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'La Défense: größtes Dienstleistungszentrum des Kontinents'
 
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La Défense: größtes Dienstleistungszentrum des Kontinents

Mit Blick auf die globale Bedeutung von Paris gebührt La Défense ein besonderes Augenmerk, eines jener international herausragende Planungsprojekte der Stadt, die den Anspruch einer zukunftsweisenden, durch ein hohes Maß hochspezialisierter Aktivitäten v.a. des Dienstleistungssektor geprägten Stadtentwicklung erheben.

Abbildung 14:

La Défense ordnet sich ein in die großen Entwicklungsprojekte, die seit den 1960er Jahren zu einer deutlichen Funktionsverlagerung aus dem Zentrum von Paris in die Randzonen geführt haben.

 

 

Internet-Quelle [1]

Die Entstehung von La Défense [2] ordnet sich ein in das Bemühen Frankreichs, die herausragende Stellung von Paris unter den Hauptstädten Europas zu demonstrieren. Tatsächlich handelt es sich um das größte Dienstleistungszentrum des Landes und eines der bedeutendsten, wenn nicht das bedeutendste des Kontinents (Pletsch ²2001). Über 1.500 Firmen mit rd. 150.000 Beschäftigten haben heute in La Défense ihren Sitz, darunter 14 der 20 größten französischen Wirtschaftsunternehmen bzw. 15 der 50 größten Konzerne der Welt. Der Jahresumsatz dieser Betriebe entspricht nahezu dem nationalen Budget Frankreichs. Rund 6,5% (über 3 Mio. qm) aller Büroflächen der Ile-de-France finden sich hier konzentriert, mehr als 400.000 Menschen nutzen täglich den Verkehrsknoten von Eisenbahn und Metro in der Station Grande Arche de la Défense. Mit Les Quatre Temps [3] verfügt La Défense über eines der größten Einkaufszentren Europas. Der Dôme Imax [4] mit einer Projektionsleinwand von 1.200 m² gilt derzeit als größtes Kino der Welt. Der Ruf von La Défense als eines der bemerkenswertesten lebendigen Kunstzentren der Welt beruht nicht nur auf der Tatsache, dass über 60 moderne Kunstplastiken internationaler Künstler in dem Viertel verteilt sind, sondern dass sich auch mehrere Museen mit internationalem Anspruch (z.B. das Musée de l'Automobile), die staatliche Ballettschule Ecole de Danse de l'Opéra de Paris [5] und andere Einrichtungen zur Ausbildung von Künstlern in La Défense befinden. Nicht zu vergessen ist dabei, dass heute in dem Viertel bereits mehr als 20.000 Menschen leben (sämtliche Zahlenangaben nach EPAD: Internet-Quelle 27.09.2003, s. Liste)

Abbildung 15:

Blick vom Triumphbogen auf La Défense

 

 

 

Aufnahme A. Pletsch, 2000

Abbildung 16:

Zentrum von La Défense mit CNIT und Miro-Skulptur

 

 

 

Aufnahme A. Pletsch, 2000

Ob Paris aufgrund dieser Superlative einen besseren Rangplatz unter den globalen Städten der Welt erreicht, seit dahingestellt, ebenso die Frage, ob sie ausreichen, die von den Franzosen so sehr gewünschte Spitzenstellung ihrer Hauptstadt in Europa zu sichern. Richtig ist, dass kaum eine andere europäische Stadt eine ähnliche Konzentration hochwertiger Dienstleistungen und postmoderner Urbanität aufzuweisen hat wie die französische Metropole in La Défense (Keeble 1997, S. 311).

Die Entwicklung von La Défense begann bereits Ende der 1950er Jahre. Seither sind rund 200 Gebäude entstanden, die von ihrer Gestaltung her ein wahres Architektur-Museum [6] darstellen und wo sich alle Facetten der modernen und postmodernen Architektur auf engem Raum nebeneinander finden. Hervorzuheben ist die funktionale Vielfalt, die sich im Verlauf der Entwicklung ständig ausgeweitet hat und die La Défense zu wesentlich mehr hat werden lassen als zu einer amorphen Bürostadt am Rande von Paris: Es ist heute der Kontrapunkt zu dem traditionellen Zentrum der Stadt, das in seiner musealen Fassade vielerorts Gefahr läuft, den modernen gesellschaftlichen Ansprüchen weit weniger zu entsprechen als dies in La Défense der Fall ist. Nicht zuletzt mag dies ein Grund für die jährlich rund zwei Mio. Touristen sein, die La Défense besuchen.

