French
German
 
Seite zur Sammlung hinzufügen
'Annotierte und kommentierte Literatur '
 
2 Seite(n) in der Sammlung1 Seite(n) wurden nicht gefunden.
 
 
 
 
 

Annotierte und kommentierte Literatur

Deutsche Quellen:

ARETIN, Felicitas von: Erziehung zum Hurrapatrioten? Überlegungen zur Schulpolitik des Oberschulrates im Reichsland Elsaß-Lothringen 1871-1914, in: Angelo ARA u. Eberhard KOLB (Hrsg.): Grenzregionen im Zeitalter der Nationalismen: Elsaß-Lothringen / Trient-Triest 1870-1914 = Schriften des Italienisch-Deutschen Historischen Instituts in Trient, Bd. 12, Berlin 1998, S. 91-113.


DOERING-MANTEUFFEL, Anselm: Die deutsche Frage und das europäische Staatensystem 1815-1871 = Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 15, München 1993.
S. 105 ff. ein recht knapper Überblick über Grundprobleme und Tendenzen der Forschung im Hinblick auf die Annexion des Elsass und Lothringens, "einen der zentralen Problemkreise des Krieges von 1870/71" (S. 105). Eine relativ ausführliche Würdigung erfährt KOLB, Weg aus dem Krieg.


ENGELBERG, Ernst: Bismarck. Urpreuße und Reichsgründer, Berlin 1985.
S. 735-738 das Kapitel "Der französische Widerstand gegen die Annexionen". Nicht nur die deutsche Presse habe sich lautstark für die Annexion eingesetzt. "Bismarck konnte an eine Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland nicht glauben. Daher war er militärischen und ökonomischen Überlegungen zugänglich, die für eine Annexion französischer Provinzen plädierten, obwohl ihm immer wieder Bedenken über die außenpolitische Zweckmäßigkeit eines solchen Vorgehens kamen und er die feinseligen Ressentiments der Elsässer und Lothringer sehr wohl kannte" (S. 735 f.). Bismarck habe mithin die Annexion als politisch schlecht, aber wegen des Erwerbs der Festungen Straßburg und Metz als strategisch absolut notwendig angesehen. Die zusätzliche Forderung nach Abtretung des lothringischen Erzgebietes sei erst später hinzugekommen. Der Widerstand in der französischen Bevölkerung gegen die Annexion war sehr stark, desgleichen der Unmut der europäischen Mächte.


FISCH, Stefan: Nation, ‚Heimat' und ‚petite patrie' im Elsaß unter deutscher Herrschaft 1870/71-1918, in: Marco BELLABARBA u. Reinhard STAUBER (Hrsg.), Identità territoriali e cultura politica nella prima età moderna = Territoriale Identität und politische Kultur in der Frühen Neuzeit, Bologna/Berlin 1998, S. 359-373.


GALL, Lothar: Bismarck. Der weiße Revolutionär, Frankfurt/M. etc. 1980.
S. 436-440: Die Annexion des Elsass und Lothringens sei, so GALL, eine schwere Hypothek für das Deutsche Reich gewesen, da sie dem Reich im Ausland vielfältiges Misstrauen einbrachte. Bemerkenswerterweise habe dies in Deutschland mit der Zeit dazu geführt, Bismarcks Rolle beim Annexionsbeschluss zu verharmlosen und die der Militärs überzubetonen, deren Druck den Ausschlag für den Anschluss gegeben habe. Hingegen seien nicht nur weite Teile der deutschen Öffentlichkeit schon in einer frühen Kriegsphase von sich aus für die Annexion eingetreten, sondern auch Bismarck habe völlig selbständig die Annexion forciert, wobei seine Haltung gegenüber Frankreich bezeichnenderweise unabhängig vom dort herrschenden Regime (Second Empire bzw. Republik) kompromisslos war. Seine Motive, die zu vielerlei Spekulation geführt hätten, seien indes nicht so leicht zu enträtseln, da schon er selbst widersprüchliche Angaben dazu gemacht habe. Als wesentlich sei jedoch anzusehen, dass Bismarck grundsätzlich eine dauerhafte Verständigung mit Frankreich für ausgeschlossen gehalten habe und er das Nachbarland daher von vornherein durch die Abtretung strategisch wichtigen Gebiets habe schwächen wollen. GALL zitiert diesbezüglich eine Aussage Bismarcks vom 21. August 1870, wonach es darauf ankomme, "einen Feind, den man nicht zum aufrichtigen Freund gewinnen kann, wenigstens etwas unschädlicher zu machen und uns mehr gegen ihn zu sichern, wozu, nicht die Schleifung seiner uns bedrohenden Festungen, sondern nur die Abtretung einiger derselben genügt."

Ders.: Europa auf dem Weg in die Moderne 1850-1890 = Oldenbourg Grundriß der Geschichte, Bd. 14, München etc. Wien 1984.In Bezug auf die Annexionsfrage im wesentlichen die gleiche Interpretation wie in der Bismarck-Biographie. S. 62: "Mit dem Friedensschluß erreichte die preußisch-deutsche Seite alle Ziele, die sich die Berliner Regierung gesetzt hatte - einschließlich der in den ersten Augusttagen des Jahres 1870 aus geostrategischen und gleichgewichtspolitischen Überlegungen festgelegten Forderung nach Abtretung des Elsaß und eines Teils von Lothringen, die so entscheidend zur Verlängerung des Krieges beigetragen hatte. Diese Forderung stand für Bismarck, aber auch für die deutsche Nationalbewegung in engstem Zusammenhang mit dem eigentlichen Hauptziel des Krieges: der Durchsetzung und diplomatisch-militärischen Sicherung der kleindeutschen Nationalstaatsbildung. [...]"


