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Einleitung

"Die Tage, in denen ein deutsch-französischer Gegensatz auf historiographische Diskussionen um das Elsaß durchschlug, sind ebenso vergangen, wie die anklagenden, rechtfertigenden und selbstkritischen Darstellungen, die sich aus ihnen ergaben, daher an durchgängigem Interesse eingebüßt haben." Wilfried FORSTMANN, 1982 [1]

Ziel dieser Übersicht ist es, für den Zeitraum der letzten 25 Jahre die wesentlichen Forschungstendenzen in Bezug auf die Annexion des Elsass und Lothringens durch Deutschland 1871 und deren wesentliche Folgen zu benennen. Zu diesem Zweck wurde die einschlägige deutsche und französische Forschungsliteratur aus der entsprechenden Zeitspanne herangezogen. Ein umfassender Vergleich der aktuellen mit älteren Forschungstendenzen war dabei nicht beabsichtigt.
Wesentliche Aspekte der Geschichte der Annexion des Elsass und Lothringens und seiner Zugehörigkeit zum Deutschen Reich als "Reichsland" von 1871 bis 1918 haben in der deutschen und französischen Geschichtsschreibung naturgemäß recht unterschiedliche Bewertungen erfahren. Daher soll das hauptsächliche Interesse im Weiteren den Antworten der jüngeren Forschung auf folgende zentrale Fragestellungen gelten:

  1. Welche Beweggründe führten auf deutscher Seite zur Annexion? Sind im übrigen elementare Unterschiede in den Absichten der deutschen Entscheidungsträger auszumachen? Und insbesondere: Welche Haltung nahm Bismarck zur Annexionsfrage ein?
  2. Welche Einstellung legte die Bevölkerung des Elsass und Lothringens mit der Zeit gegenüber Deutschland an den Tag? War und blieb sie in ihrer Mehrheit Deutschland fremd oder arrangierten sich die Elsässer und Lothringer bis 1918 weitgehend mit der Tatsache, dass sie zum Deutschen Reich gehörten?
  3. Ist in der Annexion des Elsass und Lothringens 1871 ein wesentlicher Grund für das von Spannungen geprägte deutsch-französische Verhältnis in den Jahrzehnten vor 1914 und damit letzten Endes auch für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs zu sehen?


Zum Aufbau: Es folgt ein Überblick über die wichtigsten Antworten der letzten 25 Jahre hinsichtlich der gestellten Fragen, und zwar nicht getrennt nach deutscher und französischer Historiographie, sondern anhand der drei entwickelten Themenbereiche. Dabei wird selbstredend auch der Frage nachzugehen sein, ob es heute noch signifikante Unterschiede zwischen der deutschen und französischen Interpretation der Reichslandzeit gibt. Im bibliographischen Anhang sind bei einigen der wichtigsten Titel entweder die wesentlichen Passagen zur Elsass und Lothringen-Frage wörtlich oder - wo sich dies aus Platzgründen verbat - in Form einer Zusammenfassung wiedergegeben.

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