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'Die ungleichen Ausgangslagen'
 
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Die ungleichen Ausgangslagen

Frankreich gehörte nach dem Zweiten Weltkrieg formell zu den Siegermächten und gründete diesen Status auf Rechtstitel und Faustpfänder: den ständigen Platz im Weltsicherheitsrat, eine vergleichbare Stellung in anderen UN Einrichtungen, eine Besatzungszone in Deutschland und Berlin sowie das Recht auf gleichberechtigte Mitsprache bei der Gestaltung des deutschen Schicksals. Der erste Regierungschef des von deutscher Besatzung befreiten Landes, General de Gaulle, zeigte sich entschlossen, diese privilegierte Stellung gegenüber dem besiegten Deutschland zu nutzen, um "diesmal endgültig" die Machtverhältnisse zwischen beiden Rivalen, auch "Erbfeinde" genannt, zu regeln.

Da er an einer vollen Unterstützung seiner Pläne durch die angelsächsischen Verbündeten zweifelte und ihnen auch seine Fähigkeit zu einer eigenständigen Außenpolitik beweisen wollte, legte er seine Überlegungen im Dezember 1944 in Moskau [1] Josef Stalin vor, konnte ihn aber nicht für seine Ziele gewinnen. Als er im Januar 1946 aus Verärgerung über die wieder erstarkten politischen Parteien und ihre Ansprüche von der Regierung zurücktrat, war er auch mit seinen Vorstellungen vom Rang und Einfluss Frankreichs in Europa und der Welt auf unüberwindliche Realitäten gestoßen.

Vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 fand die Potsdamer Konferenz statt. Die Siegermächte des 2. Weltkriegs (Frankreich blieb ausgeschlossen) berieten darüber, wie Deutschland künftig zu verwalten sei. Die wichtigsten Ergebnisse waren die Teilung Deutschlands und Österreichs in vier Besatzungszonen, auf die man sich zuvor in der Konferenz von Jalta geeinigt hatte, sowie auf die Teilung Berlins und Wiens in je vier Zonen und auf die Oder-Neiße-Linie als Grenzverlauf zwischen Deutschland und Polen. (Potsdamer Abkommen [2] )
 

Quelle: www.dhm.de/lemo/html/Nachkriegsjahre/DieAlliierteBesatzung/potsdamerKonferenz.html

Im Rat der Außenminister der Kriegsalliierten, der im September 1945 (10.09. 02.10.) in London tagte, trafen seine Forderungen, Deutschland betreffend, auf einmütige Ablehnung: Wiederherstellung souveräner deutscher Teilstaaten Bayern, Hessen, Sachsen, Thüringen, Mecklenburg usw., "die konföderieren können", Abtrennung des linken Rheinufers und des Ruhrgebiets, für die jeweils ein Sonderstatus gelten sollte, so "dass eine rechtsrheinische Organisation niemals etwas auf der linken Rheinseite zu suchen hat" und die Forderung, dass "die Ruhr internationalisiert wird" (Rouget 1998: 41). Die großen Verbündeten gingen formell noch davon aus, dass eine einheitliche deutsche Verwaltung ihr gemeinsames Ziel sei und sie sahen in den Vorschlägen für die linksrheinischen Gebiete verhüllte französische Annexionspläne. Für das Ruhrgebiet schufen die Westmächte vorübergehend eine internationale Verwaltung ohne sowjetische Beteiligung.

Eine der Fragen der Potsdamer Konferenz betraf die administrative Neugliederung Deutschlands (Länderneugliederung). Die Vorschläge Frankreichs, das selbst nicht an der Konferenz beteiligt war, wurden nicht akzeptiert. Stattdessen wurde die Unterteilung in die vier Besatzungszonen sowie die Festlegung der Oder-Neiße-Grenze gegen Polen, die schon auf der Konferenz von Jalta beschlossen worden waren, bestätigt.
    
Quelle: www.dhm.de/lemo/html/Nachkriegsjahre/DieAlliierteBesatzung/potsdamerKonferenz.html

Die schwache Stellung, die Frankreich im Kreis der Kriegsalliierten einnahm, wurde noch weiter belastet durch seine Bemühungen, das Kolonialreich wiederherzustellen. Aufstände in weiten Teilen der ehemaligen Kolonien, die schwersten in Algerien und Madagaskar, vor allem aber die Ausweitung einer Unabhängigkeitsbewegung in Indochina zu einem Krieg, der den Einsatz immer stärkerer Kräfte verlangte, ruinierten Frankreichs Finanzen und seine politische Glaubwürdigkeit.