HIERY, Hermann: Reichstagswahlen im Reichsland. Ein Beitrag zur Landesgeschichte von Elsaß-Lothringen und zur Wahlgeschichte des Deutschen Reiches 1871-1918 = Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Bd. 80, Düsseldorf 1986.
HIERY kommt auf der Grundlage einer Auswertung der Ergebnisse der Reichstagswahlen im Elsass und in Lothringen zu dem Ergebnis, dass die Bevölkerung des Reichslandes sich nach 1871 zwar zunächst in eine Abwehrhaltung zurückzog. Diese Einstellung habe jedoch eher konfessionelle als nationale Gründe und größeren Rückhalt nur im Bürgertum und vor allem in der Bevölkerung Lothringens gehabt. Die jüngere Generation des Elsass und Lothringens hingegen sei in das Reich hineingewachsen, und die pro-französischen Proteste seien merklich zurückgegangen. Letzten Endes sei das Reichsland am Vorabend des Ersten Weltkrieges weitgehend in das Reich integriert gewesen.


Ders.: Zwischen Scylla und Charybdis. Carl Graf von Wedel als Statthalter im Reichsland Elsaß-Lothringen (1907-1914), in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Bd. 134 (1986), S. 299-328.


HILDEBRAND, Klaus: Das vergangene Reich. Deutsche Außenpolitik von Bismarck bis Hitler 1871-1945, Stuttgart 1995.
S. 18: "Was den Areopag der europäischen Staaten anging, die für den Gang der Welt und somit auch für die Deutschen maßgeblich waren, nahm sich die allgemeine Lage für den neu Hinzugetretenen [sc. das 1871 gegründete Deutsche Reich] nicht von vornherein nachteilig aus. Allein Frankreich vermochte die Demütigung des zurückliegenden Krieges nicht zu verwinden. Wie schon des öfteren zuvor in seiner Entwicklung brachte es keinen Sinn für das Relative der Macht auf. Über dem, was sie verloren hatte, versäumte die ‚Grande Nation' nämlich zu erkennen, was ihr noch alles verblieben war. In revanchistischer Feindseligkeit weigerte sie sich, die im Frankfurter Frieden am 10. Mai 1871 festgelegten Realitäten als definitiv zu akzeptieren.
Dafür war nicht allein die Annexion von Elsaß-Lothringen verantwortlich. Vielmehr verwies den in der Seele tief Verletzten diese offene Wunde seines Körpers nur ein ums andere Mal auf das Eigentliche seines Leidens. Es lag darin begründet, daß Frankreich seine in Europa als natürlich beanspruchte Führungsrolle eingebüßt hatte. Deutschland aber, bislang eine eher ungefährliche Föderation in der Mitte des Kontinents und im Dienste des europäischen Gleichgewichts nur zur eigenen Verteidigung imstande, hatte nunmehr als kraftvoll geeinter Machtstaat auch die Fähigkeit gewonnen, die andere Großmächte längst besaßen, nämlich zu attackieren."
S. 22: "Einem anderen Hemmnis, das Deutschlands außenpolitische Bewegung von Beginn an einengte, sind wir auch schon begegnet. Nur wenige Monate nach dem Ende des deutsch-französischen Krieges, im August 1871, geriet Bismarck, der die Annexion von Elsaß-Lothringen ansonsten aus gleichgewichtspolitischen und militärstrategischen Erwägungen für geboten hielt, sogar darüber in zweifelndes Nachdenken, als er dem Geschäftsträger des Quai d'Orsay in Berlin gegenüber einräumte: ‚Einen Fehler haben wir begangen, indem wir es [Elsaß-Lothringen] euch wegnahmen, wenn der Friede dauerhaft sein sollte; denn für uns sind diese Provinzen eine Verlegenheit ... Ein Polen mit Frankreich dahinter.' Ohne Zweifel: Die abgrundtief eingefressene Feindschaft mit dem westlichen Nachbarn führte dazu, daß ‚wir', wie Bismarcks Mitarbeiter und Widersacher Holstein es 1886 diagnostizierend umschrieb, ‚tatsächlich durch Frankreich immobilisiert' sind."


KOLB, Eberhard: Der Weg aus dem Krieg. Bismarcks Politik im Krieg und die Friedensanbahnung 1870/71, München 1990.
Besonders wichtig in dem Buch, das eine Erweiterung des Aufsatzes: Der schwierige Weg zum Frieden. Das Problem der Kriegsbeendigung 1870/71, in: HZ, H. 241 (1985), S. 51-79 darstellt, der zweite Teil: "Der Erwerb von Elsaß-Lothringen als deutsches Kriegsziel" (S. 113-193). Bereits in einer frühen Kriegsphase seien sich, so KOLB, weite Teile der deutschen Öffentlichkeit in dem Kriegsziel einig gewesen, das Elsass und Lothringen (oder zumindest Teile davon) zu annektieren. Nationale Empfindungen seien dafür ebenso ausschlaggebend gewesen wie sicherheitspolitische Erwägungen, welch letztere bislang fast ausschließlich für die militärische und politische Führung geltend gemacht worden seien. Es gebe keinen Zusammenhang zwischen dem Entschluss Bismarcks zur Annexion und seinen Bestrebungen, die Einigungsverhandlungen voranzutreiben, vielmehr liege seine Motivation in dem Anliegen begründet, das deutsche Sicherheitsbedürfnis gegenüber dem französischen Revancheverlangen zu befriedigen. Die Gefahr einer beständigen Feindschaft mit Frankreich infolge der Gebietsabtretungen habe Bismarck voll erkannt, er habe aber diesen Konflikt für unausweichlich gehalten und es daher als am wichtigsten empfunden, Deutschland in eine strategisch möglichst günstige Ausgangsposition - eben durch die Annexion - zu versetzen.


Ders.: Elsaß-Lothringen / Trient-Triest - umstrittene Grenzregionen 1870-1914. Einige Beobachtungen und Bemerkungen, in: Angelo ARA u. Eberhard KOLB (Hrsg.): Grenzregionen im Zeitalter der Nationalismen: Elsaß-Lothringen / Trient-Triest 1870-1914 = Schriften des Italienisch-Deutschen Historischen Instituts in Trient, Bd. 12, Berlin 1998, S. 301-304.


MAAS, Annette: Kriegerdenkmäler und Erinnerungsfeiern im Elsaß und in Lothringen (1870-1918): Von nationaler Konfrontation zu regionaler Versöhnung in einer Grenzregion, in: Historische Denkmäler. Vergangenheit im Dienste der Gegenwart, Bergisch Gladbach 1994, S. 55-68.


