderheimen untergebracht worden waren oder in Klostern und bei Privatleuten Unterschlupf gefunden hatten, so z.B. in Izieu [5] bei Lyon, wo Klaus Barbie Gestapo-Chef war, dem außerdem Tausende Morde und Zehntausende Verhaftungen und Folterungen von Widerstandskämpfern und Juden zu Last gelegt wurden.

Joseph Darnand, oberster Polizeichef Frankreichs (rechts), und Karl Oberg, oberster Chef der deutschen Polizeieinheiten in Frankreich (links), nehmen am 2.7.1944 in Paris den Eid der Miliz ab.
    
Quelle: Documentation photographique DP 6034, 1978, I.7

Anfang 1944 wurde auf deutschen Druck der Chef der Miliz Darnand oberster französischer Polizeichef und wenig später auch der Gendarmerie wie des Justizvollzugs und er konnte Standgerichte einrichten. Die Repression nahm auf französischer Seite bürgerkriegsähnliche Züge an und der deutsche Rückzug nach der alliierten Landung im Juni war von Gewaltexzessen wie den Massakern von Tulle und Oradour begleitet. Es kam dabei auch zu willkürlichen Deportationen in Konzentrationslager.

Jenseits partieller Interessenskonflikte und persönlicher Rangeleien sowohl zwischen den verschiedenen deutschen Instanzen (Oberkommando der Wehrmacht, Botschaft, Reichssicherheitshauptamt), den verschiedenen französischen Stellen und im deutsch-französischen Verhältnis ist nicht zu übersehen, dass ohne die Mithilfe der französischen Polizei Festnahmen, Razzien, Internierung und Deportationen in diesem Masse nicht möglich gewesen wären. Wie schon in der Frage der Kriegsgefangenen und der zivilen Zwangsarbeiter war Vichy auch bei der Verfolgung und Deportation von Juden, Kommunisten und Widerstandskämpfern zu einer weitgehenden Kollaboration mit den Deutschen bereit.

Nach dem Krieg wurden von den Alliierten 24 Haupt-Kriegsverbrecher in Nürnberg vor Gericht gestellt und verurteilt. Die Verfolgung von NS-Verbrechen in der Bundesrepublik war schleppend und halbherzig, die meisten blieben ungesühnt. So lebten z.B. die von französischen Gerichten in Abwesenheit verurteilten Hauptverantwortlichen Lischka, Hagen und Heinrichsohn bis zum Kölner Prozess im Jahre 1979 unbehelligt in Deutschland, ebenso wie Lammerding und Barth, die Verantwortlichen des Massakers von Oradour. In Frankreich gab es eine Phase der sowohl spontanen wie juristischen Abrechnung mit der Kollaboration, bei der aber v.a. Hochverrat zur Debatte stand. Erst spät wurde wegen von Franzosen verübten Verbrechen gegen die Menschlichkeit ermittelt. 1987 kam es zum Prozess gegen den nach Bolivien geflüchteten Barbie, 1991 gegen Bousquet, den ehemaligen Chef der Miliz im Département Rhône, der zunächst von der katholischen Kirche versteckt, nach seinem Prozess begnadigt und 1994 schließlich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt wurde. Papon, Generalsekretär der Präfektur der Gironde machte, wie nicht wenige Nazi-Größen im Nachkriegsdeutschland, zunächst eine bedeutende politische Karriere, bevor er in einem jahrelangen Prozess schließlich 1992 verurteilt wurde.

Lange verdrängt, ist die französische Mitschuld an Repression und Deportation inzwischen allgemein anerkannt. Auf deutscher Seite wäre es an der Zeit, endgültig Abschied vom Mythos des „sauberen“ Kriegs im Westen zu nehmen, auch wenn nicht - wie im Osten - die systematische Ausrottung der Bevölkerung das Kriegsziel war.