Abbildung 17:

Das Quartier d'Affaires von La Défense

 


Quelle: verändert nach EPAD:
Internet-Quelle (27.09.2003, s. Liste)

La Défense ist, neben Val d'Europe, ein besonders augenfälliges Beispiel der Schwerpunktverlagerung der ökonomischen Dynamik von der Kernstadt in die suburbanen Zonen. Die Entstehung des Viertels entsprach jedoch weniger einer Eigendynamik, sondern hing auch zusammen mit den nach wie vor gültigen Baubestimmungen, wonach im Bereich der Kernstadt (Paris in den Grenzen des heutigen Départment Seine) enge Auflagen hinsichtlich Bauhöhen, Geschosszahlen etc. bestehen. Außerhalb der Stadtgrenzen sind diese Auflagen flexibler, außerdem waren hier zumindest in den 1960er Jahren die Baulandpreise deutlich niedriger als im Kernbereich der Stadt. Die Besonderheiten des Planungsrechts in Frankreich, das dem Staat alle Rechte einräumt, wenn eine Maßnahmen von "öffentlichen Interesse" vorliegt, führte 1958 zur Einrichtung der überkommunalen Planungsbehörde EPAD [7] (Établissement public d'aménagement de la région de La Défense), deren Verwaltungsrat sich aus neun staatlichen Vertretern aus verschiedenen Ministerien sowie aus weiteren neun kommunalen und sonstigen gebietskörperschaftlichen Mitgliedern zusammensetzt. Während also in Val d'Europe mit EuroDisney SCA ein echter global player die Planungen in starkem Maße beeinflusst, ist in La Défense die richtungsweisende Rolle des Zentralstaats unübersehbar.

Abbildung 18:

Sektoren- und Verkehrsplan von La Défense 

 

 

 

 

 

 

Quelle: EPAD:
Internet-Quelle (27.09.2003, s. Liste)

Auf der Grundlage des Bebauungsplanes von 1964 wurde das rund 750 ha große Gebiet von La Défense in mehrere funktionale Sektoren untergliedert. Der östliche Teil wurde als Quartier d'Affaires definiert, also als Geschäfts- und Verwaltungszentrum, in dem seither gemischt Büro- und Wohneinheiten sowie Versorgungseinrichtungen der unterschiedlichsten Art verwirklicht wurden. Der westliche Teil wurde als Quartier du Parc ausgewiesen. Hier befindet sich heute u.a. der Parc André Malraux, benannt nach dem damaligen Kultusminister, dessen Handschrift gerade im Bereich der künstlerischen Gestaltung von La Défense unverkennbar ist. Die Untergliederung des Quartier d'Affaires erfolgte zunächst in 11 Sektoren, die sich beidseitig einer zentralen Achse anordnen und die die unmittelbare Fortsetzung der sog. voie triomphale darstellt. Inzwischen befindet sich ein 12. Sektor im Westen im Ausbau. Bemerkenswert in diesem Viertel ist die Verkehrsinfrastruktur mit der Anlage einer Ringstraße und einem weitgehend kreuzungsfrei geführten Netz von Zufahrtsstraßen zu den einzelnen Sektoren. Die Gesamtlänge des neu angelegten Straßennetzes umfasst 22 km Länge, von denen etwa ein Drittel unterirdisch verläuft.

Abbildung 19:

La Défense - Die Bürotürme der Versicherungsgesellschaft Société Générale, 1995 von den Architekten Michel Andrault und Pierre Parat erbaut, sind 38 Stockwerke bzw. 167 m hoch.

 

 

 

 

 

Internet-Quelle [8]

Von Beginn an war in La Défense auffällig, in wie starkem Maße Planungsentscheidungen Chefsache der französischen Staatspräsidenten gewesen sind. Hierin mag man das Bemühen nach Repräsentation erkennen, jedoch scheint sich mehr dahinter zu verbergen. Brücher (1997, S. 9/10) hat auf das Problem der Einfügung von Paris in das europäische Städtenetz hingewiesen. Um nicht den Anschluss an andere europäische Metropolen zu verlieren, bedurfte es in Paris eines Modernisierungsschubes im Bereich moderner Dienstleistungsinfrastruktur, dem man mit dem Ausbau von La Défense versucht hat, Rechnung zu tragen. Dies erfolgte ganz zwangsläufig auf Kosten der Idee einer funktionalen Dezentralisierung der Hauptstadtregion, die seit den 1960er Jahren eines der wichtigsten Ziele der französischen Raumordnungspolitik darstellte. In dem Moment, wo ersichtlich wurde, dass damit die Position von Paris national, vor allem aber international geschwächt werden könnte, wurden auf höchster Ebene Maßnahmen ergriffen, die eine solche Entwicklung verhindern sollten. La Défense ist das vielleicht augefälligste Ergebnis dieser Bemühungen.