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Perzeptionen und Strategien von Berlin
Deutschland konnte im Juni 2000 mit dem neuen Präsidenten an seine traditionell guten Beziehungen mit Russland anknüpfen. Nach dem ersten Treffen anlässlich der deutsch-russischen Konsultationen kam es zu weiteren Gesprächen zwischen Schröder und Putin anlässlich des G-8-Gipfels in Okinawa sowie anlässlich des Jubiläumsgipfels der UNO in New York.
Trotz der Bedeutung des persönlichen Kontaktes für das russische Diplomatieverständnis dürfte der deutsche Bundeskanzler jedoch geneigt sein, nicht in den Verdacht einer "Saunafreundschaft" zu geraten. Dieser Begriff wird von Experten der Freundschaft zwischen Boris Jelzin [2] und Helmut Kohl [3] zugeschrieben, bei der die persönliche Affinität des Bundeskanzlers zum russischen Präsidenten den Blick für die sich degradierenden russischen Staatsstrukturen verstellt habe.
Obwohl strategische und internationale Fragen immer mehr Raum im russisch-deutschen Dialog einnehmen, formulieren vor allem wirtschaftliche Interessen die deutsche Politik gegenüber Russland. Bereits zu Zeiten der UdSSR war die Bundesrepublik wichtigster Handelspartner, eine Stellung, an die seit 1992 gegenüber Russland wieder angeknüpft werden konnte. Mit einer Präsenz von 1800 deutschen Unternehmen in Russland, einer Gesamtschuld Russlands gegenüber Deutschland von 27,5 Milliarden US-Dollar sowie einer Deckung des deutschen Gasbedarfs zu 35 Prozent aus Russland (Tendenz steigend) besteht ein prioritäres deutsches Interesse an der Stabilisierung der für ökonomische Interessen wichtigen Rahmenbedingungen.
So steht Investitionsförderung im Vordergrund der russisch-deutschen Gespräche, die zur Einsetzung einer bilateralen "strategischen Arbeitsgruppe" geführt haben. Diese konnte bei ihrer konstituierenden Sitzung Ende Juli 2000 wichtige Fortschritte im Bereich der bereits 1999 angekündigten Umschuldung sowie der bereits im Juni angekündigten Wiederaufnahme der Hermes-Bürgschaften [5] erreichen.
Trotz und gerade wegen des starken wirtschaftlichen Interesses bleibt die deutsche Diplomatie jedoch grundsätzlich zurückhaltend gegenüber den innenpolitischen Entwicklungen in Russland. Zwar wurde auf dem Gipfel in Berlin von einer "bilateralen strategischen Partnerschaft" gesprochen, Staatssekretär Wolfgang Ischinger stellt jedoch in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (11.07.2000) eindeutig fest, dass Deutschland kein Interesse an Alleingängen in Sachen Moskau hat, sondern seine Politik vielmehr in die Strategie der EU sowie in die euro-atlantischen Strukturen einordnet. Ischinger hebt hervor, dass die USA in das neue Verhältnis zwischen Russland und Europa eingebunden werden sollten, was verdeutlicht, wie sehr für die deutsche Diplomatie ein strategisch-politischer Dialog die USA mit einschließen muss.
Links:
- [1]http://www.g8.fr/evian/index.html
- [2]http://de.wikipedia.org/wiki/Boris_Jelzin
- [3]http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/KohlHelmut/
- [4]http://spbmos.homestead.com/AmberRoom.html
- [5]http://www.bundesfinanzministerium.de/cln_03/nn_3792/DE/Internationale__Beziehungen/Hermes__Buergschaften/1790.html