MOMMSEN, Wolfgang J[ustin]: Das Ringen um den nationalen Staat. Die Gründung und der innere Ausbau des Deutschen Reiches unter Otto von Bismarck 1850 bis 1890 = Propyläen-Geschichte Deutschlands, Bd. 7, T. 1, Berlin 1993.


NAUJOKS, Eberhard: Die Elsaß-Lothringer als "preußische Minderheit" (1870-1914), in: Peter BAUMGART (Hrsg.), Expansion und Integration. Zur Eingliederung neugewonnener Gebiete in den preußischen Staat, Köln/Wien 1984, S. 449-473.
NAUJOKS kommt zu der Einschätzung, dass Elsässer und Lothringer im Kaiserreich bis zuletzt "de facto ‚preußisch' verwaltete Minderheiten blieben" und dass "die beabsichtigte Germanisierung der annektierten Gebiete mit - mehr oder weniger offen - ‚preußischen' Mitteln nicht glückte" (S. 473). Vornehmlich aus militärischen Erwägungen habe es das Reich gegenüber dem Reichsland so lange an politischen Zugeständnissen fehlen lassen, wodurch sich das beiderseitige Misstrauen nur umso mehr verfestigt habe.

NIPPERDEY, Thomas: Deutsche Geschichte 1866-1918. Bd. 2: Machtstaat vor der Demokratie, München 1992.
NIPPERDEY benennt im Kapitel "Deutsche Kriegsziele: Elsaß und Lothringen" (S. 70-75) als Motive auf deutscher Seite für die Annexion: die nationalistisch begründeten Forderungen der Öffentlichkeit nach ‚Rückgewinnung' der ‚deutschen' Gebiete Elsass und Lothringen einerseits und das strategische Argument der Militärs, wonach die zu erwerbenden Festungen einen Sicherheitsriegel für Deutschland darstellten und deren Verlust Frankreich zugleich schwächte, andererseits. Bismarck "hat den Entschluß zur Annexion [...] auch aus eigenem Antrieb und Willen gefaßt und in die Tat umgesetzt" (S. 71), wobei ihn "ein friedens-, ein sicherheits-, ein einigungspolitisches Motiv" geleitet hätten: Frankreich sollte geschwächt werden, da der Gedanke an Revanche ohnehin aufkommen werde, außerdem würde der strategisch so wichtige Besitz des Elsass und Lothringens der deutschen Einigung zusätzlichen Auftrieb verschaffen, zumal damit entsprechenden Forderungen weiter Teile der deutschen Bevölkerung entsprochen würde (deren Pathos Bismarck im übrigen fremd war). Ob sich das deutsch-französische Verhältnis nach 1871 ohne die Annexion besser gestaltet hätte - was Bismarcks pessimistischer Sicht der Dinge unrecht gegeben hätte -, kann letztlich nicht gesagt werden. Jedenfalls rief die Annexion in Europa von Anfang an Misstrauen gegenüber dem neugegründeten Deutschen Reich hervor. "Dieses Mißtrauen mußte nicht dauern, aber es konnte einen neuen Grundton setzen. Es war eine Hypothek. Der Friede bekam einstweilen nicht nur für die Franzosen, sondern auch für das neutrale Europa den ungeliebten Geruch der Gewaltsamkeit. Kurz, die Annexion von Elsaß und Lothringen, so verständlich sie nach den deutschen Gegebenheiten war, hat die Zukunft der Deutschen erheblich belastet" (S. 74).


NOHLEN, Klaus: Baupolitik im Reichsland Elsaß-Lothringen 1871-1918. Die repräsentativen Staatsbauten um den ehemaligen Kaiserplatz in Straßburg = Kunst, Kultur und Politik im deutschen Kaiserreich, Bd. 5, Berlin 1982.


REHM, Max: Reichsland Elsaß-Lothringen. Regierung und Verwaltung 1871 bis 1918, Neustadt/Saale 1991.


RIEDERER, Günter: Staatliche Macht und ihre symbolische Repräsentation in einer umstrittenen Region: Die Besuche von Kaisern und Staatsoberhäuptern in "Elsaß-Lothringen" 1857-1918, in: Helga SCHNABEL-SCHÜLE (Hrsg.), Vergleichende Perspektiven - Perspektiven des Vergleichs = Trierer Historische Forschungen, Bd. 39, Mainz 1998, S. 383-417.


RIMMELE, Eva: Sprachenpolitik im Deutschen Kaiserreich vor 1914: Regierungspolitik und veröffentlichte Meinung in Elsaß-Lothringen und den östlichen Provinzen Preußens = Münchner Studien zur neueren und neuesten Geschichte, Bd. 17, Frankfurt/M. etc. 1996.


ROESLER, Jörg: Die misslungene Integration Elsass-Lothringens in das Deutsche Reich nach 1871 als warnendes Beispiel, in: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Bd. 96 (1996), S. 127-145.
Knappe Darstellung der nach Meinung von ROESLER arrogant, ohne Vertrauen in die Bevölkerung und ohne Rücksicht auf Traditionen betriebenen Integrationspolitik Deutschlands im Reichsland nach 1871. Ein wesentlicher Grund der Entfremdung gegenüber dem Reich sei auch dem Umstand geschuldet, dass die deutsche Politik des Elsass und Lothringen sozio-ökonomisch diskriminiert habe. Spätestens mit der Zabern-Affäre habe Deutschland daher jeden Kredit bei den Einheimischen verspielt. Insgesamt hat der Aufsatz, explizit als warnendes Beispiel im Hinblick auf die Behandlung der neuen Bundesländer gedacht, nur geringen Erkenntniswert.


