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'Die Wiederentdeckung Vorderösterreichs in postnationalen Zeiten'
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Die Wiederentdeckung Vorderösterreichs in postnationalen Zeiten
Nach dieser kurzen Zwischenphase politisch erneut in Vergessenheit geraten, hat das frühneuzeitliche Territorium Vorderösterreich erst in den letzten Jahren wirkliches Interesse auf sich gezogen. In Ausstellungen, wissenschaftlichen Symposien, einschlägigen Katalogen und anderen historischen Präsentationen [1] wird gegenwärtig an der historischen Rekonstruktion Vorderösterreichs im Oberrheingebiet gearbeitet.
Diese Arbeit ist nicht leicht, fehlt es doch weitestgehend an bildlichen Darstellungen. Denn die Erinnerung an dieses Territorium ist nur ausnahmsweise visualisiert worden. Politisch nicht mehr präsent und historiographisch vernachlässigt, ist Vorderösterreich als Land deshalb nur schwer wieder ins Bewusstsein zurückzuholen. Seine historische Realität wird vor allem in den schriftlichen archivalischen Hinterlassenschaften frühneuzeitlicher Behörden greifbar, die sich aus verwaltungstechnischen, politischen und historischen Gründen bislang noch in österreichischen, schweizerischen, badischen, württembergischen, bayerischen, elsässischen, also regionalen, staatlichen und nationalen Archiven finden. Mit Blick auf die europäische Öffnung versuchen engagierte Archivare und an der Erforschung vorderösterreichischer Geschichte interessierte Historiker und Historikerinnen nun neuerdings die archivalischen Hinterlassenschaften Vorderösterreichs an einem Ort zu versammeln und so die bürokratische Wirklichkeit des 18. Jh.s wieder aufleben zu lassen. Die geplante Zusammenführung aller Vorderösterreich betreffenden Aktenbestände stößt aber auf Probleme, weil die nationalen bzw. länderspezifischen Ordnungen historisch-fachwissenschaftlicher Archive aus dem 19. Jh. nicht einfach aufgelöst werden können. Doch je besser sich die einzelnen Teile der verwaltungstechnischen Einheit "Vorderösterreich" im laufenden Forschungsprozess wieder zu einem Ganzen fügen lassen, desto mehr gewinnt Vorderösterreich an Konturen. Mit diesem Schritt findet Vorderösterreich zu einer verwaltungstechnischen Wirklichkeit zurück, die es schon in der Frühen Neuzeit gewesen ist. In der Zusammenführung bürokratischer und behördlicher Hinterlassenschaften rematerialisiert sich Vorderösterreich in buchstäblichem Sinne. Falls es glücken sollte, sämtliche vorderösterreichischen Aktenvorgänge wieder zusammenzufügen, wird die virtuelle Realität einer verwaltungstechnischen Fiktion des 18. Jh.s aktuelle Wirklichkeit. Vorderösterreich, das eine dichte Folge von Verwaltungsakten gewesen ist, gewinnt sein ursprüngliches Gefüge zurück und wird zu einem realen politischen Bezugspunkt.