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'Substantielle Beiträge zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU'
 
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Substantielle Beiträge zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU

Das „Weimarer Dreieck“ kann sich nicht darauf beschränken, sein Selbstverständnis aus einem „weichen“ Politikbegriff zu gewinnen, der die Zukunft des französisch-deutsch-polnischen Verhältnisses in der Europäischen Union allein aus den Ambitionen einer Stärkung der Zivilgesellschaften und ihren wechselseitigen Interaktionen bestimmen möchte. Vielmehr liegt der künftige Sinn des „Weimarer Dreiecks“, gerade nach der anstehenden polnischen EU-Mitgliedschaft, darin, den Zusammenhalt aller drei Partner bei der Entwicklung einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zu befördern. Dieses Thema ist aufgrund des unterschiedlichen Status, den Frankreich einerseits, Deutschland und Polen andererseits in der NATO genießen, nicht frei von Schwierigkeiten und möglichen Verwerfungen. Seit Ende der kommunistischen Herrschaft und der Überwindung der Parameter des Kalten Krieges war es das erklärte Interesse Polens, innerhalb der NATO den gleichen Status wie Deutschland zu erreichen. Mit dem Vollzug der polnischen NATO-Mitgliedschaft im April 1999 ist dieses strategische Ziel Polens erreicht. Deutschland hat seinen NATO-Status infolge der deutschen Wiedervereinigung nicht modifizieren müssen und befindet sich entsprechend in der gleichen Statussituation innerhalb der NATO wie Polen. Für Frankreich gilt dies nur eingeschränkt. Das zunächst nach Ende des Kalten Krieges von Frankreich erklärte Bemühen, wieder stärker in die Strukturen des Nordatlantischen Bündnisses zurückzukehren, hat entgegen ersten Hoffnungen und Erwartungen auf Seiten der anderen Bündnispartner, einschließlich der Vereinigten Staaten von Amerika, nicht zu allseits zufriedenstellenden Ergebnissen geführt. Der Status aller drei Länder im Nordatlantischen Bündnis bleibt unterschiedlich.

Abbildung 14:

Zu den wichtigen Themen des europäischen Integrationsprozesses gehört die gemeinsame Sicherheitspolitik der Mitgliedsstaaten der EU





Internet-Quelle

Um so notwendiger und sinnvoller ist es, im Rahmen des „Weimarer Dreiecks“ die gesamte Bandbreite der außen- und sicherheitspolitischen Interessenbestimmungen in den Blick zu nehmen und in einer Weise zu reflektieren, die es ermöglicht, der angestrebten und dringend benötigten Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union Substanz zu verleihen. Jenseits rhetorischer Kunstfiguren muss dieses zu konkreten Formen und Inhalten führen. Dabei steht die Frage eines künftigen polnischen WEU [1] -Beitrittes an, der sich schlüssig aus der EU-Mitgliedschaft Polens ergibt und zweifellos sowohl von Deutschland als auch von Frankreich begrüßt werden würde. Der durch das französisch-britische Gipfeltreffen vom Januar 1999 in St. Malo eingeleitete Prozess einer stärkeren Aktivierung Großbritanniens bei der Suche nach Grundlagen einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU hat positive Auswirkungen gehabt. Langfristig ist es von entscheidender Bedeutung, auf welche Weise das künftige EU-Verhältnis zur NATO beziehungsweise zu den Vereinigten Staaten von Amerika entwickelt wird. Notwendig ist eine gleichgerichtete Strategie und die Vermeidung von Doppelkapazitäten. Zugleich muss deutlich anerkannt werden, dass die militärstrategischen Kapazitäten der Europäer (Satelliten, Waffensysteme etc.) bislang völlig unzulänglich sind.

Abbildung 15:

Der unterschiedliche Status, den Frankreich, Deutschland und Polen in der NATO genießen, ist nicht frei von Schwierigkeiten

 

 

 

Internet-Quelle [2]

Nicht übersehen werden kann, dass der Kosovo-Krieg 1999 für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die künftigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine Zäsur bedeutet hat. Wechselseitig herrscht Übereinstimmung in der Wahrnehmung, dass die europäischen Staaten im Blick auf die Notwendigkeit der Definition und konsequenten Verfolgung gemeinsamer Strategien und Handlungsperspektiven einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU reifer geworden sind. Nicht nur in Deutschland laufen die Diskussionen realitätsbezogener und verantwortungsbewusster, seitdem das westliche Bündnis sowohl als Wertegemeinschaft als auch als strategische Allianz durch das rassistische und aggressive Vorgehen der serbischen Führung gegen die Kosovo-Albaner zu seiner größten Bewährungsprobe seit der Gründung der NATO 1949 herausgefordert worden ist. Durch die Folgerungen, die aus dem Kosovo-Krieg gezogen werden, wird der Prozess einer konsequenteren und kohärenteren Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union erkennbar aktiviert. Die drei Partner des „Weimarer Dreiecks“ haben eine besondere Verantwortung und eine wichtige Möglichkeit, diese Situation dazu zu nutzen, gleichgerichtetes Denken in strategischer und politischer Hinsicht zu entwickeln und zum Wohle der künftigen Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union voranzubringen.