STÜRMER, Michael: Das ruhelose Reich. Deutschland 1866-1918 = Die Deutschen und ihre Nation, Neuere Deutsche Geschichte in sechs Bänden, Bd. 3, Berlin 1983.
S. 18 f.: "Der Krieg gegen Frankreich im Sommer und Herbst 1870, der bereits ein deutscher war, brachte die Einheit. Aber der Preis war hoch: nicht allein der des Krieges selbst, der sich nach dem Sturz des Kaisertums noch in Form einer Guerilla monatelang blutig hinschleppte und im Commune-Aufstand 1871 den französischen Bürgerkrieg auslöste, mit den Preußen als Zuschauer Gewehr bei Fuß; nicht allein, indem der Krieg als Gründungsmythos des Reiches der Politischen Kultur in Deutschland eine Form gab, welche Sozialnormen und politische Repräsentation, Mentalität und Selbstbewußtsein prägte und die ethische Fundierung der Nation vergessen ließ zugunsten ihrer militärisch-machtmäßigen; sondern auch durch Wegnahme der schönen Provinzen Elsaß und Lothringen von Frankreich, die das Verhältnis der beiden benachbarten Nationen dauerhaft vergiftete, der schwankenden Dritten Republik eine Staatsräson vermittelte, den Deutschen aber auf alle Zeit eine Politik kollektiver Sicherheit in Europa verstellte und die alte, aus Geographie und Mächtesystem herrührende Gefahr von Ost und West erneuerte. Aus der Perspektive der Späterlebenden wurde diese unbekümmerte Annexion, die aus populistischer Rücksicht und militärischer Übersicherung auf den Sieg und die fette Kriegsentschädigung draufsattelte, den Deutschen ein größeres Verhängnis als den Franzosen ein Unglück."
S. 170: Das Motiv für die Annexion sei nicht wirtschaftlicher, sondern rein militärischer und sicherheitspolitischer Natur gewesen. Bismarck habe "die Annexionsforderung nicht aufgebracht", aber auch nicht gebremst. Das Sicherheitsdenken gegenüber Frankreich habe aber "die Gefahr einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung" enthalten. Bismarck habe dies auch erkennen müssen, aber wohl aus Resignation gegenüber dem Generalstab nicht anders handeln können. Andererseits habe er in der Annexion auch einigende Kräfte im Hinblick auf die anderen deutschen Staaten erblickt.
S. 186: Das Deutsche Reich nach 1871 habe von Anfang an mit gravierenden außen- und sicherheitspolitischen Problemen und mit dem Misstrauen der europäischen Mächte zu kämpfen gehabt. Ein Grund dafür: "Die Annexion Elsaß-Lothringens erwies sich als eine üble, unübersehbare Hypothek."


ULLMANN, Hans-Peter: Das deutsche Kaiserreich 1871-1918 = Moderne deutsche Geschichte, Bd. 7, Frankfurt/M. 1995.
S. 25: "Der deutsch-französische Krieg und die Reichsgründung, besonders aber die Annexion Elsaß-Lothringens, welche die deutsche Öffentlichkeit, die Militärs und Bismarck selbst im Laufe und mit dem Wandel des Krieges zu einem Eroberungskrieg immer nachdrücklicher forderten, stellten einen Einschnitt in den Beziehungen zwischen den beiden Staaten dar. Frankreichs Hauptziel wurde die Revision des Frankfurter Friedens vom Mai 1871."


Ders.: Politik im deutschen Kaiserreich 1871-1918 = Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 52, München 1999.

ULLRICH, Volker: Die nervöse Großmacht. Aufstieg und Untergang des deutschen Kaiserreichs 1871-1918, Frankfurt/M. 1997.
S. 74: "[...] Und die Annexion von Elsaß-Lothringen weckte den Argwohn, Bismarck werde auf dem einmal beschrittenen Weg der Eroberungen nicht haltmachen, sondern die halbe Hegemonie des Deutschen Reiches in eine volle verwandeln wollen."
S. 75: "Mit einer schweren Hypothek hatte die deutsche Außenpolitik nach 1871 zu rechnen: der Gegnerschaft Frankreichs. War die militärische Niederlage für die grande nation schon bitter genug - unerträglich wurde sie erst durch die Annexion von Elsaß-Lothringen. Das blieb ein Stachel, der am französischen Nationalstolz bohrte und das Revanchebedürfnis reizte."


Ders.: Otto von Bismarck, Reinbek 1998.
S. 91 ff.: "Zur Verlängerung des Krieges trug allerdings weniger die Kriegführung des Generalstabs als vielmehr die Forderung nach einer Annexion von Elsaß und Teilen Lothringens bei. Sie war bereits seit Ende Juli 1870 vereinzelt aufgetaucht und wurde nach den ersten deutschen Siegen im August 1870 in einer Flut von Artikeln und Broschüren zum wichtigsten deutschen Kriegsziel erklärt. Diese annexionistische Bewegung war nicht, wie gelegentlich behauptet worden ist, von Bismarck inspiriert. Allerdings war der Kanzler, unabhängig von der öffentlichen Meinung, seit Mitte August selbst zur Überzeugung gelangt, daß eine Abtretung von Elsaß-Lothringen unverzichtbar sei, und zwar vor allem deshalb, weil auch künftig mit der Unversöhnlichkeit Frankreichs gerechnet werden müsse. ‚Schon unser Sieg bei Sadowa hat Bitterkeit in den Franzosen geweckt; wieviel mehr wird es unser Sieg über sie selbst tun?' schrieb er am 21. August. ‚Die einzige richtige Politik ist unter solchen Umständen, einen Feind, den man nicht zum aufrichtigen Freund gewinnen kann, wenigstens etwas unschädlicher zu machen und uns mehr gegen ihn zu sichern.' Die Kontrolle des strategisch wichtigen Aufmarschgebiets im Elsaß schien ihm das Minimum dessen zu sein, was im deutschen Sicherheitsinteresse zu fordern war. Zweifellos war der Annexionsentschluß ein schwerer Fehler, vielleicht der schwerste in Bismarcks Laufbahn überhaupt, weil er nicht nur den Widerstand der französischen Bevölkerung erst recht anfachte, sondern die Feindschaft zwischen Deutschland und Frankreich über den Krieg hinaus dauerhaft verfestigte."


