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Die Geschichte des Chemie- und Pharmakonzerns Rhône-Poulenc

Die Geschichte von Rhône-Poulenc lässt sich bis Anfang des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen. Das Unternehmen Rhône-Poulenc ist aus der Fusion zweier Unternehmen, der Société chimique des Usines du Rhône (S.C.U.R.) und der Société Poulenc Frères, entstanden. Die S.C.U.R. entstand aus einem Handelsunternehmen für chemische Produkte. Die Investitionstätigkeit verschiedener Personen und die Entwicklung der chemischen Industrie weltweit führten schließlich dazu, dass das Unternehmen Gilliard, Monnet et Cartier 1869 mit der Produktion des Farbstoffes Fuchsin anfing und diesen Bereich kontinuierlich ausbaute. Dieses Unternehmen fand, ähnlich wie auch Hoechst (ehemals "Farbwerke" (siehe oben) und viele andere Unternehmen in jener Zeit, über die Farbenproduktion den Einstieg in die Chemieindustrie. 1895 wurde Gilliard, Monnet et Cartier in die Aktiengesellschaft "Société chimique des Usines du Rhône" umgewandelt. Etwa zur gleichen Zeit entwickelte sich das Unternehmen, welches 1858 als Société Wittmann et Poulenc Jeune gegründet worden war. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Unternehmen Poulenc Frères und Société chimique des Usines du Rhône fusionierten schließlich 1928 zur Société des Usines chimiques Rhône-Poulenc (S.U.C.R.P.) (Cayez 1988: 108f). Im Jahr 1961 wurde das Unternehmen in die Holding Rhône-Poulenc S.A. umgewandelt (Cayez 1988: 219).

Im Laufe der Jahre erweiterte und veränderte sich die Produktpalette der beiden Unternehmen. Beide waren seit der Gründung im Bereich der Farbenproduktion tätig. Aber schon Ende des 19. Jahrhunderts begann man mit der Herstellung von Basisstoffen und synthetischen Farbstoffen. Zu dieser Zeit entwickelte Prosper Monnet auch ein Verfahren, wie das natürliche Aroma der Vanille durch Synthese konzentriert werden konnte. Das neue Produkt (Vanillin) gehört heute noch zu einem der wichtigsten Produkte des Unternehmens (Cayez 1988: 25; Gambrelle 1995: 84).

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Farbstoffproduktion komplett gestoppt und man stieg in die Pharma- und Faserproduktion ein (1908 Produktion von Aspirin, 1910 Viscose) (Cayez 1988: 95). Weitere wichtige Produkte des Unternehmens waren z.B. Nylon (1939), Penizillin (1943) und Silikon (1953). Viele dieser neuen Produkte sind keine eigenen Innovationen. Das Unternehmen verstand es, gezielt Patente einzukaufen, strategische Allianzen einzugehen sowie andere Unternehmen einzubinden, und so die Produktinnovationen für sich zu nutzen. Zu den eigenen Produktinnovationen gehören vor allem Vanillin und "lance-parfum [1] " (Cayez 1988: 25, 51; Gambrelle 1995: 87). Dabei handelt es sich um ein Parfum, welches in einer kleinen Sprühflasche vermarktet wurde. Innovativ war die Größe und die Bedienung des Flakons. Das Parfum konnte jederzeit an jedem Ort angewendet werden und erreichte aufgrund dieser Eigenschaft seinen großen Durchbruch auf dem Karnevalstreiben in Rio de Janeiro/ Brasilien (Cayez 1988: 51; Gambrelle 1995: 87).

Abbildung 5:

Werbeplakat des "lance-parfums" Rodo

 

 

 

 

 

 

 

Internetquelle [2]

