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'Marienerscheinungen in Marpingen'
 
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Auszug aus: Die Erscheinungen in Marpingen im Jahre 1876. In geordneter Reihenfolge nebst den damit zusammenhängenden Ereignissen zusammengestellt, Saarlouis 1877

Vgl.: David Blackburn, Wenn ihr sie wieder seht, fragt wer sie sei. Marienerscheinungen in Marpingen; Aufstieg und Niedergang des deutschen Lourdes, Reinbek bei Hamburg 1997.

Die Erscheinungen in Marpingen

Im Laufe des vergangenen Sommers verbreitete sich in nahen und weiten Kreisen die Nachricht, die gebenedeite Gottesmutter sei in einem in der Nähe des Dorfes Marpingen, im Kreise St. Wendel gelegenen Walde, dreien achtjährigen Kindern erschienen, und seien durch die heilige Jungfrau verschiedene Kranke auf wunderbare Weise von langen Krankheiten geheilt worden. ... Am Montag, den 3. Juli, einem überaus heißen Tage, zur Zeit des abendlichen Angelusläutens, befanden sich die 3 Kinder in dem geschilderten Härtelwald, um Heidelbeeren zu pflücken. ... Plötzlich schrie Susanna auf und rief ihre beiden Gefährtinnen herbei. Erschreckt und von Furcht gebleicht, traten sie sofort den Heimweg nach Susannas Elternhause an, sich von dem Geschehenen unterhaltend. Susanna erzählte nun der Mutter, wie sie eine weiße Frau mit weißem Schleier und weißem Gewand zwischen zwei Sträuchern sitzend und ein die Hände faltendes Kind auf dem Arme haltend gesehen. ... Am darauffolgenden Tage, Dienstag, den 4. Juli, fühlten die Kinder sich wieder mächtig nach der Stelle der Erscheinung des Tages vorher hingezogen. ... In ehrerbietiger Entfernung von ca. 20 Schritt knieeten sie nieder zum Gebete. Bei der dritten Wiederholung des Vater unser sahen sie, Susanna ausgenommen, die glänzende Erscheinung wieder, und zwar unmittelbar vor sich. Nunmehr stellten sie von aller Furcht entledigt aus eigenem Antriebe zwei das Wesen und das Begehren der Erscheinung betreffende Fragen, wer sie sei, und was sie von den Kindern verlange. Auf die erste Frage erhielten sie zur Antwort: „Ich bin die unbefleckt Empfangene", auf die zweite: „Ihr sollt beten." Dann machten sich die Kinder betend wieder auf den Heimweg. ...

Es handelt sich um die wunderbare Heilung des kranken Mannes Nicolaus Schorn aus Haustadt, im Kreise Merzig. ... Darüber veröffentlichte der Landrath zu Merzig unter dem 22. August d.J. in der „Merziger Zeitung" folgende Bekanntmachung: „Während der letzten Tage wurde im Kreise das Gerücht verbreitet, daß ein Mann aus Haustadt durch eine Wallfahrt nach Marpingen geheilt worden sei, der vorher weder habe gehen, noch sprechen können. Amtliche Ermittelungen haben ergeben, daß der betreffende Mann seit etwa 10 Jahren durch die Gicht an die Krankenstube gefesselt und hilflos gewesen ist. Die Fahrt nach Marpingen, sowie seine Waschung daselbst hatten eine kurzandauernde Besserung zur Folge. Sehr bald aber trat die frühere Hilflosigkeit in so hohem Maße wieder ein, daß man gestern sogar für sein Leben fürchtete. Die Anstrengung der Reise, sowie die ungewohnte frische Luft wird sowohl der Grund der scheinbaren Besserung als auch Ursache der jetzigen Verschlimmerung des Leidens gewesen sein. Viel leichtgläubige Landsleute haben sich durch die falschen Gerüchte von Heilungen in Marpingen bethören lassen und erhofften Gutes von einem Gange dorthin. Um diesen eine ganz nutzlose Reise und weitere Unannehmlichkeiten zu ersparen, mache ich hierdurch bekannt, daß jedes Betreten der sogenannten Gnadenorte ohne schriftliche Erlaubnis des Bürgermeistereiamtes Alsweiler bei Strafe verboten ist." ...

Die Gemeinde Marpingen wurde mit einer Auflage von 4000 Mark zur Bestreitung der durch die Heranziehung des Militärs sowie der zur Bewachung des Härtelwaldes bestellten Gendarmerie erwachsenen Kosten belegt, welche Umlage trotz des an den Oberpräsidenten der Rheinprovinz gerichteten Protestes durch den Bürgermeister auch ausgeführt wurde. Bald darauf erschien unter der Maske eines Reporters des „New Yorker Herald" ein Geheimpolizist von Berlin, quartirte sich in Marpingen ein und begann eine geheime Untersuchung gegen diejenigen Personen, die man für die Anstifter des ganzen „Marpinger Schwindels", wie die Sache von „liberaler" Seite genannt wurde, hielt. Erst suchte sich der betreffende Beamte in das Vertrauen der Geistlichen von Marpingen, Alsweiler und Heusweiler, sowie der 3 Kinder einzuschliichen und entpuppte sich kurz darauf als Polizist, bei einer Haussuchung, die unter seiner Leitung beim Pastor Neureuter in Marpingen vorgenommen wurde. An demselben Tage und in derselben Stunde wurde den Pastoren von Heusweiler und Alsweiler eine gleiche Haussuchung abgehalten. Am 27. Oktober wurde der Herr Pastor Neureuter von Marpingen und am 30. October der Herr Pastor Schneider von Alsweiler arretirt und in Untersuchungshaft abgeführt und am 9. desselben Monats die 3 Kinder in der Schule in Haft genommen und auf Grund eines vom Friedensgericht in St. Wendel erlassenen Urtheils nach Saarbrücken in eine protestantische Anstalt verbracht. Kurz nach der Verhaftung der Herren Geistlichen wurde das Betreten des Härtelwaldes, das bisher verboten war, wieder freigegeben. Bei der Verhaftung der Kinder konnten nur die Eltern von zweien derselben ihre Kinder noch sehen, während die abwesende Mutter des dritten Kindes dasselbe nicht mehr zu Gesicht bekam. Zu derselben Zeit, am 31. October, wurden noch sieben Personen verhaftet ...

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