- Kulturelle und territoriale Vielfalt bis zum Zeitalter der Revolution
- Von den verachteten "Fröschefressern" zu den "besten Deutschen": Zur Geschichte der Hugenotten in Deutschland
- Migrationen und kultureller Austausch seit 1815
- Wirtschaftliche Migration, politisches Exil und soziale Kritik: Deutsche in Paris im 19. Jahrhundert
- Einleitung
- Ethnische Minderheiten in peripherer Anordnung
- Etappen der sprachlichen Homogenisierung
- Regionalsprachen, Regionalkulturen, Regionalismus
- Immigranten - ethnische und regionale Aspekte
- Anwerbung von Immigranten im Zeitalter der Industrialisierung
- Rassismus und Ausländerhass als politische Reaktionen
- Zusammenfassung
- Literatur
- Einwanderung und Probleme der Integration in Deutschland seit 1960
- Laizität und Religionen im heutigen Frankreich
- Gesellschaftsvergleiche
- Das Jahr 1968 und die Folgen
- Begegnungen im Alltag
'Fast 40 Prozent der Ausländer leben in der Hauptstadtregion'
Sie sind hier: Deuframat > ... > Fast 40 Prozent der Ausländer leben in der Hauptstadtregion
Fast 40 Prozent der Ausländer leben in der Hauptstadtregion
Naturgemäß gibt es hinsichtlich der regionalen Verteilung der Ausländeranteile große Unterschiede. Sie sind teilweise schon historisch angelegt und stehen im Zusammenhang mit der Immigration seit Mitte des 19. Jahrhunderts. In den Industrierevieren des Nordens finden sich seither stets hohe Ausländeranteile. Vor allem nach der Entkolonisierung der nordafrikanischen Länder stiegen die Anteile von Immigranten aus den Maghrebländern in der südlichen Landeshälfte drastisch an. Im Westen des Landes sind die Ausländeranteile demgegenüber traditionell niedrig.
Der größte Anteil der Ausländer lebt indessen in der Hauptstadtregion. Nach dem letzten Zensus (1999) wurden allein in der Ile-de-France 40 % aller Ausländer Frankreichs registriert. Ebenfalls hohe Konzentrationen weisen die Regionen Rhône-Alpes (11 %) und Provence-Alpes-Côte d'Azur (10%) auf, so dass allein auf diese drei Regionen rund 60 % der französischen Ausländerbevölkerung entfallen. Demgegenüber liegt der Anteil in den westlichen Regionen deutlich unter dem Landesdurchschnitt, namentlich in der Bretagne, den Pays de la Loire und in der Basse-Normandie (alle unter 2,5 %). Zu den auffälligen Merkmalen zählt auch, dass die ausländische Bevölkerung ganz überwiegend in Städten lebt. Nur drei Prozent von ihnen sind in ländlichen Gemeinden registriert (Angaben nach INSEE-Première 748, 2000: 2). Aber auch innerhalb der Städte ergibt sich keine gleichmäßige Verteilung. Vielmehr sind deutliche Tendenzen einer Gettoisierung zu beobachten, die teilweise das Ergebnis einer selbstgewollten Abschottung gegen die französische Bevölkerung ist, jedoch ist mindestens in gleichem Maße auch die Ausgrenzung dieser Bevölkerung Grund für räumliche Verteilungsmuster, die weit davon entfernt sind, das Bild einer gesellschaftlichen Integration der Ausländer in die französische Gesellschaft zu vermitteln.
