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'Frankreich im europäischen Staatengefüge'
 
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Frankreich im europäischen Staatengefüge

All dies macht deutlich, wie stark Frankreich [1] durch die jüngere Entwicklung ein integrierter Teil Europas [2] geworden ist. Die Einführung des europäischen Binnenmarktes (1993) hat die Marktposition Frankreichs innerhalb Europas gestärkt. Viele Bereiche der französischen Wirtschaft haben erst durch die Einbindung des Landes in europäische Zusammenschlüsse die Dynamik entwickelt, die sie in den letzten Jahrzehnten gekennzeichnet hat. So war die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU mit ihren Förderungsmöglichkeiten (etwa des Europäischen Ausgleichs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft EAGFL [3] ) einer der Motoren für die Modernisierung der französischen Landwirtschaft. Im Industriebereich hat insbesondere der freie Waren- und Kapitalverkehr die französischen Unternehmen belebt. Die Folge waren höhere Investitionen, eine größere Kapitalkonzentration und ein höheres Maß an internationaler Verflechtung. Dies zeigt sich u.a. in der zunehmenden Bedeutung des Außenhandels mit Partnern der Europäischen Union, der von 51 % im Jahre 1980 auf 63,6 % in 1995 angestiegen ist.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass Frankreich den europäischen Einigungsprozess als ein wichtiges Instrument seiner eigenen Interessen versteht und dabei gerne auch auf seine eigene Rolle im Europäisierungsprozess seit dem Zweiten Weltkrieg hinweist. Eine besondere Bedeutung kam dabei stets der Achse Paris - Bonn zu, die bei jeder neuen Etappe des europäischen Aufbaus eine wichtige Rolle gespielt hat. Charles de Gaulle sprach gerne von der "Schicksalsgemeinschaft" der beiden Nachbarn, wenn er die Notwendigkeit des Bündnisses zwischen Frankreich und Deutschland betonen wollte, die er als Voraussetzung für das Entstehen eines "Europas der Vaterländer" betrachtete.

Aber gerade an diesem Punkt wird auch deutlich, daß Frankreich mit Europa auch seine Probleme hat. Die Frage des "Europa der Vaterländer" oder des "Europa der Regionen" ist der Leitfaden eines Konflikts, der den Franzosen tief ins Fleisch schneidet. Brücher (1997) hat sich gerade diesem Problem zugewandt und kommt dabei zu einer eher zurückhaltenden, um nicht zu sagen negativen Bewertung des Grundverständnisses, was Frankreich in vielen Bereichen dem Europagedanken entgegenbringt. Zwar wurden in den 1960er Jahren mit der Schaffung von Wirtschaftsregionen (régions de programme) wichtige Voraussetzungen für die Leitidee eines "Europa der Regionen" geschaffen, gleichwohl steht Frankreich damit in einem gewissen Widerspruch zu seinen eigenen Idealen eines unitaristischen Staates, an denen gemessen die Idee eines "Europa der Regionen" als blanke Provokation, als Angriff auf die Identität der französischen Nation verstanden wird (Brücher, 1997:10).

Man ist also gezwungen, immer genau hinzuhören, wenn in Frankreich von Europa die Rede ist, besonders von offizieller Seite. So auch in der Stellungnahme zur Europapolitik Frankreichs [4] durch Pierre Moscovici, den Minister für europäische Angelegenheiten wenn er sagt: "Einerseits ist das wirtschaftliche Europa mit der Einführung der einheitlichen Währung fast am Ziel angelangt. Andererseits wird Europa bald mit der Erweiterung in seinen geographischen Grenzen wiederhergestellt. Dies ist eine günstige Zeit, um das "europäische Modell" zu bestätigen, d.h. die einzigartige Verbindung von sozialem Zusammenhalt und wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit, von geteilten Hoheitsrechten und respektierter Identität. Dies ist für Europa und Frankreich eine historische Gelegenheit".