WEHLER, Hans-Ulrich: Das "Reichsland" Elsaß-Lothringen von 1870 bis 1918, in: ders., Krisenherde des Kaiserreichs 1871-1918. Studien zur deutschen Sozial- und Verfassungsgeschichte, 2., überarb. u. erw. Aufl., Göttingen 1979, S. 23-69.
WEHLER zeichnet die Entwicklung der elsässischen und lothringischen Institutionen nach, die über einen "staatsrechtlichen Notbehelf" nicht hinausgelangt seien, weshalb das Reichsland nie wirklich in das Reich integriert worden sei. Dies habe die antideutschen Ressentiments der Bevölkerung, die die Annexion ohnehin als "Gewaltakt ohne Rücksicht auf die Wünsche der Bevölkerung" (S. 66) empfundenen habe, nur noch verstärkt. Viel zu spät, wenn überhaupt, wurde versucht, den gewachsenen Traditionen der Elsässer und Lothringer durch eine Verfassungsreform Rechnung zu tragen. Letzten Endes sei die repressive deutsche Reichslandpolitik und die Unfähigkeit zu grundsätzlichen Reformen als eine zwangsläufige Folge der starren verfassungspolitischen Situation anzusehen, die für die gesamte Zeit des Kaiserreichs kennzeichnend sei, deshalb "erscheint nach Lage der Dinge die [...] Befriedigung des elsaß-lothringischen Autonomiestrebens als eine Überforderung der so mannigfach gehemmten Reichspolitik" (S. 68).
Ders.: Der Fall Zabern von 1913/14 als Verfassungskrise des Wilhelminischen Kaiserreichs, in: ders., Krisenherde des Kaiserreichs 1871-1918. Studien zur deutschen Sozial- und Verfassungsgeschichte, 2., überarb. u. erw. Aufl., Göttingen 1979, S. 70-88.
Auch dieser Aufsatz thematisiert vor dem Hintergrund der Zabern-Affäre das Missverhältnis von gesellschaftlicher und politischer Entwicklung und die Erstarrung, unter der das Bismarckreich litt.


WINKLER, Heinrich August: Streitfragen der deutschen Geschichte. Essays zum 19. und 20. Jahrhundert, München 1997.
S. 37 f.: "Einen ‚halbhegemonialen' Status hatte das Bismarckreich ohnehin erlangt - und zwar nicht zuletzt infolge der Annexion von Elsaß-Lothringen. Daß die deutschsprachigen Elsässer und Lothringer in ihrer Mehrheit lieber französische Staatsbürger geblieben wären, war aus deutscher Sicht kein Argument gegen die Angliederung. ‚Wir wollen ihnen wider ihren Willen ihr eigenes Selbst zurückgeben', schrieb 1870 der nationalliberale Historiker Heinrich von Treitschke. ‚Der Geist eines Volkes umfaßt nicht bloß die nebeneinander, sondern auch die nacheinander lebenden Geschlechter. Wir berufen uns wider den mißleiteten Willen derer, die da leben, auf den Willen derer, die da waren.' Klarer hätte der Gegensatz zwischen dem deterministischen Nationsbegriff der Deutschen und dem voluntaristischen der Franzosen nicht formuliert werden können."


WOYTT, Gustav: Kultur- und Sprachpolitik in Elsaß-Lothringen während der Reichslandzeit (1871-1918), in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Bd. 139 (1991), S. 389-402.
Kein wissenschaftlicher Aufsatz, sondern subjektive Reflexion. WOYTT, ein in Deutschland lebender Neffe von Albert Schweitzer, sieht die seiner Meinung nach recht liberale Sprachpolitik der deutschen Behörden zur Reichslandzeit im Gegensatz zu einer als äußerst chauvinistisch empfundenen französischen Sprachpolitik nach 1918.

Französische Quellen:

BAECHLER, Christian: L'Alsace contemporaine de 1870 à 1945: un bilan des recherches depuis 1968, in: Revue d'Alsace, Nr. 107 (1981), S. 169-188.


Ders.: Das Verhalten der Elsaß-Lothringer im Deutschen Reich (1871-1918), in: Franz KNIPPING u. Ernst WEISENFELD (Hrsg.), Eine ungewöhnliche Geschichte. Deutschland - Frankreich seit 1870, Bonn 1988, S. 47-57.
Obschon am Vorabend des Ersten Weltkrieges unzufrieden mit ihrer politischen Situation, habe die Bevölkerung des Elsass und Lothringens laut BAECHLER dennoch mehrheitlich einen verbesserten Status innerhalb des Deutschen Reiches angestrebt, d.h. einen parlamentarisch-demokratischen Bundesstaat Elsass und Lothringen und kulturelle Autonomie. "Die Haltung der Elsaß-Lothringer bei der Mobilmachung im August 1914 zeugt von einer resignierten Loyalität ohne Begeisterung" (S. 57). Im Weltkrieg habe dann das harte deutsche Militärregime, das im Reichsland errichtet wurde, verbunden mit verstärkten Germanisierungstendenzen, die wachsende Entfremdung der Bevölkerung gegenüber Deutschland bewirkt, weshalb die Franzosen 1918 begeistert empfangen worden seien.


BISCHOFF, Georges: L'invention de l'Alsace, in: Saisons d'Alsace, Jg. 119 (1993), S. 34-69.


CARON, François: Frankreich im Zeitalter des Imperialismus 1851-1918 = Geschichte Frankreichs, Bd. 5, Stuttgart 1991 (zuerst ersch. Paris 1985 u. d. T. "La France des patriotes").
CARON erwähnt S. 241, dass für Elsass und Lothringen 1871 zunächst noch Abgeordnete in die französische Nationalversammlung gewählt worden waren, die sich vehement für einen Verbleib bei Frankreich aussprachen, und dass circa 100.000 Personen, vor allem aus Lothringen, vom Recht der Option für Frankreich gebrauch machten. "Dieser Exodus stellte eine erste Episode auf dem Leidensweg Elsaß-Lothringens dar, der Frankreich bis 1914 beschäftigen sollte" (S. 241 f.).
S. 385: Bismarck habe es für selbstverständlich gehalten, dass Frankreich für den Verlust Elsass und Lothringens mit Kolonialbesitz, z.B. in Nordafrika, entschädigt werde. "Er wiederholte diese Äußerungen, als 1881 in Tunis die Zeit zum Handeln gekommen war, und noch mehrmals im Lauf der achtziger Jahre, wobei er sogar das Wort ‚Bündnis' in den Mund nahm - ein ‚Bündnis', das allerdings den Verzicht auf Elsaß-Lothringen vorausgesetzt hätte! Bismarck wollte jedoch Frankreich unbedingt von Elsaß-Lothringen abbringen. [...]"