Ausländische Bevölkerung in der Ile-de-France nach nationaler Herkunft
Nationalität | 1990 absolut | 1999 absolut | Anteil mit Französischer Nationalität (1999) | ¢ Alter (1999) | Erwerbsquote (1999) | |
Gesamt | Frauen | |||||
Portugiesen | 304 811 | 272 239 | 23,8 | 38,8 | 81 | 75,5 |
Türken | 40 795 | 51 238 | 22,5 | 28,9 | 64,6 | 46,7 |
Spanier | 59 572 | 44 253 | 47,1 | 50,8 | 73,7 | 69,7 |
Italiener | 50 997 | 43 166 | 53,4 | 52,5 | 69,3 | 59,4 |
Jugoslawen | 32 086 | 28 215 | 39,3 | 42,5 | 72,2 | 68,3 |
Sonst. Europa | 88 454 | 97 315 | 49 | 38,5 | 67,9 | 60,5 |
Algerier | 238 955 | 190 967 | 26,1 | 43,9 | 65,1 | 50,4 |
Marokkaner | 155 674 | 145 903 | 34,2 | 34,9 | 62,4 | 47,7 |
Tunesier | 75 965 | 59 643 | 47,3 | 34,9 | 65,6 | 45,3 |
Sonst. Afrika | 154 877 | 187 749 | 33,2 | 31,3 | 71,1 | 61,2 |
Südostasien | 52 850 | 28 925 | 70,2 | 39,7 | 72,7 | 63,2 |
Sonstige | 122 380 | 151 773 | 35,8 | 32,9 | 64,5 | 53,3 |
Gesamt | 1 377 416 | 1 301 386 | 36,4 | 37,7 | 70 | 59,7 |
Franzosen zum Vergleich | 36,7 | 73,1 | 69,5 |
Quelle: zusammengestellt aus Simon 2001: Tab. 4 und 5.
Die Verhältnisse in der Ile-de-France zeigen dies deutlich. Die absolute Zahl der ausländischen Bevölkerung betrug hier 1999 1,3 Mio., d.h. rund 11,9 % der Gesamtbevölkerung. Dabei ergibt sich eine deutliche regionale Schwerpunktbildung entsprechend der ethnischen Herkunft. So konzentriert sich vor allem im nördlich von Paris gelegenen Dépt. Seine-St-Denis, aufgrund seiner schwierigen wirtschaftlichen Situation (Altindustriegebiet) eines der Problemgebiete der Hauptstadtregion, insbesondere die algerische Immigrationsbevölkerung. In Kommunen wie La Courneuve, Saint-Denis, Bobigny oder Bagnolet beträgt ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung über ein Viertel, teilweise sogar ein Drittel. Auch Villetaneuse, Saint-Ouen, Aulnay-sous-Bois weisen hohe Anteile von Maghrebinern aus (hier etwa gleiche Anteile von Algeriern und Marokkanern), während Schwarzafrikaner z.B. in Le Bourget, Rosny-sous-Bois oder Montreuil, die Türken in Clichy-sous-Bois und in Montfermeil mit besonders hohen Anteilen vertreten sind. Innerhalb des Stadtgebietes von Paris konzentriert sich die asiatische Bevölkerung im 1., 2. und 10. Arrondissement, Schwarzafrikaner bilden im 18. und 19. Arrondissement bedeutende Minderheitengruppen, die Beispiele ließen sich fortsetzen…
Es zeigt sich, dass große Unterschiede hinsichtlich der sozialen und wirtschaftlichen Integration der verschiedenen Ethnien bestehen. Insbesondere die Immigranten aus den nordafrikanischen Ländern stellen vielerorts Problemgruppen dar, nicht nur im Großraum von Paris. Das hat zu einer deutlichen Polarisierungen zwischen französischer und ausländischer Bevölkerung geführt, die allzu häufig auch rassistische Untertöne annehmen und regional immer wieder zu handfesten Auseinandersetzungen führen. Die Unruhen zu Beginn der 1980er und 1990er Jahre haben nicht nur in den Vorstädten von Paris das Ausmaß von regelrechten Straßenschlachten angenommen. Sie haben die Probleme mit den Ausländern in das öffentliche Bewusstsein gerückt, haben deutlich werden lassen, dass Frankreich zu einem sozialen Brennpunkt geworden ist, dessen Attribute u.a. Arbeitslosigkeit, Ausgrenzung, Armut, Einwanderung, Rassismus, Ausländerhass, Gewalt und Terror sind. Loch (1999: 118) schreibt hierzu: "Auch wenn inzwischen ein Gewöhnungseffekt eingetreten ist, bleiben die Vorstädte ein Dauerthema der Medien. Dabei werden die Probleme auf die Einwandererjugend maghrebinischer Herkunft zugespitzt, obwohl ein Charakteristikum der französischen Vorstädte gerade darin besteht, dass ihr Bevölkerung ethnisch heterogen zusammengesetzt ist und die sozialen Probleme auch viele Franko-Franzosen betreffen."