- Föderalismus versus Zentralismus: Deutschland und Frankreich im Vergleich
- Vom gallischen "pagus" zur "région de programme" - Territorialpolitischer Wandel in Frankreich
- Vorbemerkung
- Die territorialen Grundlagen der zentralistischen Verwaltungsstrukturen
- Zentralismus als staatsorganisatorisches Leitprinzip
- Hauptstadt und Städtesytem - die armature urbaine
- Die Ambivalenz des aménagement du territoire
- Persistenz und Verselbständigung des Leitprinzips Zentralismus
- Dezentralisierung und Regionalisierung
- Französische Raumordnung und Europäische Union
- Anstatt einer Schlussbetrachtung: die Regionalisierung à la française macht einen weiteren Schritt nach vorn
- Bibliographie
- Grenzüberschreitende Probleme und Kooperation
- Regionale Beispiele
- Paris & Berlin - Hauptstadtporträts
'Historische Wechselwirkungen zwischen Zentralismus, Verkehr und Wirtschaft'
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Historische Wechselwirkungen zwischen Zentralismus, Verkehr und Wirtschaft
Die zentralistischen Entwicklungen und Strukturen führten zwangsläufig zu einer massiven Steuerung der Wirtschaft durch den Staat. Auch wenn dieser sich heute merklich zurückzieht, so ist ein kurzer Rückblick notwendig. Schon in der frühen Neuzeit hat die Krone versucht, die Wirtschaft in ihren Dienst zu stellen. Colbert, vielseitiger Minister Ludwigs XIV., wollte "das Königreich zum Wohlstand führen, indem man jeden einzelnen zum gelehrigen Ausführer der wirtschaftlichen Entscheidungen macht, die rational an der Spitze des Staates getroffen werden" (Peyrefitte 1976, S. 10).
Auch versuchte die Monarchie, über die Anlage von Häfen, Schiffahrtswegen und Manufakturen, alle mit dem Attribut royal, die Wirtschaft aktiv zu steuern und den Unternehmergeist anzustacheln - eine Konzeption in diametralem Gegensatz zur Förderung der freien Initiative in England oder den Niederlanden. In den unter Kuratel gestellten Städten konnte sich kein wirtschaftlich aktives Patriziat bilden, wie z.B. in Italien. Kontrolliert wurden auch Bergbau und Zünfte. Aus dem Merkantilismus leitet man den bis heute in Frankreich herrschenden Hang zum Protektionismus ab.
Abbildung 7:
Villeneuvette, ehemalige königliche Manufaktur bei
Clermont l'Hérault (Languedoc)
Internet-Quelle [1]
An der verspäteten und lokal begrenzten Industrialisierung in Frankreich tragen diese historischen Prozesse maßgeblich Schuld. Die Beaufsichtigung der Wirtschaft durch den Staat sollte nach dem 2. Weltkrieg sogar noch zunehmen, als man überzeugt war, Wiederaufbau und Wirtschaftswachstum seien nur mit Dirigismus zu erreichen. Über die zugleich etablierte sogenannte "semi-indikative Planwirtschaft" griff die öffentliche Hand entschieden stärker in die Marktwirtschaft ein als in anderen kapitalistischen Staaten. Colbertismus [2] spiegelt sich auch in den beiden Wellen von Verstaatlichungen, 1946 und 1982. Der Staat wurde zum wichtigsten Kunden und zugleich größten Lieferanten des Privatsektors. Dass es bis in die jüngste Zeit keinen Tätigkeitsbereich ohne Beteiligung öffentlicher Unternehmen gab (Chevallier 1979, S. 8), traf bezeichnenderweise nur für die Wachstums- und Schlüsselbereiche zu, nicht dagegen für Krisenbranchen.