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'Wechselvolle Zugehörigkeiten'
 
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Wechselvolle Zugehörigkeiten

Abbildung 5:

Die Schlacht auf den Spicherer Höhen

 

 

 


Internet-Quelle [1]

Einen wichtigen Einigungsschub brachte der deutsch-französische Krieg von 1870/71  [2] und die damit verbundene Reichsgründung. Im August 1870 führten örtliche Kommandeure die deutschen Truppen entgegen einem ausdrücklichen Befehl in eine aussichtslose Schlacht gegen weit überlegene französische Einheiten, die sich in unmittelbarer Nähe von Saarbrücken auf einer Anhöhe bei Spichern verschanzt hatten. Abgesehen von dem militärischen Misserfolg konnte die desorganisierte militärische Führung selbst die Versorgung der Kämpfenden und der Vielzahl von verwundeten Soldaten nicht sicherstellen. Stattdessen griffen Bürger aus Saarbrücken und seiner Umgebung ein und sorgten mit privaten Mitteln für Nachschub und medizinische Unterstützung. Nachdem die französischen Einheiten die Schlacht abgebrochen hatten, wurde die Schlacht bei Spichern sehr schnell nicht nur zum Sieg der deutschen Truppen, sondern quasi zum Sieg der Saarbrücker Bürger über den Feind im Westen umgedeutet. Schon kurz nach den Ereignissen setzte eine intensive lokale Aufarbeitung ein, wobei sich die Heldenverehrung insbesondere auf die Figur der "Schultze Kathrin" [3]  (Katharina Weissgerber) konzentrierte, die sehr bald legendäre Züge entwickelte. In der künstlerischen Umsetzung setzte sich nun endgültig die Feindschaft mit Frankreich und die Bindung an Deutschland als "richtige" Deutungen der Geschichte [4]  durch; spätestens der mit großem Aufwand öffentlichkeitswirksam inszenierte Besuch des Kaisers in Saarbrücken [5]  im Jahr 1904 koppelte die national-patriotische Emphase mit dem Bekenntnis zum Kaiserreich. 

Abbildung 6:

'Schultze Kathrin' alias Katharina Weissgerber. Während des Deutsch-Französischen Krieges half sie, verwundete Soldaten aus der Gefechtslinie zu bergen und zu versorgen.

Vgl. Annette Keinhorst, Schultze Kathrin. Eine polemische Saarbrücker Spurensuche, in: Petra Messinger u. Annette Keinhorst (Hg.), Die Saarbrückerinnen. Beiträge zur Stadtgeschichte, St. Ingbert 1998 (= Geschichte, Politik & Gesellschaft. Schriftenreihe der Stiftung Demokratie Saarland 2), S. 349-354

Das mit Spichern quasi vorweggenommene "August-Erlebnis" [6]  stand in scharfem Kontrast zu den regionalen Auswirkungen der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg. Im Zuge der Friedensvertragsverhandlungen [7]  wurde erstmals ein "Saargebiet" als völkerrechtliche Einheit definiert und für einen Zeitraum von 15 Jahren unter Verwaltung des Völkerbundes gestellt. Diese Herauslösung der Saar aus Deutschland bildete die administrative Grundlage dafür, dass Frankreich im Rahmen der Deutschland auferlegten Reparationszahlungen das Eigentum am Steinkohlenbergbau an der Saar zugesprochen wurde. Damit sollte die Zerstörung der nordfranzösischen Kohlegruben durch das deutsche Militär ausgeglichen werden. Ähnlich wie die Regelung der Kriegsschuldfrage die internationalen Beziehungen der Zwischenkriegszeit stark belastete, bedeutete auch die Abtrennung der Saar von Deutschland eine starke Belastung für die Möglichkeiten, die Saarfrage in den 20er Jahren auf internationaler Ebene einer Regelung zu unterziehen. Durch die wirtschaftlichen Bestimmungen erfuhr die Saarfrage sogar eine Bedeutungserweiterung: Mit der Rückbindung an die Reparationsleistungen war die Saarfrage ein auch wegen seines ökonomischen Wertes umstrittenes Gut geworden. Letztlich war sogar die Abgrenzung des Saargebietes [8]  primär nach den Erfordernissen der Schwerindustrie erfolgt. Damit entwickelte sich die Auseinandersetzung um die Saar zwischen Deutschland und Frankreich auch zu wirtschaftlichen Konflikten.