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'Zuwanderung aus den französischen Kolonien bis 1945'
 
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Zuwanderung aus den französischen Kolonien bis 1945

In den Jahrhunderten der großen europäischen Wirtschaftsräume – Mittelmeerraum, die süddeutsch-iberisch-lateinamerikanische Handelswelt der Fugger und Welser, die karibisch-dänische Beziehung – waren immer wieder vereinzelt Männer und Frauen von anderen Kontinenten nach Europa gekommen. Sie fielen auf, weil ihre Hautfarbe nicht hell war. Schon 1508 porträtierte Dürer einen afrikanischen Kaufmann in Augsburg. Freigelassene afro-karibische Sklaven aus den dänischen Kolonien in der Karibik kamen im 18. Jh. über das dänische Wandsbek nach Hamburg und heirateten dort. Die erst spät – in den 1880er Jahren – besetzten deutschen Kolonien in Afrika führten nicht zu Zuwanderung. Anders die Entwicklung in Frankreich. Schon in der Zeit der Revolution war die Abschaffung der Sklaverei debattiert und beschlossen worden. An den Debatten in Paris waren Menschen aus der Karibik beteiligt. Napoleons Versuch der Wiederherstellung der Sklaverei auf Haiti endete im Desaster für die entsandten Truppen.

Spielfilme zum Thema Sklaverei und Unabhängigkeit:
"Queimada [1] " (1969, Film über Unabhängigkeitskrieg in Haiti) und "Sucre Amer [2] " (1998, Film über die Sklaverei in Guadeloupe). Textauszug aus Sucre Amer: "Peut-on dire à un être humain: "tu n'es plus libre, tu redeviens esclave"? Bonaparte l'a fait. Alors Ignace, charpentier nègre de la Guadeloupe, a pris les armes. Aujourd'hui, avec le recul de l'Historie, Sucre amer entend rouvrir le dossier de cet homme en imaginant un procès moderne en réhabilitation."

Quelle: links [3] / rechts [4]

Mit Entstehung des 2. Kolonialreiches kamen, anfangs vereinzelt, Menschen aus Südostasien und aus Nordafrika nach Frankreich. Schon vor 1914 arbeiteten Kabyles als ungelernte Arbeitskräfte (chargeurs de bennes) in den Bergwerken im Norden Frankreichs. In den Jahren des 1. Weltkrieges wurden die in und um Marseille lebenden Nordafrikaner paternalistisch betreut, konnten eine Moschee errichten, wurden aber von der Gesellschaft diskriminiert, vom Staat in Enklaven gedrängt, von den Gewerkschaften nicht unterstützt. Da im Krieg aber Arbeitskräfte dringend benötigt wurden, wurden dennoch neben Spaniern, Portugiesen und Griechen nicht-weiße Kontraktarbeiter angeworben: 240.000 Algerier (einschließlich der Soldaten), 55.000 Marokkaner und Tunesier, 50.000 Vietnamesen und 37.000 Chinesen sowie einige Tausend Madagassen. Die Kontakte zwischen in Europa kämpfenden Soldaten aus den Kolonien und den Kontraktarbeitern einerseits und klassenbewussten französischen Arbeitern andererseits bewirkten eine neues Ethno-Klassen-Bewußtsein. Bei Rückkehr brachten diese Veteranen sozialistische Ideen zurück in ihre Heimatregionen. In Conakry, Französisch-Guinea, waren es Remigranten, die 1918-19 eine Hafenarbeiterstreik anführten. In den Jahren zwischen den Kriegen kamen westafrikanische Seeleute nach Marseille, bildeten dort eine Enklave, die zunehmend Menschen aus der ethno-kulturellen Gruppe de Soninke und andere Arbeitsmigranten anzog.

Leopold Sédar Senghor und
Aimé Césaire,
zwei Eckpfeiler des Konzepts der Négritude:

 

 

 


Quelle: links [5] / rechts [6]

Da auch koloniale Eliten franzisiert werden sollten, konnten junge Männer an französischen Universitäten studieren. Leopold Sédar Senghor [7] , Aimé Césaire [8] und viele andere entwickelten in Paris ihr Konzept von négritude [9] , das Teil der Dekolonialisierungsbewegung wurde. Wie im 19. Jh. die Männer des europäischen Exils im Kontext französischer Ideen sozialrevolutionäre Konzepte entwickelt hatten, entwickelten nord- und westafrikanische sowie karibische Intellektuelle ihre Konzepte für souveräne post-koloniale Staaten.