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Herodots Historien
Schon Anfang des 6. Jh. v. Chr. wurde der Raum zwischen Gibraltar und dem Schwarzen Meer als „Europa" bezeichnet, der Norden fehlte freilich noch ganz. Es spricht einiges für die Vermutung, dass die Perserkriege zu einer kulturellen Aufladung des Europa-Begriffes beigetragen haben. Es ging nicht mehr nur darum, Erfahrungs- und Lebensräume mit einem Namen in Unterscheidung zu anderen, in einer anderen Himmelsrichtung gelegenen Erfahrungs- und Lebensräumen zu kennzeichnen, sondern um das Aufeinandertreffen zweier Zivilisationen, genauer: um die Vorstellung, um das Bewusstsein von der Verschiedenheit der persischen und griechischen Kultur. Zu den wichtigsten diesbezüglichen Quellen der griechischen Antike, die über damalige Europavorstellungen Auskunft geben können, zählen Herodots (geb. ca. 484 v. Chr.) Historien (um 450 v. Chr.).
Herodots Europabegriff läßt sich nur aus den verstreuten, aber zahlreichen Einzelbemerkungen in den Historien rekonstruieren. Einerseits entwickelte Herodot einen sehr weit gefassten geographischen Begriff, so dass ihm Europa als viel größer denn Asien oder Libyen (Afrika) vorkam. Genauere geographische Kenntnis besaß er aber nur über einen Teil Griechenlands und Süditaliens. Sein geographischer Europabegriff war sehr weit, die kulturelle Aufladung beschränkte sich auf den griechischen Kulturraum. Er entwarf jedoch durch die Einwebung mythologischer Erzählungen eine kulturgeographische Grenze zwischen Griechenland alias Europa und Asien alias persischer Kulturbereich – eine Grenze, deren Überschreiten im Verständnis Herodots durch Griechen wie durch Perser jeweils mit dem Untergang der aufgebotenen Heere, mit dem Tod, bezahlt werden musste.
Zur Illustration dieser Grenze bedient sich Herodot auch der Erzählungen geraubter Frauen, mit denen die wechselseitigen Frevel ihren Anfang nahmen. Gleich im ersten Buch der Historien berichtet er von den Phöniziern, die gemäß der persischen Erzählversion nach Argos gekommen seien, um Waren feilzubieten; dabei hätten sie die Königstochter Io, Tochter des Inachos, geraubt und nach Ägypten gebracht. „Danach (…) seien einige Hellenen (…) in Tyros in Phoinikien gelandet und hätten die Königstochter Europa geraubt." (Herodot, Historien: I,1-2)
Quelle: Wolfgang Schmale: Geschichte Europas, Wien (UTB) 2001, S. 22f. (mit freundlicher Genehmigung des Böhlau-Verlages Wien)