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'Innenpolitischer Interessenausgleich und Ansprüche im Zuge der EU-Erweiterung'
 
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Innenpolitischer Interessenausgleich und Ansprüche im Zuge der EU-Erweiterung

Die Reform der Institutionen der Europäischen Union bedeutet vor allem, diese an die bevorstehende EU-Erweiterung anzupassen. Bereits heute wären polnische Diskussionsbeiträge zu diesen im Zusammenhang mit der nächsten Regierungskonferenz der EU stehenden Reformüberlegungen wünschenswert und hilfreich, um ein gleichgerichtetes institutionelles Denken zwischen den künftigen EU-Partnern zu befördern. Es ist unzulänglich, wenn im Blick auf die bevorstehende EU-Erweiterung alleine über Finanzierungsfragen miteinander gesprochen wird (wer muss wie hohe Beiträge wofür leisten?) oder die notwendigen Anpassungsverpflichtungen in Polen aufgrund der Vorgaben des Acquis communautaires statisch enumeriert würden; in diesem Zusammenhang bedarf es einer realistischen Definition der Anpassungsziele oder einer konsequent intensivierten Erhöhung der für die EU-Beitrittsstrategie zur Verfügung stehenden Mittel. Prinzipiell erkennt Polen die Übernahme des erreichten Integrationsstandes in der Europäischen Union an, sieht sich aber in Einzelbereichen, wie beispielsweise dem Umweltschutz, nicht dazu in der Lage, eine rasche Harmonisierung zu realisieren. Dies zwingt zu längeren Übergangsfristen, ohne gleichzeitig das möglichst schnell zu erreichende Ziel der EU-Erweiterung um Polen herauszuzögern.

In diesem Zusammenhang bedarf es vor allem der seriösen Erforschung und Auseinandersetzung mit jenen Fragestellungen, die zu Emotionalisierungen auf beiden Seiten der Grenze beitragen können. Vor allem gilt dies für die Problematik der Freizügigkeit der Arbeitskräfte, die auf Seiten der EU-Partner als auch auf Seiten der Kandidatenländer bisher im wesentlichen als eine Glaubensfrage thematisiert wurde. Bisher gibt es keine empirisch verlässlichen Untersuchungen über die wirklichen Integrationsauswirkungen der Einbeziehung Polens in die EU unter Anerkennung des Freizügigkeitspostulates.

Maßstab für eher hypothetische Erörterungen können allein jene Sachverhalte sein, die sich heute bereits im Sinne einer Migrationsentwicklung auswirken würden. Dazu wäre das Verhalten jener deutschstämmigen Polen vor allen Dingen im Raum Schlesien zu rechnen, die eine deutsche Staatsbürgerschaft erwerben können und damit das Recht auf Einwanderung nach Deutschland haben. Faktisch aber wandern die Schlesier trotz großer ökonomischer und sozialer Unterschiede nicht nach Deutschland aus. Nimmt man diesen Indikator als pars pro toto, ergibt sich folgende politische Einschätzung: Der Verbleib im Heimatland wird um so größer, je mehr sich die Potenziale einer positiven Entwicklung am polnischen Horizont abzeichnen. Da die Mitgliedschaft in der Europäischen Union selbst eine hoffnungsverheißende, die wirtschaftliche und soziale Entwicklung beschleunigende Maßnahme ist, ist nicht damit zu rechnen, dass ein großer und zu ängstlichen Sorgen berechtigender Migrationsdruck von Polen auf die westlichen Mitgliedstaaten, vor allem auf Deutschland, ausgelöst würde.

Abbildung 13:

Die Staaten des Schengener Abkommens.

(Grün eingefärbt sind die Staaten, die das SDÜ seit dem 26. März 1995 umsetzen, gelb sind diejenigen Staaten, die seit 1997 bzw. 2000 das SDÜ anwenden, blau sind diejenigen Staaten, die das SDÜ seit dem 25. März 2001 anwenden, rot (kaum erkennbar) die vier Drittstaaten, die aufgrund der Beitritte von Schengen-Staaten, zu denen sie keine Grenzkontrollen durchführen, de-facto-Mitglieder sind.)

Internet-Quelle

Im Rahmen des „Weimarer Dreiecks“ wäre es hoch an der Zeit, die doppelte Dimension des Migrationsproblems zu thematisieren und kompetente Forschungen auf den Weg zu bringen. Zum einen stellt sich das Migrationsproblem als Vermutung einer polnischen Migration vor allem nach Deutschland dar, zum anderen wird in Polen die Möglichkeit einer verstärkten Migration aus der Ukraine, Belarus und Russland über Polen nach Deutschland und Frankreich problematisiert. Die Mitgliedschaft Polens wird zur Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Abkommens im Sinne einer gemeinsamen Außengrenze der EU führen. Das künftige EU-Grenzregime im Osten Polens darf allerdings nicht gegen die Interessen und Wirkungen des Prinzips der übernationalen Offenheit dieser Grenzen ausfallen. Aus der prinzipiellen polnischen Haltung, die künftigen EU-Außengrenzen soweit als möglich für die östlichen Nachbarn offenzuhalten, könnten Interessenunterschiede zwischen Polen und den westlichen EU-Ländern erwachsen. Im Rahmen des „Weimarer Dreiecks“ sollte das Bewusstsein dafür gefördert werden, dass Polen im gemeinsamen europäischen Interesse eine eher auf Offenheit und Begegnung angelegte Grenzpolitik gegenüber seinen östlichen Nachbarstaaten verfolgen sollte. Das „Weimarer Dreieck“ könnte hier eine mäßigende Rolle auf die innenpolitischen Diskussionen in allen drei Ländern ausüben, um mehr Verständnis für die unterschiedlichen Positionen werben und gemeinsame Interessen beziehungsweise Handlungsstrategien ausloten.

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