Abbildung 16:

Der Weg zum Beitritt der 10 neuen Beitrittsstaaten zur EU

 

 

 

 

 

Internet-Quelle

Das „Weimarer Dreieck“ wird in bezug auf seine eigene Weiterentwicklung davon abhängen, welche Richtung die Entwicklung einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union nehmen wird. Sollte der in St. Malo Anfang 1999 angedeutete Ansatz einer stärkeren französisch-britischen Zusammenarbeit auf Deutschland ausgedehnt werden, so stellen sich folgende Fragen, die Auswirkungen auf das „Weimarer Dreieck“ haben: Vor allem geht es darum, ob die drei führenden Mächte der Europäischen Union – Frankreich, Großbritannien und Deutschland – sich selbst und damit auch andere wirklich aneinander binden werden. Bleibt es beim bilateralen oder trilateralen Konzert der Mächte (in der Kontaktgruppe um die USA und Russland erweitert), oder kann der von St. Malo ausgehende Ansatz zum Kern einer gesamteuropäischen Integration im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik werden? Ersteres würde zu einer stärker nationalstaatlich ausgerichteten staatenbündischen Orientierung führen, letzteres, von Deutschland favorisiert, von Polen unterstützt und von Frankreich als Ziel bekundet, müsste in letzter Konsequenz vor allem Wirkungen auf die Nuklearpolitik haben. Werden Polen und andere Staaten in die Entwicklung einer stärker akzentuierten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik nicht einbezogen, so bleibt ihnen keine andere Wahl, als sich stärker an den USA zu orientieren und damit den Vorwurf zu provozieren, sie würden eine europäische außen- und sicherheitspolitische Identität weniger favorisieren als die Fortsetzung der sicherheits- und militärpolitischen „Abhängigkeit“ von den USA. Es liegt an den europäischen Staaten selbst, ob und inwieweit sie eine eigene europäische außen- und sicherheitspolitische Identität entwickeln und diese in Anerkennung der fortgesetzten und gewünschten Existenz Amerikas als einer europäischen Macht organisieren.

Abbildung 17:

Reich und Arm in der Europäischen Union

 

 

 

 

 

 

 

Internet-Quelle

Schlüssel für eine gelungene Entwicklung der gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik in fortgesetzter Bindung an die bewährten transatlantischen Beziehungen ist die Herstellung eines konsistenten und kohärenten Institutionengefüges. Die institutionellen Fragen innerhalb der Europäischen Union und ihre Bemühungen um eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik werden in allen drei Ländern des „Weimarer Dreiecks“ durchaus als Problem definiert. Unterschiedlich stark akzentuiert und in der strategischen Zielsetzung interpretiert wird hingegen die Frage der institutionellen Dimensionen des Verhältnisses zwischen der EU und der NATO bzw. der EU/WEU und der NATO. Die institutionellen Probleme müssen benannt werden, ohne dass die Institutionendebatte zu einem Alibi verkommt, um eine inhaltliche Debatte über Zielsetzungen, Strategien und Mittel der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik weniger engagiert und zielgerichtet unter den Europäern führen zu müssen. Die Europäische Union muss sich in der Tat mit dem häufig von amerikanischer Seite geäußerten Vorwurf auseinandersetzen, sie diskutiere eher und lieber über Institutionenfragen als über Inhalte und Strategien. Die Entwicklung einer außen- und sicherheitspolitischen Diskussionskultur im Rahmen des „Weimarer Dreiecks“, wie sie durch die Möglichkeit einer regelmäßigen Konsultation der Verteidigungsminister des „Weimarer Dreiecks“ angelegt ist, darf sich weder in Institutionenfragen verflüchtigen noch hinter pathetischen Inhaltsdiskussionen den fehlenden Willen zur gemeinsamen Aktion kaschieren.

Abbildung 18:

Die Zusammenarbeit in NATO und EU und die unterschiedlichen Erfahrungen bei Auslandseinsätzen waren Thema bei dem Treffen der Verteidigungsminister Polens, Frankreichs und Deutschlands am 26.-27. September 2003 in Heiligendamm.


Internet-Quelle

Im Rahmen des „Weimarer Dreiecks“ herrscht offenbar Übereinstimmung in der Einschätzung der nützlichen Wirkung und anhaltenden Bedeutung, die aus dem bisherigen Prozess entstanden ist. Die Interessendivergenz, vor allem zwischen Frankreich, Großbritannien und Deutschland in bezug auf die jeweils nationale Politik und die multilateralen Politikansätze der Europäischen Union im Blick auf das auseinanderfallende Jugoslawien konnten über die Konstruktion der Kontaktgruppe überwunden werden. Das „Weimarer Dreieck“ wird die Inkonsistenz zu beantworten haben, die sich daraus ergibt, dass Polen der Kontaktgruppe nicht angehört, zugleich aber vom „Weimarer Dreieck“ Impulse für eine substantielle Weiterentwicklung der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union ausgehen sollen. Ob diese Quadratur des Kreises gelingt, wird zur vielleicht wesentlichsten Testfrage für die substantielle Zukunftsfähigkeit des „Weimarer Dreiecks“ werden.