- Europa der Regionen
- Europäische Dimensionen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit
- Internationale Verflechtungen: Frankreich und Deutschland im internationalen System
- Deutschland-Frankreich-Polen: Drei Wege in der europäischen Geschichte
- Deutschland - Frankreich - Polen
- Das Weimarer Dreieck - Die französisch-deutsch-polnischen Beziehungen als Motor der europäischen Integration
- Das Weimarer Dreieck in der erweiterten Union
- Deutschland - Frankreich - Osteuropa. Historische Dimensionen und neue Optionen
- Vorbemerkungen
- Eine Erweiterung ohne Jubel im Westen
- Fehlender französischer Mittelstand
- Ungleichgewicht der Handelsströme
- Deutsch-österreichische Kooperation
- Belebung des europäischen Russlanddialogs: Deutschland, Frankreich, Russland - strategische Partner für Europa
- Déja-vu in Osteuropa
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Erweiterte deutsche Heimatmärkte
Das deutsche Engagement ist anders. Die deutsche Wirtschaft betrachtet Osteuropa als erweiterten Heimatmarkt, als direkten Nachbarn wo man jahrhundertelang (und beileibe nicht immer unglücklich) präsent war und nun einfach wieder angekommen ist. Nicht als Kolonisten in Diensten Maria Theresias und bloß nicht als Aggressoren in Namen des Lebensraums, sondern mit dem (fast) gleichen Auftrag wie die meisten Deutschen in der 1000-jährigen Geschichte Osteuropas: als Kaufleute und in gewisser Hinsicht als Träger der europäisch-abendländischen Werte. Eine neue Hanse wird da aufgebaut, untermauert durch ein dichtes Netzwerk von Partnerschaften auf politischer, unternehmerischer, körperschaftlicher, technologischer oder einfacher, aber sehr effizienter Vereinsebene.
Abbildung 2:
Das Logo des Deutsch-Polnischen Forums Südpolen, dessen Aufgabe es ist, der Vertiefung bestehender und der Schaffung neuer Kontakte zwischen polnischen und ausländischen Investoren sowie Entscheidungsträgern der öffentlichen Hand auf dem Gebiet Süd- und Ostpolens zu dienen.
Internet-Quelle
Siehe das Beispiel Polen: Frankreich hat zwar seine klassischen Institutionen vor Ort: Botschaft, Konsulate, Schule, Wirtschafts- und Handelsdelegation ("mission économique") und eine Handelskammer. Die Deutschen haben aber vieles mehr, unter anderem die neuen Regionalvereine als Selbsthilfeinstitutionen der niedergelassenen Wirtschaft vor Ort. Es gibt zum Beispiel das Deutsch-Polnische Forum Südpolen (DPFS [1] ) mit Vertretungen in Krakau, Kattowitz und Oppeln sowie das Europa-Forum [2] in Breslau. Hier sind deutsche wie polnische Firmen zugelassen. So organisiert man sich untereinander, schafft Querverbindungen, sammelt Informationen. Die Vereine fungieren auch als zentrale Ansprechpartner für regionale und kommunale Entscheidungsträger. Das DPFS führt auch das duale Ausbildungssystem in Südpolen ein. Damit trägt es dazu bei, zumindest regional eine wichtige Lücke im polnischen System zu füllen. Darüber hinaus ist eine interessante und erfolgsversprechende Regionalisierung der deutsch-polnischen Handelskammer in Warschau eingeleitet worden, mit dem Ziel, fünf Büros zu eröffnen - in Kattowitz, Breslau, Danzig, Posen und Stettin. Die deutschen Unternehmen, die sich in Polen niederlassen möchten, können auch mit der Unterstützung der Deutsch-Polnischen Wirtschaftsförderung [3] AG in Gorzow sowie der Vertretungen der Bundesländer rechnen, die sich selbst untereinander unterstützen, indem sie sich die Arbeit nach Sektoren (Werften, Automobil, Stahl, usw.) teilen.