DREYFUS, François-Georges: Histoire de l'Alsace, Paris 1979.
Vgl. dazu die Rezension von Wilfried FORSTMANN in: HZ, Bd. 234 (1982) 3, S. 627 f., hier: S. 628: "[...] Die Reichslandzeit, immerhin 48 Jahre, wird von D., der nationalsozialistischen Annexion qualitativ gleichgestellt, als deutsche ‚occupation' bezeichnet, als ein unglücklicher Zwischenfall auf dem historisch quasi vorgezeichneten Weg des Elsass zu einem zwar unverwechselbaren, aber doch fest integrierten Bestandteil Frankreichs angesehen.
Derartiges, das braucht nicht eigens hervorgehoben zu werden, erscheint inhaltlich, aber auch in seiner allein die Gegenwart wiedergebenden Retrospektive auch methodisch zumindest fragwürdig. Trotz des gelungenen Versuchs ein breites Spektrum elsässischer Vergangenheit zu erfassen, ohne dabei in anklagende oder rechtfertigende Melodramatik zu verfallen, bleibt der Vf. somit doch leider in vielem in interpretatorischer Einseitigkeit befangen und wird deutschen Einschätzungen elsässischer Gegebenheiten in seiner Darstellung unabhängig von seiner eigenen Position nicht gerecht."


Ders.: Das Elsaß zwischen Deutschland und Frankreich (1648-1918), in: Heinz DUCHHARDT (Hrsg.), In Europas Mitte, Bonn 1988, S. 123-131.


ELLEINSTEIN, Jean (Hrsg.): Histoire de la France contemporaine 1789-1980, T. 4: 1871-1918, Paris 1980.
S. 12-16 über die Folgen des Deutsch-Französischen Krieges mit detaillierter Auflistung der Verluste Frankreichs (Einwohner in den abgetretenen Gebieten, Reparationen). S. 301 f. über "L'Alsace-Lorraine": Die wesentlichen institutionellen Entwicklungen der Reichslandzeit werden nachgezeichnet. Der wirtschaftliche Aufschwung in der deutschen Zeit und z.B. auch das Bevölkerungswachstum Straßburgs (Verdoppelung der Einwohner von 1870 bis 1900) werden erwähnt, die Verfassungsreform von 1911 als unzureichend charakterisiert.


FERRO, Marc: Histoire de France, Paris 2001.
Erwähnt S. 316 ff. im Kapitel "Du patriotisme de la défaite au nationalisme de la revanche" Elsaß-Lothringen als wichtigen Bezugspunkt des französischen Nationalismus vor dem Ersten Weltkrieg.
Wichtig vor allem das Kapitel "Frontières ... Au nord-est: la Lorraine et l'Alsace" (S. 515-519). "De toutes les provinces et régions françaises, l'Alsace est sans doute la seule qui ait participé directement aux grands conflits de l'histoire européenne: ceux de la Réforme, de la révolution de 1789, de la rivalité franco-allemande" (S. 517). Die Reichslandzeit betreffend, führt LE ROY LADURIE nur kurz aus: "Germanophone et francophile, telle est l'Alsace au XIXe siècle, le rattachement à l'Allemagne en 1871 suscitant à la fois une émigration partielle et une réaction d'hostilité dont témoignent les élections de la décennie 1871-1880. Le régime de Guillaume II multiplie les réformes sociales: les populations sont-elles ralliées? Lorsque, pendant la Première Guerre mondiale, les socialistes russes proposent un référendum en Alsace pour décider de son avenir, Marius Moutet et Marcel Cachin en admirent le principe mais à condition qu'il ait lieu sous le controle exclusif des autorités françaises." S. 518 f. ein Abriss über Leben und Werk des antideutsch eingestellten elsässischen Karikaturisten Hansi.


GRUNEWALD, Michel (Hrsg.): Le problème de l'Alsace-Lorraine vu par les périodiques (1871-1914). Die Elsaß-Lothringische Frage im Spiegel der Zeitschriften (1871-1914), Bern etc. 1998.
Die 21 Beiträge stellen die Ergebnisse eines internationalen Kolloquiums dar, das 1997 vom Centre d'Étude des Périodiques de Langue Allemande der Universität Metz veranstaltet worden ist. Forschungsgegenstand sind Analysen und Kommentare der deutsch-französischen Spannungen durch deutsche, elsässische und französische Periodika im Hinblick auf die Elsass- und Lothringen-Frage. Wichtig der einleitende Beitrag von ROTH, Reichsland (s.d.).


IGERSHEIM, François: L'Alsace des notables (1870-1914). La bourgeoisie et le peuple alsacien, Strasbourg (Straßburg) 1981.


Ders.: Strasbourg capitale du Reichsland. Le gouvernement de la Cité et la politique municipale, in: Georges LIVET u. François RAPP (Hrsg.), Histoire de Strasbourg des origins à nos jours, T. 4: Strasbourg de 1815 à nos jours, XIXe et XXe siècles, Strasbourg (Straßburg) 1982, S. 195-408.


KLEINSCHMAGER, Richard: L'Alsace, in: Yves LACOSTE (Hrsg.): Géopolitiques des régions françaises, Bd. 1: Nord - Pas-de-Calais, Picardie, Paris - Ile-de-France, Centre, Champagne-Ardenne, Lorraine, Alsace, Paris 1986, S. 947-1067.
KLEINSCHMAGER beschäftigt sich in erster Linie mit der Gegenwart. Bezüglich der Annexion von 1871 wird aber S. 949 mit Zitat erwähnt, dass Bebel und Liebknecht im Reichstag gegen sie votierten. Außerdem wird S. 951 f. der seinerzeitige historiographische Schlagabtausch zwischen VON TREITSCHKE und FUSTEL DE COULANGES skizziert. S. 1025 wird die soziale Bedeutung der katholischen Kirche in der Reichslandzeit herausgestellt.


