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'Die Ambivalenz des aménagement du territoire'
 
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Die Ambivalenz des aménagement du territoire

Wir stehen damit vor einem dem zentralistischen Leitprinzip immanenten, unvermeidlichen Paradox: Einerseits ist die Überdimensionierung des Machtzentrums Paris bei den Machtträgern durchaus erwünscht, unerwünscht jedoch dieses gewaltige, konkurrierende Machtpotenzial außerhalb des Staatsapparates - wohlgemerkt: am selben Standort. In der Tat trennen weniger als drei km den Sitz des Staatspräsidenten (Elysée-Palast [1] ), des Premierministers (Hôtel Matignon [2] ) und verschiedene Ministerien auf der einen Seite vom Rathaus der Stadt Paris (Hôtel de Ville [3] ) auf der anderen. Denn die Ville de Paris wurde schon früh der mit Abstand bedeutendste und gefährlichste Machtpol - man denke nur an die blutig niedergeschlagenen Revolten [4] des Bürgermeisters Etienne Marcel [5] 1358 (den heute noch die Namen einer Straße und einer Metrostation ehren) oder der "Kommune [6] " 1871. Doch existiert das Leitprinzip abgehoben vom Raum, es formt ihn nur über zentralisierende Systeme, wie z.B. Verwaltung oder Verkehrswesen. Es ist dem Raum übergeordnet und darf niemals unter dessen Einfluss geraten bzw. mit ihm verwachsen - als Symbol baute Ludwig XIV sein Prunkschloss bewusst nicht in Paris, sondern in Versailles, in respektheischender Distanz zur Hauptstadt. Andererseits trägt gerade die Stärke von Paris zu der systemerhaltenden Schwächung des Raumes entscheidend bei, denn die Metropole mit ihren einmaligen Standortvorteilen entzieht dem Rest des Landes maßgebliche Kräfte.

Abbildung 10/11:

Revolten in Paris: Die Ermordung Etienne Marcels und die Pariser Kommune (Max. Luce)

Internet-Quelle (Abb. 10)
Internet-Quelle (Abb. 11)
[7]

Die von Natur und Mensch geschaffene innere Differenzierung des Landes fand in der planification nie Beachtung. Laut Pinchemel hat "Frankreich ... offiziell die Existenz von Disparitäten zwischen seinen Regionen, die Realität der regionalen Probleme ignoriert". Wenn überhaupt von einer "theoretischen Begründung" der Raumordnung die Rede sein könne, dann von der durchgehend "vorherrschenden Philosophie des aménagement du territoire, die auf der Idee der Gleichheit, des Chancenausgleichs zwischen den Regionen und auf der Suche nach einer 'geographischen Gerechtigkeit' beruhte" (1980, I, S. 233 f). Gerade die Zentralisierung aber bedingt jene räumliche Polarisierung zwischen Hauptstadt und Provinz und damit einen unüberwindbaren Widerspruch im Leitprinzip selbst: Die Zentralisierung führt unvermeidlich zur Hypertrophie der Metropole und muss konsequent die gleichzeitig dadurch entstandenen räumlichen Disparitäten mit raumordnerischen Maßnahmen bekämpfen.