Angesichts der Verschärfung der Ost-West-Spannung hatte sich in Frankreich zunächst eine neutralistische Strömung entwickelt. Sie fand auch Ausdruck in der Tendenz, Europa einen dritten Weltkrieg zu ersparen und der Pariser Diplomatie noch einen eigenen Spielraum, jedenfalls in Europa, zu sichern. Sie wirkte sich auch dahin aus, dass Frankreichs Besatzungspolitik eigene Wege ging und eine Vereinheitlichung der drei Besatzungszonen, ebenso wie eine gesamtdeutsche Verwaltung, ablehnte.

Deutschland 1945 – 1949, Informationen zur politischen Bildung, Heft 259, 1998, mit Beiträgen über: Kriegsziele der Alliierten; Errichtung der Besatzungsherrschaft; Infrastruktur und Gesellschaft im zerstörten Deutschland; Bestrafung der Schuldigen; Demokratisierung durch Entnazifizierung Erziehung; Ost-West-Konflikt und deutsche Teilung; Wirtschaftsentwicklung 1945-1949; Berlin – von der Viermächtekontrolle zur geteilten Stadt; Zwei Staatsgründungen auf deutschem Boden sowie zahlreichen Literaturhinweisen.
    
Quelle: www.bpb.de/publikationen/68H0SC,0,Deutschland_19451949.html

Die weltpolitische Entwicklung und die wachsende Abhängigkeit von den amerikanischen Krediten führten die französische Regierung dann 1947 und 1948 doch dazu, sich dem Kurs der beiden angelsächsischen Mächte in Deutschland anzuschließen. Die Stationen dieser Einordnung Frankreichs in eine gemeinsame Sicherheits- und Besatzungspolitik begannen mit einer gescheiterten Vier Mächte Konferenz der Außenminister im Mai 1947 in Moskau [3] und führten über die Organisation des Marshallplans [4] , und über eine "Londoner Erklärung der sechs Außenminister" (der drei westlichen Kontrollmächte und der Beneluxstaaten) vom Juni 1948, zur Gründung [5] der Bundesrepublik Deutschland (23. Mai 1949) und zur Bildung eines gemeinsamen Kontrollrats der drei Mächte, der seinen Sitz auf dem Petersberg bei Bonn hatte. Frankreich hatte während der Ausarbeitung des "Grundgesetzes [6] " für die neue Bundesrepublik seinen Einfluß auf den verfassungsgebenden "Parlamentarischen Rat [7] " vor allem in Richtung auf die Stärkung der Länder Souveränitäten zur Geltung gebracht.

Auf die letztlich schnelle Entwicklung des neuen (west)deutschen Staatswesens hatten wichtige Ereignisse im West-Ost-Verhältnis im Februar 1948 der kommunistische Umsturz in Prag und im Juni des gleichen Jahres der Beginn der Blockade [8] Westberlins einen großen Einfluß. Für viele Franzosen begann nun "die Gefahr aus dem Osten" nicht mehr am Rhein, sondern an der Elbe. Von den französischen Forderungen überlebten nur der inzwischen durch eine Zollunion halbwegs verwirklichte Anspruch auf das Saargebiet, dem die Angelsachsen ein gewisses Wohlwollen entgegenbrachten, und die Kohlelieferungen von der Ruhr, die vorläufig noch die Internationale Ruhrbehörde garantierte. Aber mit der Gründung der Bundesrepublik wurde diese Besatzungsbehörde unzeitgemäß. Die Verbündeten drängten Paris zu Vorschlägen für ihre Auflösung.

Die politische Gliederung Deutschlands nach 1949 und die drei Korridore nach Berlin.
    
Quelle: www.gymnasium.garching.de/san/2a/illu7f.htm

Unter dem Eindruck einer von Moskau ausgehenden Kriegsgefahr, die u.a. von der bis zum Mai 1949 dauernden Blockade Westberlins, dann vor allem aber ab Juni 1950 vom Krieg um Korea entfacht worden war, nahm dann die Eingliederung des neuen westdeutschen Staates in die westliche Staatengemeinschaft ein schnelles Tempo an. In Frankreich wie in anderen europäischen Ländern rückten, durch diese Entwicklung begünstigt, Gedanken und Projekte in den Vordergrund, die eine Zusammenfassung der Kräfte Europas zum Ziel hatten. Ziemlich früh stellte auch General de Gaulle [9] , der inzwischen eine "Sammlungsbewegung des französischen Volkes" (RPF [10] ) gegründet hatte und wieder zur Macht drängte, mit einer Rede in Bordeaux im September 1949 die Forderung auf: "Die Einheit Europas (muss) trotz allem die Deutschen einschließen", und zwar auf Grund "eines direkten Einvernehmens zwischen dem deutschen und dem französischen Volk [ ... ] ohne Mittelsmänner", d.h. ohne die USA (Rouget 1998: 41,129).