LE ROY LADURIE, Emmanuel: Les minorités périphériques: intégration et conflits, in: André BURGUIÈRE u. Jacques REVEL (Hrsg.), Histoire de la France. Les conflits, Paris 1990, S. 459-630.
S. 461-472 Kapitel "Lorraine", S. 473-486 Kapitel "Alsace".

Ders.: Histoire de France des régions. La périphérie française, des origines à nos jours, Paris 2001.
S. 25-42 Kapitel "Alsace". S. 34 f.: "L'annexion, d'abord: Bismarck, en 1870-1871, sème les dents du dragon, autrement dit s'empare de l'Alsace et d'une partie de la Lorraine, démarche fatale qu'en leur sagesse avaient évitée autrefois les alliés de 1815. Ils s'étaient contentés d'arracher à la France la seule Sarre, effecitivement germanophone, au lendemain de l'absurde équipée des Cent Jours, qui avait poussé leur patience à bout. L'annexion de l'Alsace au lendemain de la guerre franco-prussienne de 1870 fait écho, elle, à des souhaits déjà formulés outre-Rhin à partir de 1850. Elle tombe, comme la foudre, sur une province minoritairement francophone, mais majoritairement germanophone ... et francophile: les libres élections successives de la décennie 1870 donnent en effet aux protestataires qui soutiennent l'expouvoir français les trois quarts des suffrages. C'est le signe (amer) d'une profonde ‚réussite' ... rétrospective: elle avait caractérisé deux gros siècles de francité politique en rive gauche du Rhin.
Les nouveaux maîtres berlinois, néanmoins, ne manquent pas d'arguments ni d'atouts, après 1870, pour exercer vis-à-vis de l'Alsace le même processus de séduction ... ou de digestion (mais en sens inverse) qui jadis avait réussi aux gouvernements parisiens, de Richelieu à Napoléon III. Les Allemands apportent progressivement dans leurs fourgons la prosperité économique, les lois sociales, les nombreux immigrés nés entre Elbe et Rhin; enfin la communauté de langue, l'instruction croissante à tous les niveaux ... et le maintien du Concordat. Les mirages français s'éloignent d'autant plus que le peuple catholique d'Alsace, qui représentait au départ une composante essentielle de la nostalgie francophile, est choqué par l'anticléricalisme intempérant, voire incontinent, que propose la IIIe République.
La province, malgré tout, demeure longtemps maintenue par l'empire d'Allemagne dans le carcan d'un statut d'exception. En 1911, elle se voit enfin octroyer par Berlin deux assemblées régionales élues: les ‚mauvais esprits' souligneront volontiers, de nos jours encore, que le pouvoir français n'alla ni n'ira jamais si loin en matière de décentralisation, tant sous le second Empire qu'après 1919, sous la IIIe République finissante. À la veille de la guerre de ‚quatorze', les souhaits locaux tendent donc à se détourner d'un ‚impossible' retour à la mère patrie française; Ils vont davantage vers l'autonomisme, dans le cadre de système impérial des Hohenzollern. L'Alsace, derechef, est en voie de rattachement existentiel à la communauté germanique, même si une partie importante de la bourgeoisie strasbourgeoise ou mulhousienne continue à parler et à faire enseigner à ses enfants la langue de Racine; beaucoup de Français, à l'ouest des Vosges, s'accommodent d'une situation qui, à tort ou à raison, semble irréversible: l'antigermanisme primaire du talentueux dessinateur Hansi, malgré des succès de librairie, ne rallie pas ‚chez nous' tous le suffrages."
S. 43-54 Kapitel "Lorraine".


MAYEUR, Jean-Marie: Elsaß, Lothringen und die Deutsche Frage 1870-1945, in: Josef BECKER u. Andreas HILLGRUBER (Hrsg.), Die Deutsche Frage im 19. und 20. Jahrhundert. Referate und Diskussionsbeiträge eines Augsburger Symposions, 23. bis 25. September 1981, München 1983, S. 221-238.


Ders.: Une mémoire-frontière: L'Alsace, in: Pierre NORA (Hrsg.), Les lieux de mémoire, Bd 2: La nation, T. 2, Paris 1986, S. 63-95.
S. 77-80 geht MAYEUR auf das allmähliche Erstarken der Autonomiebewegung um 1900 im Gegensatz zum Bedeutungsverlust der Protestbewegung ein und stellt die Idee der "petite patrie" heraus, die weder auf Frankreich noch auf Deutschland als "grande patrie" angewiesen ist. In Bezug auf die Ereignisse in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts spricht MAYEUR S. 84 vom "drame ouvert en 1870". S. 87 f. Erwähnung der antideutschen Proteste der elsässischen Abgeordneten in der Nationalversammlung 1871. S. 90 wird betont, dass in der Reichslandzeit im Selbstverständnis der Elsässer durchaus Veränderungen eingetreten sind, die sich keineswegs mit den idealisierten Vorstellung deckten, die man in Frankreich vom Elsass nach 1871 entwickelt hatte.


OBERLE, Roland: L'Alsace au temps du Reichsland 1871-1914, Mulhouse (Mühlhausen) 1990.