Abbildung 3:
Das EUROPA FORUM e.V. in Breslau ist seit Frühjahr 2003 ein eingetragener Verein nach polnischem Recht. Es versteht sich als ein Netzwerk für Unternehmen, welche sich bereits aktiv am polnischen Markt bewegen. Darüber hinaus stellt es Erfahrungen denen zur Verfügung, die an einem Engagement in Polen interessiert sind. Polnische Unternehmen unterstützt es bei der Kontaktaufnahme und dem Eintritt in den bundesdeutschen Markt.
Internetquelle
Siehe das Beispiel Ungarn: Das Land ist ein hervorragendes Exempel für die langjährige Arbeit, die Deutschland politisch, sozial und kulturell leistet und die den deutsch-ungarischen Wirtschaftsbeziehungen so prächtig dient. So hat das Transform-Programm [4] der Bundesregierung für Ungarn seit 1989/90 Hunderte Projekte mit circa 260 Millionen Euro finanziert. Es ging dabei um Beihilfe für die Privatisierung der Wirtschaft, die Verstärkung der Wettbewerbsfähigkeit des ungarischen Mittelstandes, die Beamtenausbildung in Vorbereitung auf den EU-Beitritt oder zum Beispiel um die Koordinierung der internationalen Finanzhilfen im Büro des Ministerpräsidenten. Zudem wurde in der Hauptstadt die erste deutschsprachige Universität im Osten seit dem Krieg, die Andrassy-Universität [5] , gegründet, ebenso wie das Collegium Budapest [6] im wissenschaftlichen Bereich.
In Ungarn wie in Polen oder in Rumänien spielt auch die deutsche Minderheit eine Rolle:
62 000 Ungarn deutscher Abstammung, Sprache und Kultur sind selbstverständlich ein fantastisches Reservoir an Mitarbeitern für die deutschen Unternehmen vor Ort. Das kann man ebenso von den 300 000 Polen sagen, die sich der deutschen Volksgruppe zurechnen und oft die doppelte Staatsbürgerschaft besitzen. Diese Minderheiten haben nun weniger Probleme, ihre Schulen zu unterhalten oder zumindest deutsche Abteilungen in den vorhandenen Schulen zu eröffnen. Das sind alles entscheidende Elemente in der Standortauswahl eines deutsches Investors. Nicht zufällig wählen besonders viele deutsche Unternehmen Timisoara oder Siebenbürgen, wenn sie in Rumänien Fuß fassen wollen: In der Gegend sind deutschsprachige Mitarbeiter einfacher zu finden als zum Beispiel in Bukarest.
Zwar können französische Unternehmen in Polen und Rumänien auf schöne Reste von alter französischer Sprach- und Kulturherrlichkeit stoßen. Die englische Sprache verdrängt sie aber immer mehr, und als zweite Sprache - wenn nicht als altneue lingua franca - wird nun wieder gerne Deutsch gelernt statt Französisch (wie vor dem Krieg) oder Russisch (wie nach dem Krieg). Frankreich könnte versucht sein, sich hinter diesen Rahmenbedingungen zu verstecken, um seinen Rückstand im Osten - auch gegenüber viel kleineren Ländern - zu rechtfertigen. Das wäre aber zu wenig. Der größte Unterschied zwischen beiden Ländern liegt darin, dass die deutsche Wirtschaft mit einem viel breiteren Standbein im Osten präsent ist. Zwar haben auch die großen deutschen Konzerne an vorderster Stelle investiert: Die Deutsche Telekom ist Hauptaktionär der ungarischen Telekom (Matav), der kroatischen Telekom oder des größten Mobilfunkbetreibers in Polen (PTC). Allianz ist zum größten ausländischen Versicherer im Osten aufgestiegen. Volkswagen hat mit Skoda die Nr. 1 in der gesamten Region in der Schatulle. Die Wolfsburger sind von Anfang an der größte Investor in der Slowakei gewesen, Audi einer der größten in Ungarn. Eon und RWE liefern EDF und GDF einen erbitterten Kampf um die vorderen Plätze, oft mit Erfolg. Im Handelsbereich ist Metro in den meisten Ländern vor den anderen.