- Politische Struktur, Zentralismus, Dezentralisierung
- Grenzüberschreitende Probleme und Kooperation
- Regionale Beispiele
- Paris und die Ile-de-France - Räumlicher Wandel im Bevölkerungs- und Wirtschaftsgefüge
- Das Selbstbild einer Stadt
- Metropole mit globaler Bedeutung seit 1500 Jahren
- Dienstleistungsspezialisierung als Standortvorteil
- Neue Urbanität an der Peripherie - Val d’Europe
- La Défense: größtes Dienstleistungszentrum des Kontinents
- Wettbewerb um die Vorrangstellung in Europa und um die globale Bedeutung
- Zitierte Literatur
- Vom Quartier Goutte d'Or in die Villes Nouvelles - Pariser Stadtentwicklung als Motor sozialräumlicher Differenzierungsprozesse
- Paris und Berlin - zwei Typen europäischer Metropolen
- Städtebau in Berlin und seine Ausstrahlung auf Paris 1900-1940
- Stadtsanierung und Revitalisierung am Beispiel von Paris-Bercy
'Die neuen Rahmenbedingungen der Agglomerationsraumentwicklung'
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Die neuen Rahmenbedingungen der Agglomerationsraumentwicklung
Die Verlagerung wirtschaftlicher Tätigkeiten von der Sachgüterproduktion zu den Dienstleistungen vollzieht sich in Europa zeitversetzt zu Nordamerika und kennzeichnet vor allem die urbane ökonomische Entwicklung der letzten zwanzig Jahre. Gegenwärtig arbeiten im Durchschnitt 75% der in den großen europäischen Agglomerationen versicherungspflichtig Beschäftigten im Tertiären Sektor, gleichzeitig sind aber auch Spitzenwerte der Dienstleistungskonzentration um bzw. über 90% zu beobachten (z.B. Luxemburg, Brüssel, Rotterdam, Amsterdam) (Paal 1999). Von dieser Entwicklung sind Innenstädte und suburbane Gemeinden gleichermaßen betroffen.
In Paris zeichnete sich bereits in den letzten Jahrzehnten eine deutliche Schwerpunktverlagerung der ökonomischen Dynamik von der Kernstadt in die suburbanen Zonen der Petite Couronne [1] und der Grande Couronne [2] ab (Paal 1996). Dieser Trend hat sich weiter verstärkt, wobei als Träger der Entwicklung sowohl die Tertiärisierung der Stadtökonomie als auch die Suburbanisierung von Dienstleistungen zu nennen sind. Gleichzeitig scheint sich der traditionell starke Einfluss zentralistischer Stadt- und Regionalplanung zugunsten der Interessen global agierender Unternehmen zu verringern.
Die Agglomeration von Paris liegt im europäischen Vergleich heute im Spitzenfeld überdurchschnittlich entwickelter Dienstleistungsmetropolen. Obwohl die Ile-de-France immer noch die französische Region mit den meisten Industriearbeitsplätzen (650.000) ist (Coy 2003), stieg der Anteil der Dienstleistungsbeschäftigten zwischen 1990 und 1999 von 75% auf 82% (INSEE 2002). Dabei ist das Wachstum der Beschäftigtenzahlen vor allem auf die Schaffung neuer Dienstleistungsarbeitsplätze in den Villes Nouvelles [3] Cergy-Pontoise und Marne-la-Vallée (Départements Val d'Oise und Seine-et-Marne) zurückzuführen.
Entwicklung der Beschäftigten in der Region Ile-de-France seit 1975
Département | 1.975,00 | 1.982,00 | 1.990,00 | 1.999,00 | Veränderung 1975-99 in % |
Paris | 1.918.060,00 | 1.807.952,00 | 1.815.345,00 | 1.600.815,00 | -16,60 |
Hauts-de-Seine | 737.065 | 724.992 | 786.693 | 810.226 | 9,9 |
Seine-Saint-Denis | 469.410 | 463.400 | 490.860 | 467.402 | -0,4 |
Val-de-Marne | 433.485 | 440.520 | 475.093 | 463.520 | 6,9 |
Petite Couronne | 1.639.960,00 | 1.628.912,00 | 1.752.646,00 | 1.771.917,00 | 8,0 |
Seine-et-Marne | 250.415 | 279.232 | 335.217 | 381.196 | 52,20 |
Yvelines | 374.815 | 410.308 | 465.308 | 497.657 | 32,70 |
Essonne | 263.430 | 311.228 | 375.615 | 392.548 | 49,00 |
Val-d’Oise | 227.830 | 267.112 | 331.843 | 373.839 | 64,00 |
Grande Couronne | 1.116.490,00 | 1.267.880,00 | 1.507.983,00 | 1.645.240,00 | 47,30 |
Ile-de-France | 4.674.510,00 | 4.704.744,00 | 5.075.974,00 | 5.041.995,00 | 7,8 |
Quelle: IAURIF/INSEE (1992, 2002): Atlas des Franciliens, APUR (2002)
Sie sind neben La Défense [4] , dem Flughafen Roissy-Charles de Gaulle [5] und dem Wissenschaftsstandort Saclay [6] die wichtigsten Wachstumspole des tertiären Sektors in der Ile-de-France. Ihre Dynamik ist unter anderem Resultat der Standortverlagerung von Unternehmen aus der Kernstadt in billigere Bürostandorte an der Peripherie. Galt noch vor wenigen Jahren vor allem der Einzelhandel (Verbrauchermärkte u.ä.) als Träger der Suburbanisierung der Wirtschaft, so treten mittlerweile auch jene Branchen den Weg an den Stadtrand an, die früher als typische Nachfrager innerstädtischer Büros galten. Es handelt sich dabei um Branchen, die nicht mehr in direktem Kontakt zu (Privat-)Kunden stehen, sondern ihre Dienste anderen Unternehmen anbieten bzw. als Back-office-Bereiche (z.B. Verwaltungstätigkeiten innerhalb des Finanz- und Versicherungswesens) aus den zentral gelegenen Stammhäusern ausgegliedert werden.
Die Ursachen für den Verbleib bzw. den Auszug von Unternehmen aus der Innenstadt sind vielfältig. Neben dem hohen Preisniveau [7] für Büromieten in repräsentativen Innenstadtlagen spielt auch der Flächenbedarf bzw. der Anspruch an die Ausstattung eine wichtige Rolle. Der teilweise Zusammenbruch des Pariser Büroimmobilienmarktes zu Beginn der 1990er Jahre, verursacht durch ein Überangebot nach uneingeschränkter Umwidmung von Wohnungen in Büros, hat gezeigt, dass Vermietungserfolge für den schlecht ausgestatteten Altbaubestand (z.B. Fehlen von Klimaanlagen) kaum mehr zu erzielen sind. Selbst in La Défense erreichen die Spitzenmieten lediglich zwischen 450 und 650 Euro/qm und Jahr - schließlich werden in etwas größerer Entfernung zum Zentrum bei gleichzeitig sehr guter Erschließung der Standorte durch das öffentliche Verkehrsnetz Büros bereits um 200 Euro/qm und Jahr angeboten.