Anfang des 20. Jahrhunderts bauten beide Unternehmen ihre Auslandsaktivitäten aus. Poulenc Frères trat mit dem englischen Unternehmen May and Baker in Kontakt und übernahm 1927 die Mehrheit daran. Dadurch verschaffte es sich nicht nur Zugang zum angelsächsischen Markt, sondern auch zu den asiatischen Absatzmärkten. Nach der Fusion 1928 wurde zum einen die Produktpalette immer stärker ausgebaut, zum anderen wurde verstärkt auf den ausländischen Absatzmärkten investiert (Cayez 1998: 68ff). Des weiteren investierte Rhône-Poulenc z.B. in Brasilien. Erfolgreich war man hier vor allem in zwei Bereichen: zum einen mit seinem Produkt "lance-parfum", welches zur Karnevalszeit sehr beliebt war (1919, Companhia quimica Rhodia Brasileira) und zum anderen im Bereich Fasern und der Textilbranche (1929, Companhia brasileira de Sedas Rhodiaceta). Ähnlich wie der Hoechst-Konzern war auch Rhône-Poulenc schon früh daran interessiert, auf dem US-amerikanischen Markt Fuß zu fassen (Cayez 1988: 103). Nachdem der erste Versuch 1919 scheiterte, wurde 1948 Rhodia Inc. in den USA gegründet (Cambon 1997: 21).

Im Jahr 1968 integrierte Rhône-Poulenc die zur damaligen Zeit bedeutenden Chemieunternehmen Péchiney (Aluminium), St. Gobain (Flachglas) und Progil (Chlor, Phosphat, Kunststoffe und Petrochemie) in seinen Konzernverbund (Cayez 1988: 271). Dies wurde lange Zeit als die bedeutendste Fusion der französischen Chemieindustrie bewertet, bei der Unternehmen der Feinchemie und der Schwerchemie unter einem Dach zusammengefasst wurden (Cayez 1988: 279).

Zwischen 1982 und 1993 befand sich das Unternehmen in Besitz des französischen Nationalstaates [3] . Die damalige sozialistische Regierungspartei hielt einen Großteil der Aktien und veranlasste die Beschäftigung von Staatsbediensteten in den Unternehmen. Dadurch erreichte der Nationalstaat eine soziale Kontrolle der Beschäftigungsverhältnisse in den Unternehmen. Außerdem konnte der Nationalstaat so auch Einfluss auf die unternehmerische Tätigkeit des Unternehmens ausüben. So wurde bei den Entscheidungen stets darauf geachtet, dass große französische Unternehmen ihre Position auf dem Weltmarkt halten konnten und bei Fusionen mit anderen Unternehmen weiterhin französisch blieben (Gambrelle 1995: 108f). Für Rhône-Poulenc war dies im Prinzip ein Glücksfall, da das Unternehmen zu dieser Zeit wirtschaftlich schlecht dastand. Um die veralteten Produktionsstandorte weiterhin betreiben zu können, waren Investitionen notwendig, die nun durch Subventionen des Staates getätigt werden konnten (Gambrelle 1995: 108-112).

Anfang der 1990er Jahre erkannte man, dass potenzielle Investoren zurückhaltend bei ihren Investitionstätigkeiten sind, wenn es sich um Unternehmen mit staatlicher Beteiligung handelt. Daher wurde 1993 Rhône-Poulenc wieder vollständig privatisiert. Die französische Zentralregierung hielt fortan nur noch wenige bis keine Aktienanteile und zog sich weitgehend aus den unternehmerischen Tätigkeiten zurück. Nach der Privatisierung begann bei Rhône-Poulenc eine Zeit des Umbruchs. Ähnlich wie Dormann (Hoechst) sah auch Jean-René Fourtou, der damalige Vorstandsvorsitzende der Rhône-Poulenc (seit 1986), den zukünftigen Erfolg des Unternehmens durch eine Konzentration auf die zentralen Fähigkeiten des Unternehmens. Auch er verfolgte dabei vor allem die Idee der Life Sciences. Die bis dahin produzierten 160 verschiedenen Produktkategorien wurden auf 35 reduziert (Cambon 1997: 21). Doch anders als bei dem Hoechst-Konzern wurde das Unternehmen nicht zerschlagen, vielmehr wurde es grundlegend umstrukturiert. Produktionsbereiche wurden neu zusammengefasst, so dass 1998 die Chemiesparte des Konzerns Rhône-Poulenc unter dem Namen Rhodia [4] abgespalten wurde und als eigenständiges Unternehmen an die Börse ging. Rhône-Poulenc bestand in der Folge nur noch aus den Bereichen, die zu den Life Sciences gehörten, wie Pharma und Agrochemie.

Abbildung 6:

Rhodia: Firmenschild des Standorts "Usine de St Fons Chimie"

 

 

 

Aufnahme: Kappes 2004