POIDEVIN, Raymond u. BARIÉTY, Jacques: Frankreich und Deutschland. Die Geschichte ihrer Beziehungen 1815-1975, München 1982 (zuerst ersch. Paris 1977 u. d. T. "Les relations franco-allemandes 1815-1975").
S. 134 ff. sehr ausgewogene Darstellung der Optionsbewegung 1871/72.
S. 144-153 Kapitel "Drohungen und Druck gegenüber Frankreich. Die ‚Revanche': fixe Idee oder Mythos?": Überblick über den Revanchegedanken in Frankreich nach 1871, dessen "Kernpunkt" Elsass und Lothringen war, und Auseinandersetzung mit dem entsprechenden Schrifttum in Frankreich, in dem vor allem die Anhänglichkeit der Elsässer und Lothringer an Frankreich thematisiert wurde. "Nach dem Beginn der 1880er Jahre gab die Literatur das etwas strapazierte Thema Elsaß-Lothringen mehr und mehr auf - und zwar zu dem gleichen Zeitpunkt, da es vor allem auf dem Weg über die Schulbücher in das politische Bewußtsein der jungen Franzosen eindrang. Selbst die Protestbewegung von 1887 im Reichsland und die deutsch-französische Krise des gleichen Jahres brachten kein großes Buch über Elsaß-Lothringen hervor.
Gegen 1890 verblaßt die Revanche-Idee allmählich im französischen Nationalismus. Hing diese Entwicklung mit einer gewissen Resignation der Elsaß-Lothringer zusammen?" (S. 150).
S. 150-153 kurze Darstellung der weiteren Entwicklung im Reichsland selbst. "Die Deutschen errichteten zunächst eine regelrechte Diktatur" und führten eine "Assimilierungs- und Germanisierungspolitik" durch. Neben der pro-französischen Protestbewegung gab es jedoch auch die einflussreiche Autonomiebewegung, die für eine Verbesserung der Situation des Elsass und Lothringens innerhalb des Deutschen Reiches - unter Hinnahme der Zugehörigkeit des Reichslandes zu ihm - eintrat und nach 1887 allmählich die Oberhand gewann.


Ders.: Les industriels allemands devant l'annexion de l'Alsace-Lorraine, in: Philippe LEVILLAIN u. Rainer RIEMENSCHNEIDER, La Guerre de 1870/71 et ses conséquences = Pariser Historische Studien, Bd. 29, Bonn 1990, S. 355-365.
POIDEVIN geht der Frage nach, welchen Einfluss deutsche Unternehmer im Vorfeld der Annexion auf die Entscheidungen der Regierung zu nehmen versucht haben.


ROTH, François: La Lorraine annexée. Étude sur la présidence de Lorraine dans l'Empire allemand (1870-1918), Nancy 1976.

Ders.: Das geteilte Lothringen (1871-1914), in: Michel PARISSE (Hrsg.), Lothringen - Geschichte eines Grenzlandes, Saarbrücken 1984 (zuerst ersch. Toulouse 1977 u. d. T. "Histoire de la Lorraine"), S. 413-446.
In Bezug auf den von Deutschland annektierten Teil Lothringens arbeitet ROTH die wesentlichen ökonomischen, sozialen und mentalen Veränderungen in der Reichslandzeit heraus. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs hätten sich die Lothringer mit dem deutschen Staat mehr oder minder arrangiert, doch eine Abneigung gegen das Reich sei immer vorhanden gewesen. "Dem Anschein nach ist dieser unversöhnliche Gegensatz im täglichen Leben und am Arbeitsplatz überwunden, doch er bricht sofort in seiner ganzen Kraft wieder auf, wenn wesentliche Entscheidungen zu treffen sind oder wenn ein Ereignis dazu zwingt, Stellung zu beziehen, wie z.B. die Zaberner Affäre. Die Brücken zwischen den Angehörigen der beiden Völker sind also sehr zerbrechlich, und man kann bereits voraussehen, daß sie in der Minute der Wahrheit, wenn zwischen Frankreich und Deutschland gewählt werden muß, zusammenbrechen werden" (S. 441).


Ders.: Das Reichsland Elsaß-Lothringen. Formation, histoire et perceptions, in: GRUNEWALD, problème, S. 13-36.
TROUILLET, Bernard: Das Elsaß - Grenzland in Europa. Sprachen und Identitäten im Wandel = Studien und Dokumentationen zur vergleichendenen Bildungsforschung, Bd. 74, Köln 1997.
TROUILLET geht der Bedeutung von Sprache und Kultur im Hinblick auf die Identität der Bevölkerung des Elsass in Vergangenheit und Gegenwart nach und beschäftigt sich eingehend mit den entsprechenden politisch-publizistischen Leitbildern sowie der Rolle der Institutionen wie vor allem der Schule. Resümee des Kapitels "Zwischen den Kriegen von 1870-71 und 1914-1918" (S. 85-108): "Neben einem frankreichorientierten Großbürgertum und dieser neuen reichsnahem Führungsschicht entwickelt sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine auf der Suche nach eigener elsässischer Identität befindliche Bevölkerungsgruppe, die sich nicht in eine radikale Wahl zwischen französischer und deutscher Kultur hineinpressen lassen will. Dieser elsässische Partikularismus muß auch im Zusammenhang mit der Diskussion um eine stärkere Anbindung an das Reich, eine Angliederung an das alte Preußen gesehen werden" (S. 106). Und: "Das lange Hineinwachsen in das Gemeinschaftsleben eines zentral fest zusammengefaßten Staates und Volks - auch bedingt durch die Ausstrahlung der französischen Macht und Kultur und eine nach Frankreich orientierte bürgerliche Oberschicht - erschwerte eine reibungslose Eingliederung in die ‚deutsche Familie', zu der man außer den sprachlich-kulturellen Gemeinsamkeiten nur wenige feste Bindungen hatte. Die Zugehörigkeit zu einem kulturell geschlossenen Siedlungsgebiet bedeutete noch lange nicht eine dementsprechende politische Zugehörigkeit. Zu viel Mißtrauen herrschte da im Elsaß wie im Deutschen Reich, das erst abgebaut werden mußte" (S. 107 f.).


UBERFILL, François: La societé strasbourgeoise entre France et Allemagne (1871-1924). La societé strasbourgeoise à travers les mariages entre Allemands et Alsaciens à l'époque du Reichsland. Le sort des couples mixtes après 1918 = Colloque "Recherches et Documents", Bd. 67, Strasbourg (Straßburg) 2001.


WAHL, Alfred u. RICHEZ, Jean-Claude: La vie quotidienne en Alsace entre France et Allemagne 1850-1950, Paris 1993.

Links: