- Politische Struktur, Zentralismus, Dezentralisierung
- Die Saarfrage in historischer Perspektive
- Grenzraum Saar-Lor-Lux - eine Modellregion für Europa?
- Wirtschaftsbeziehungen im saarländisch-lothringischen Grenzraum
- Grenzregionen zwischen Frankreich und Deutschland: Das Beispiel des Elsass und der Oberrheinregion
- Vorbemerkung
- Starke räumliche Konzentration der Immobilienkäufe
- Sozialstrukturelle Merkmale der deutschen Zuzügler
- Die Neubürger zwischen Integration und Ausgrenzung
- Sorge um elsässische Identität und nationale Souveränität
- Zukunftsperspektiven
- Zusammenfassung
- Bibliographie
- Kapitalverflechtungen im europäischen Integrationsprozess, dargestellt am Beispiel der elsässischen Oberrheinregion
- Energie und Umwelt in Frankreich und Deutschland
- Regionale Beispiele
- Paris & Berlin - Hauptstadtporträts
'Niedrigere Immobilienpreise als Hauptzuzugsmotiv'
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Niedrigere Immobilienpreise als Hauptzuzugsmotiv
Das Interesse der deutschen Käufer richtet sich in der Regel auf Einfamilienhäuser für die Eigennutzung. Während die Zahl der individuell errichteten Neubauten in den letzten Jahren stabil blieb, nahm der Erwerb von bezugsfertigen Wohnimmobilien zu, weil sich damit gerade für Ausländer kompliziert erscheinende Formalitäten vermeiden lassen. Zu über 80 % sollen Deutsche und Schweizer jedoch nicht neue Gebäude oder Baugrundstücke, sondern Altbauten erwerben. Diese Immobilientransaktionen kämen überwiegend durch persönliche Kontakte zwischen elsässischen Grenzgängern und ihren deutschen und schweizerischen Arbeitskollegen zustande (Deutsch-französisch-schweizerische Oberrheinkonferenz [1] 1999: 43). Eigentumswohnungen spielen bei den Käufen (außer in der Agglomeration Straßburg) nur eine geringe Rolle, landwirtschaftliche Nutzflächen tauchen bei den Transaktionen nur in ganz geringem Maß auf.
Während im deutschen Nachbargebiet ein Mangel an erschwinglichen Wohnungen und Bauland herrscht, besteht in Ostfrankreich noch ein breites Angebot. Entsprechend klaffen die Preise auseinander, besonders stark zwischen den Hochpreisräumen Freiburg und Karlsruhe und den noch eher ländlich geprägten elsässischen Gebieten längs des Rheins. In Südwestdeutschland liegt das Preisniveau für Wohnimmobilien schon seit Jahrzehnten deutlich über dem Bundesdurchschnitt, der Freiburger Raum gehört zu den teuersten Gebieten. Sowohl Bauland als auch Gebäude werden im Elsaß und in Ostlothringen zu 30-50 % niedrigeren Preisen als in Baden und im Saarland veräußert. Für ein Grundstück in einem elsässischen Neubaugebiet betrug i. J. 2000 der Preis 64 €/m², in Baden-Württemberg dagegen 151 €/m² (Schmitt/Wahl 2002, 7). Obendrein liegen in Deutschland die Baukosten bei gleichem Ausführungsstandard um rund 20-25 % höher. Zu den finanziellen Vorteilen zählen außerdem die Lebenshaltungskosten (u.a. keine Kirchensteuer, niedrigere Einkommens-, Lohn- und Grundsteuersätze). Freilich gilt dies nicht uneingeschränkt: Rund 50 % der Besteuerung entfallen in Frankreich auf indirekte Steuern, was die Bezieher niedrigerer Einkommen überdurchschnittlich belastet.
Für fast drei Viertel der Neusiedler im Oberelsaß standen die finanziellen Vorteile eines grenzüberscheitenden Wohnortwechsels an erster Stelle. Ein weiteres Motiv für die grenzüberschreitende Wohnortwahl bildete die Erwartung einer anderen Mentalität und Kultur. Neben dem Reiz eines anderen Lebensstils - die Elsässer seien toleranter, hilfsbereiter und (gast-)freundlicher, das Leben im Elsaß entspannter, erholsamer, weniger anstrengend - sind es ebenso die weniger "städtisch" geprägte Umgebung und eine ruhigere Wohnlage, die zu einem grenzüberschreitenden Wohnortwechsel anregen. Da die Wohnortwahl im ländlichen Raum gleichbedeutend ist mit niedrigeren Immobilienpreisen, läßt sich nicht beurteilen, ob die grenzüberschreitende Sub- bzw. Desurbanisierung völlig losgelöst von wirtschaftlichen Erwägungen verläuft. Wahrscheinlich liegt eine Koppelung mehrerer Motive vor. Ebenso ist aber auch anzunehmen, daß der doch folgenschwere grenzüberschreitende Wohnortwechsel nicht allein vom wirtschaftlichen Kalkül diktiert wird. Berufliche Gründe waren schließlich bei rund 5 % der Zuzügler ausschlaggebend.
Im Gegensatz zu anderen Zielen zeigen sich im südlichen Elsaß keine distanz- und altersspezifischen Unterschiede bei den Wanderungsmotiven. Grundsätzlich überwiegt bei den deutschen Neubürgern nicht eine sozialbezogene, sondern eine raumbezogene Identität: Nicht die Elsässer interessieren, sondern die niedrigeren Immobilienpreise und die Qualität des Wohnumfeldes.